In Deutschland sind über 1 Million Stellen unbesetzt, im Vereinigten Königreich 750.000 und in Frankreich 500.000. Euronews Business hat sich die offenen Stellen in ganz Europa im Detail angeschaut.
Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel sind ein europaweites Problem.
Eurostat Schätzungen zufolge waren im Mai dieses Jahres rund 13,1 Millionen Menschen in der EU arbeitslos. Trotz verschiedener Maßnahmen der EU-Kommission zur Bewältigung der beschäftigungspolitischen und sozialen Herausforderungen bleiben Millionen Stellen jedoch weiterhin unbesetzt.
Im zweiten Quartal 2025 waren in Deutschland mehr als 1 Million und in Frankreich rund eine halbe Million Stellen offen.
Wo sind die Quoten unbesetzter Stellen in Europa am höchsten und am niedrigsten? Wie viele offene Stellen gibt es in den einzelnen Ländern? Und in welchen Ländern besteht der größte Bedarf an Arbeitskräften?
Was versteht man unter einer "offenen Stelle"?
Ein offener Arbeitsplatz ist eine bezahlte Stelle, die neu geschaffen wurde, derzeit unbesetzt ist oder bald frei wird.
Laut Eurostat bedeutet dies, dass der Arbeitgeber aktiv nach einem passenden Kandidaten von außerhalb des Unternehmens sucht. Die Stelle kann sofort oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums besetzt werden.
Bei der Berechnung der Quote unbesetzter Stellen (JVR) werden sowohl die offenen als auch die besetzten Stellen berücksichtigt, um die Gesamtnachfrage und die freien Stellen zu erfassen. Sie gibt im Wesentlichen den Anteil unbesetzter Stellen an der Gesamtzahl aller Stellen an.
Eine Quote von 3 Prozent bedeutet zum Beispiel, dass von 100 Stellen 97 besetzt und 3 unbesetzt sind. Im zweiten Quartal 2025 waren 2,1 Prozent der Stellen in der EU unbesetzt. Das ist ein Rückgang gegenüber 2,2 Prozent im ersten Quartal 2025 und 2,4 Prozent im zweiten Quartal 2024.
Die JVR reicht von 0,6 Prozent in Rumänien bis 4,2 Prozent in den Niederlanden. Diese große Spannweite spiegelt die unterschiedlichen Arbeitsmarktbedingungen in Europa wider.
Auch in Belgien (4,1 Prozent), Österreich und Norwegen (jeweils 3,4 Prozent) sowie in Malta (3 Prozent) liegt die JVR bei 3 Prozent oder höher.
Das zeigt, dass Nordwesteuropa die höchste Nachfrage nach Arbeitskräften verzeichnet, während Ost- und Südeuropa eine geringere Nachfrage aufweisen. Für einige Länder liegen die Daten für das zweite Quartal noch nicht vor, weshalb zum Vergleich die Zahlen des ersten Quartals herangezogen wurden. Das kann die Rangfolge leicht verändern.
Leerstandsquote in Deutschland und Frankreich über dem EU-Durchschnitt
Nach Rumänien sind die Leerstandsquoten in Spanien und Polen (0,8 Prozent), Bulgarien (0,9 Prozent) sowie der Türkei und der Slowakei (1,1 Prozent) am niedrigsten.
In den beiden größten europäischen Volkswirtschaften liegt die JVR über dem EU-Durchschnitt bei 2,1 Prozent. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich liegt sie bei 2,5 Prozent. In Italien liegt die Quote bei 1,7 Prozent.
Auch die realen Zahlen der offenen Stellen können weitere Einblicke liefern.
Rangliste der offenen Stellen: Deutschland, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Niederlande
Unter 30 Ländern, einschließlich der EU-Mitglieder, der Kandidaten, des Vereinigten Königreichs und der Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), hat Deutschland mit 1,05 Millionen die meisten offenen Stellen.
Gleichzeitig ist Deutschland das beliebteste Zielland für Migration in Europa. Laut Eurostat hatte Deutschland im Jahr 2023 die größte absolute Zahl an Zuwanderern. Es erhielt 324.000 aus EU-Ländern, 905.000 aus Nicht-EU-Ländern und 42.000 aus unbekannter Herkunft - insgesamt 1.271.000.
In Spanien sieht das jedoch anders aus: Bei den offenen Stellen liegt es mit 145.000 auf Platz 8, bei der Gesamtzuwanderung liegt es mit 1,25 Millionen jedoch dicht hinter Deutschland.
Das zeigt, dass jedes Land gesondert betrachtet werden muss, wobei Faktoren wie die Größe seiner Wirtschaft und Wachstumstrends zu berücksichtigen sind.
An zweiter Stelle steht das Vereinigte Königreich (Schätzung des Office for National Statistics) mit 781.000, gefolgt von Frankreich mit 504.000. Die Niederlande liegen mit 400.000 offenen Stellen an vierter Stelle.
In der Türkei gibt es 206.000 freie Stellen. Sie verzeichnet auch die höchste Quote junger Menschen, die 2024 nicht in Beschäftigung, Bildung oder Ausbildung sind (NEET).
Weitere Länder mit über 100.000 offenen Stellen sind Belgien (170.000), Österreich (148.000), Spanien (145.000), Schweden (113.000), Norwegen (107.000) und Polen (101.000).
Island (5.000) hat die geringste Zahl an offenen Stellen, gefolgt von Luxemburg (7.000), Malta (8.000) und Nordmazedonien (10.000).
Ungedeckter Bedarf an Arbeitskräften und Qualifikationsdefizit
Was sagt uns die JVR?
Eurostat zufolge, dass "die Quote der offenen Stellen die ungedeckte Nachfrage nach Arbeitskräften sowie potenzielle Diskrepanzen zwischen den Qualifikationen und der Verfügbarkeit der Arbeitslosen und der von den Arbeitgebern gesuchten Arbeitskräfte widerspiegelt".
In Umfragen heißt es, dass der Fachkräftemangel zu einer großen Herausforderung für Arbeitgeber in ganz Europa geworden ist.
2023 ergab beispielsweise eine Umfrage der ManpowerGroup, dass 75 Prozent der Arbeitgeber in 21 europäischen Ländern keine Arbeitnehmer mit den richtigen Qualifikationen finden können.
Das ist ein Anstieg gegenüber 42 Prozent im Jahr 2018 und entspricht einem Zuwachs von 33 Prozentpunkten. In dieser Umfrage erreichten Deutschland und Griechenland mit 82 Prozent die höchste Quote.
Ähnlich zeigte eine Eurobarometer-Umfrage Ende 2023, dass 54 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der EU den Fachkräftemangel zu ihren drei größten Herausforderungen zählen.