"Vampirhafter Umgang": Was tun Frankreich und Italien gegen die Dürre?

Ein Segelboot im ausgetrockneten See Serre-Poncon in Südfrankreich
Ein Segelboot im ausgetrockneten See Serre-Poncon in Südfrankreich Copyright AP Photo/Daniel Cole
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Von Rosie FrostEuronews
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Ein wichtiger UN-Bericht im Vorfeld der Wasserkonferenz prangerte kürzlich den "vampirhaften" Umgang mit Wasserreserven in der Welt an.

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Ein wichtiger UN-Bericht im Vorfeld der Wasserkonferenz prangerte kürzlich den "vampirhaften" Umgang mit Wasserreserven in der Welt an. Und laut einer aktuellen Studie der Technischen Universität Graz in Österreich befindet sich Europa seit 2018 in einer Dürre. Die Forschenden sagen, die Wassersituation sei mittlerweile „sehr prekär“.

Wasserknappheit sogar im Winter

Mehrere Länder des europäischen Kontinents haben sogar im Winter mit Wasserknappheit zu kämpfen. Wenig Regen- und Schneefall führt dazu, dass die ohnehin schon schwindenden Wasservorräte in der eigentlichen Regenzeit nicht wiederaufgefüllt werden.

In Norditalien, Frankreich und Spanien „wirft die Situation Bedenken hinsichtlich der Wasserversorgung für den menschlichen Gebrauch, der Landwirtschaft und der Energieerzeugung auf“, so der jüngste Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (JRC) über Dürren in Europa.

Europa und der Mittelmeerraum könnten in diesem Jahr einen weiteren Extremsommer erleben, heißt es weiter. Die Europäische Kommission warnte, dass es ein noch trockenerer Sommer als in den Vorjahren werden könnte, wobei die Niederschläge in den kommenden Wochen entscheidend dafür sind, was passieren wird.

Frankreich: ein Monat ohne Regen

Am 20. Februar dieses Jahres brach Frankreich einen Rekord: 32 aufeinanderfolgende Tage ohne Regen. Das Land erlebt den trockensten Winter seit mehr als 60 Jahren.

Auch der Schneefall in den französischen Alpen, den Pyrenäen und anderen Gebirgszügen war in diesem Jahr viel geringer als sonst. Diese Niederschläge sind für das Auffüllen von Stauseen und das Ansteigen von Flüssen von entscheidender Bedeutung. Ihr Ausbleiben lässt um die Wasserversorgung für den Rest des Jahres bangen.

Fast alle französischen Departements waren 2022 von Wasserrestriktionen betroffen, 700 Gemeinden hatten Schwierigkeiten mit der Trinkwasserversorgung. Mehrere Behörden haben in diesem Jahr bereits Beschränkungen eingeführt. Für die Departements Drôme und Ardèche wurde eine frühe Dürrewarnung ausgegeben. Die Bewohner und Bewohnerinnen wurden bereits im Frühling aufgefordert, ihren Wasserverbrauch einzuschränken.

Die Departements Pyrénées-Orientales, Ain, Bouches-du-Rhône und Var sind ebenfalls in Alarmbereitschaft. Hier ist es den Bewohnern verboten, den Rasen und Pflanzen zu gießen und Schwimmbäder zu füllen.

"Anti-Dürre-Plan" der französischen Regierung

Der französische Umweltminister Christophe Béchu gab Anfang dieses Jahres bekannt, dass die Regierung angesichts der Krise an einem „Anti-Dürre“-Plan arbeite. Er sagte, dass der durchschnittliche Wasserverbrauch von 150 Litern pro Person und Tag nicht nachhaltig sei und forderte alle Branchen auf, ihren Verbrauch zu reduzieren.

Eine Lösung, die Frankreich anstrebt, ist das Recycling von mehr Abwasser. Nur 77 der insgesamt 33.000 Kläranlagen im Land sind derzeit mit einer Recycling-Aufbereitungsanlage ausgestattet. Jeder Plan, den Verbrauch zu senken, müsse die Wiederaufbereitung von Abwasser intensivieren, so Béchu.

