Streit um Migrationspolitik überschattet wieder EU-Gipfel

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Von Damon EmblingIsabel da Silva
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Können mehr Geld und auswärtige Auffangzentren den gordischen Knoten Migrationspolitik lösen? Unsere Expertin hegt Zweifel.

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Über einen Mangel an brisanten Themen wird man sich bei dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfeltreffen nicht beschweren können: Brexit, ein drohender Handelskrieg mit den USA, umstrittene Erweiterung... aber vor allem ein Thema wirft seinen Schatten voraus, denn es droht die Union weiter zu spalten: die Migrations- und Asylpolitik.

Bisher zeichnet sich ab, dass die EU-Staats- und Regierungschefs zunächst an einer Reform der sogenannten Dublin-Regeln arbeiten wollen, demzufolge Asylsuchende in dem EU-Land, in dem sie zuerst ankommen ihren Antrag stellen müssen, was dazu geführt, dass namentlich Griechenland und Italien vollkommen überfordert sind.

Darüberhinaus will man auf stärkere Außengrenzen setzen, und das dafür vorgesehene Budget von rund 4 auf rund 18 Milliarden Euro mehr als vervierfachen. In Zusammensarbeit mit Libyen denkt man daran, externe Auffanglager zu errichten. Die Grenzagentur Frontex soll von jetzt 1300 Beamten auf 10.000 aufgestockt werden.

Unsere Expertin Marie De Somer von der Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre

''Ich bin skeptisch, was den Ansatz betrifft, nun noch mehr Geld zu investieren. Vielleicht wird es helfen, aber wir haben unterdessen doch sowieso schon sher geringe Ankunftszahlen, und eine sehr niedrige Sekundärbewegung. Dennoch halten die Mitgliedsstaaten an ihren internen Grenzkontrollen fest. 

Das lässt sich vom Gesichtspunkt solider Politik im öffentlichen Interesse nicht mehr rechtfertigen, dahinter steckt nur noch wahltaktisches Kalkül."

Stattdessen, so De Somer, steht eine der größten Errungenschaften Europas auf dem Spiel: das grenzenlose Schengengebiet. Wenn nämlich Mitgliedsstaaten ihre als Notmaßnahmen verkauften Grenzkontrollen zum neuen Normalzustand machen:

"Wenn die Lage sich so weiter verschärft, dass Schengen ausgehöhlt wird und die Reisefreiheit verloren geht, wird Europa ein riesiges Legitimationsproblem bekommen. 

Umfrage nach Umfrage zeigt, dass die Reisefreiheit als größte Errungenschaft angesehen wird,

mehr sogar noch als die friedliche Koexistenz der Mitgliedsstaaten."

Die Bruchstellen in der Europäischen Union treten immer deutlicher zutage. Brexit und die Folgen, die Zunahme immigrations- und fremdenfeindlicher populistischer Bewegungen europaweit sind symptomatisch dafür. Die Staats- und Regierungschefs wissen, dass sie jetzt handeln müssen, wenn ihnen am dauerhaften Bestand der Union gelegen ist.

Journalist • Andreas Rogal

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