Das Gift kennt keine Grenzen - Schwefeldioxid weht weiter in die EU

Kohlekraftwerk in Tuzla, Bosnien im Jahr 2015.
Kohlekraftwerk in Tuzla, Bosnien im Jahr 2015. Copyright Amel Emric/Copyright 2019 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Méabh Mac Mahon
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Die Luftqualität in der EU wir besser, doch was hilft das, wenn jenseits der Außengrenzen Giftstoffe in die Atmosphäre geleitet werden. Tausende Menschen sterben jedes Jahr daran. Auch in der EU.

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In den Ländern Osteuropas sind in den vergangenen drei Jahren rund 19.000 Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung gestorben. Zurückzuführen sei das auf die Abgase der Kohlekraftwerke in den Ländern des Westbalkans - so eine gemeinsame Studie von Bankwatch und dem Forschungszentrum für Energie und saubere Luft.

Doch die Situation in der EU verbessere sich, durch die Schließung von Kohlekraftwerken und durch neue Emissionsauflagen. In Nachbarstaaten der EU aber wird die Luft immer dicker, weiß Pippa Gallop, Expertin für Südosteuropa beim Bankwatch Network:

"In den Staaten des Westbalkans emittieren 18 Kraftwerke mehr Schwefeldioxid als die 221 Kraftwerke, die in der EU noch am Netz sind."

Tödliches Schwefeldioxid kennt keine Grenzen

Schwefeldioxid ist ein hoch giftiges Gas, gefährlich für den Menschen, vor allem für Patienten mit Lungenkrankheiten. Der oben genannten Studie mit dem Namen "Comply or Close" zufolge starb die Hälfte der Schwefeldioxid-Toten der vergangenen drei Jahre in den Ländern der EU, die meisten in Italien, gefolgt von Ungarn und Rumänien.

Für den Klima- und Energieexperten Denis Zisko vom Zentrum für Ökologie und Energie in Bosnien ist das nichts neues. Er wohnt außerhalb der bosnischen Stadt Tuzla in der Nähe eines Kohlekraftwerks:

"Es geht doch darum: Die Luftverschmutzung kennt eben keine Grenzen. Ich erinnere mich, als man das Kraftwerk hier in Bosnien bauen wollte, da wehrte man sich in Ungarn wegen der zu erwartenden Luftverschmutzung. Dass Verschmutzung die Schlagbäume ungehindert passiert, das ist nichts neues."

Hoffen auf das Kohle-Aus

Denis hofft, dass die Regierungen der EU-Nachbarstaaten sich bald auf ein Datum für das Aus der Kohlekratwerke festlegen werden, sofern sie es noch nicht getan haben. Und er hofft, dass die EU Druck ausüben wird.

Doch die Untersuchung von Bankwatch lässt befürchten, dass es für die EU derzeit wichtigeres gibt.

"Es ist wichtig zu wissen, dass die EU einen Teil ihres Stroms aus den Ländern der westlichen Balkanregion bezieht. Daher profitiert die EU in gewisser Weise von diesem billigen Strom, der seine Kosten nicht deckt und dessen Herstellung nicht den EU-Vorschriften entspricht. Wenn die Länder des westlichen Balkan also am EU-Strommarkt teilnehmen wollen, müssen sie sich auch an die Regeln halten, und die EU muss das besser kontrollieren", so Pippa Gallop von Bankwatch.

Will die EU nichts ändern?

Die EU müsste dafür mehr mit dem Stock drohen als mit der Karotte locken. Doch die Beitrittsverhandlungen sind ins Stocken geraten und ohne dieses Druckmittel sieht Denis schwarz für baldige Veränderungen:

"Es scheint mit, dass die EU ganz zufreden ist mit dem Status Quo. Sie haben ja eh keine Lösung parat, vor allem für die politischen Problemstellungen auf dem Westbalkan. Sie geben dem fast toten Patienten lieber weiter die gewohnte Dosis Zuwendung. Denn auch die EU hat keine Ahnung, wie das politische Chaos in Bosnien geordnet werden kann."

Die EU-Kommission ermutigt die Länder des Westbalkan weiter zum Kohleausstieg. Die Verschmutzung aber überquert nicht nur die Grenzen zur EU. Weltweit müsste der Einsatz fossiler Brennstoffe ein Ende finden, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens doch noch zu erreichen.

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