Straßen und Bahnen sorgen für die meisten Probleme: Deutsche Firmen melden, dass schlechte Verkehrsinfrastruktur zu Lasten ihrer Geschäfte geht.
Zahlreiche Unternehmen in Deutschland fühlen sich durch Mängel in der Verkehrsinfrastruktur stark beeinträchtigt.
Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) unter fast 1.100 deutschen Betrieben machen 84 Prozent die Infrastrukturprobleme für Schwierigkeiten in ihrem Geschäft verantwortlich.
Vor über zehn Jahren, bei einer Umfrage im Jahr 2013, hatte es schon erste Alarmzeichen gegeben: damals waren es bereits 60 Prozent.
Die Studie stellt fest, dass die deutsche Infrastruktur, die einst ein Standortvorteil war, heute zu einem Hemmschuh für die deutsche Wirtschaft geworden ist.
Im Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2022 ist der Anteil der betroffenen Unternehmen um fast fünf Prozentpunkte gestiegen. Vor drei Jahren führten die Nachwirkungen der Corona-Maßnahmen noch zu erheblichen Störungen in den Logistiknetzwerken, während der russische Angriff auf die Ukraine die Energiepreise in die Höhe trieb.
"Dass sich die Einschätzung drei Jahre später erneut deutlich verschlechtert hat, ist ein weiteres Warnsignal für den Wirtschaftsstandort Deutschland", so das IW.
Im Detail: In der Umfrage berichten 92 Prozent der aktiv betroffenen sowie 77 Prozent aller befragten Unternehmen, dass ihre Geschäftstätigkeit durch Defizite in der Straßeninfrastruktur beeinträchtigt wird.
Auch die Bahn bereitet Schwierigkeiten: 71 Prozent der betroffenen und 60 Prozent aller Unternehmen sehen sie mittlerweile als Standortnachteil. Mehr als die Hälfte aller teilnehmenden Unternehmen haben den Zustand der Schienenwege als "beeinträchtigend für ihre allgemeine Geschäftstätigkeit" bezeichnet.
Dies könnte auch auf die mittlerweile gestarteten umfassenden Sanierungsmaßnahmen zurückzuführen sein, die großflächige Umleitungen und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Ausfällen mit sich bringen.
Möglich ist auch, dass die verstärkte öffentliche Diskussion zu einer stärkeren Wahrnehmung der Probleme bei den befragten Betrieben geführt hat.
Kleine Unternehmen am meisten betroffen
Die Verschlechterung zeigt sich bei Unternehmen aller Größen, am ausgeprägtesten jedoch bei kleinen Firmen.
Das IW hält es für denkbar, dass das im März beschlossene Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro die Verkehrswende vorantreiben kann. "Ohne planbar höhere Investitionen wird sich die zuvor beschriebene Lage nicht verbessern lassen", so die Einschätzung. Hoffnung geben zudem mehrere vielversprechende Projekte zur Beschleunigung der Planungsverfahren.
Das IW äußert jedoch Zweifel, ob die politischen Ziele der aktuellen Regierung tatsächlich zu einem spürbaren Anstieg der Investitionen führen werden.
Kritiker befürchten, dass bereits geplante Investitionen lediglich umgeschichtet werden, anstatt neue Projekte zu finanzieren.
Derzeit werden nach Angaben des IW im Verkehrsministerium Investitionen von rund zehn Milliarden Euro aus dem regulären Haushalt in das Sondervermögen verlagert. Dadurch werde das Versprechen zusätzlicher Mittel weitgehend nicht eingehalten.
"Grundsätzlich ist das Sondervermögen der Bundesregierung ein geeignetes Mittel, um die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern", sagt IW-Experte Thomas Puls. Doch die Milliarden dürften nicht dazu verwendet werden, Löcher in den Sozialkassen zu stopfen.
So sollen im Jahr 2026 insgesamt etwa 19 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen in den Schienenverkehr fließen, allerdings werden gleichzeitigfast 14 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt gestrichen. "Die Verkehrsinfrastruktur ist ein Bremsklotz für die deutsche Wirtschaft geworden. Das Geld muss auch dort ankommen, wo es gebraucht wird. Sonst verpassen wir den Anschluss" mahnt Puls.
Mehr Gelder für Klimaschutz und -transformation als für Verkehrsinfrastruktur
Zur Info: Im März 2025 hat die Bundesregierung das Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" mit einem Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro verabschiedet. Ziel ist es, zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen und die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen. Die Mittel stehen über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Verfügung und werden vollständig durch Kredite finanziert.
Dies sind die Bereiche, in die die Gelder fließen sollen:
1. Verkehrsinfrastruktur:
- Für die Bahn-Infrastruktur sind 2025 mehr als 9 Milliarden Euro vorgesehen.
- Davon fließen 2,5 Milliarden Euro in die Erhaltung von Brücken im Bestandsnetz der Bundesautobahnen.
- 1,59 Milliarden Euro sind für die Ausrüstung der Schieneninfrastruktur mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ERTMS vorgesehen.
- 7,62 Milliarden Euro sollen als Baukostenzuschüsse zur Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes verwendet werden.
2. Klimaschutz und Transformation:
- 100 Milliarden Euro sind für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehen, der Projekte zur Förderung der Klimaneutralität unterstützt.
3. Länder- und Kommunalinvestitionen:
- 100 Milliarden Euro werden den Ländern und Kommunen zur Verfügung gestellt, um in lokale Infrastrukturprojekte zu investieren.
4. Weitere Investitionsbereiche:
- Zusätzliche Mittel fließen in Bereiche wie Digitalisierung, Bildung, Forschung, Breitbandausbau und den Transformationsfonds für Krankenhäuser.