Er warnte auch davor, dass die 100 Präfekten des Landes angesichts der aktuellen Situation nicht zögern sollten, in diesem Jahr lokale Wasserbeschränkungen einzuführen.

Spanien steht vor „langfristigen Dürre“

Im Nordosten Spaniens hat die Dürre nach Angaben des staatlichen Wetterdienstes Aemet „außergewöhnliche“ Ausmaße erreicht. Die schlimme Situation wurde durch hohe Temperaturen und geringe Niederschläge in den letzten drei Jahren verursacht.

Die Trinkwasserversorgung der sechs Millionen Menschen, die im Großraum Barcelona leben, ist jetzt gefährdet. Der Sau-Stausee ist nur noch zu etwa 9 Prozent seiner Gesamtkapazität gefüllt, es wurde bereits beschlossen, Fische umzusiedeln, um zu verhindern, dass sie ersticken.

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Der Sau-Stausee ist nur noch zu etwa 9 Prozent seiner Gesamtkapazität gefüllt.AP Photo/Daniel Cole

Das Wasser wurde in ein anderes Reservoir in der Region umgeleitet, um zu verhindern, dass das, was übrig ist, ungenießbar wird. Trotz einer leichten Erholung im Winter, so Aemet., hält die Trockenperiode seit Januar 2022 in ganz Spanien an.

Italien: 7,8 Milliarden Euro für Wasserkrisenpaket

Italien war eines der europäischen Länder, das im vergangenen Jahr am stärksten von der Dürre betroffen war, die Regierung hatte in fünf Regionen den Notstand ausgerufen.

Der Po ist der längste Fluss des Landes und zieht sich von der Grenze mit Frankreich und der Schweiz bis hin zur Adria. Im Jahr 2022 erlebte das Flussbecken die schlimmste Dürre seit 70 Jahren, wobei die Wasserknappheit alles, von der Landwirtschaft bis hin zur Erzeugung von grüner Energie, beeinträchtigte.

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Flussbett des italienischen ausgetrockneten Fluss PoAP Photo/Daniel Cole

Jetzt könnten Millionen von Menschen in dürregefährdeten Regionen wie der Lombardei und dem Piemont in diesem Jahr nach dem trockenen Winter mit noch mehr Einschränkungen konfrontiert werden. Der Gardasee im Norden des Landes hat einen Rekord-Wassertiefstand erreicht und  bereits ausgetrocknet und in Venedigs berühmten Kanälen konnten wegen dem niedrigen Wasserstand zeitweise keine Boote mehr fahren.

Lecks in Aquädukten: 42 Prozent des Wassers gehen verloren

Doch der Regenmangel und das heiße Wetter sind hier nicht das einzige Problem. Laut dem italienischen Nationalen Institut für Statistik (ISTAT) entnimmt Italien mehr Trinkwasser aus seinen Seen, Flüssen und Stauseen als jedes andere Land in der Europäischen Union. 

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Das Institut hat außerdem vor Kurzem enthüllt, dass Italiens Aquädukte im Jahr 2020 42 Prozent des Wassers verloren haben, das sie transportierten. Das ist der höchste Anteil, der jemals aufgezeichnet wurde. Vier Städte verschwendeten mehr als 55 Prozent des Wassers durch Lecks und in fünf von sieben Gebieten verschlimmern sich diese Lecks noch.

Deswegen hat nun Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dem Parlament am 21. März mitgeteilt, dass an einem „nationalen Wasserplan“ gearbeitet werde. Er sieht Verbesserungen der Infrastruktur und eine Sensibilisierungskampagne über die Notwendigkeit des Wassersparens vor.

In einem kürzlich geführten Interview sagte Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin, die Regierung bereite ein 7,8-Milliarden-Euro-Paket vor, um dem Land bei der Bewältigung der Wasserkrise zu helfen.

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