Am 1. Mai 2004 trat Polen der EU bei. Eine Generation ist in dieser Zeit bereits erwachsen geworden. Junge Menschen kennen kein Leben ohne die EU. Europäische Rechte und Möglichkeiten sind tief verankert. Doch es regt sich auch Kritik.
In Polen ist eine ganze Generation erwachsen geworden, die sich nicht mehr an ihr Land außerhalb der Europäischen Union erinnern kann.
20 Jahre nach dem EU-Beitritt Polens fühlen sich Bewegungsfreiheit oder der Zugang zu europäischem Recht und europäischen Institutionen für die jungen Menschen völlig normal an.
So wie für Nadia Polisiakiewicz, die zusammen mit anderen jungen Aktivisten bei der Initiative EAST für den Zugang zu Abtreibung kämpft. Sie versucht, eine Million Unterschriften für eine transnationale, europäische Initiative zu sammeln – was einfacher zu sein scheint als eine Gesetzesänderung auf nationaler Ebene.
"Wir [können] den Männern im Parlament, all diesen Boomern, zeigen, dass wir nicht von ihnen abhängig sind und davon, ob sie uns Abtreibungen erlauben oder nicht, denn diese Abtreibungen finden sowieso statt, und wir können auch noch ein bisschen weiter gehen – wir können zur Europäischen Union gehen und in der EU weiter dafür kämpfen, dass Abtreibung für alle Bürgerinnen der Union möglich ist", so Nadia Polisiakiewicz im Gespräch mit euronews.
Sehnsuchtsort Europa
Europa ist, wie früher die USA, zu einem Ort der Sehnsucht und eines verhältnismäßig komfortablen Lebens für jungen Menschen geworden. Die Gymniasastin Maja Roznicka erzählt, dass sie früher immer in die USA gehen wollte, aber jetzt sieht sie für sich in Europa bessere Chancen: "Wenn man vergleicht, welche Möglichkeiten es gibt und wie das Leben in den europäischen Ländern aussieht und wie es in den USA ist, wo sich zum Beispiel nicht jeder eine höhere Bildung leisten kann und die Leute Kredite aufnehmen, während sich hier [in Europa] jeder, der sein Abitur gemacht hat, jede Art von Bildung leisten kann, in jedem Alter."
Doch es gibt auch Skeptiker unter den jungen Leuten, genau wie bei den älteren Polen, wo die Zahlen der EU-Kritiker steigen. Einer der jungen Kritiker ist maciek Korneluk, der sich in der Jugendorganisation Allpolnische Jugend engagiert. Er sagt:
"Als souveränes Land sollten wir das Recht haben, unsere eigenen Angelegenheiten zu regeln, sei es die Außenpolitik oder die Bildung. Dies sind jedoch so wichtige Themen, so wichtige Bereiche des Lebens und des Funktionierens eines Landes, dass wir eine gewisse Souveränität darüber haben müssen und der Union oder einer anderen internationalen Organisation nicht das Recht geben dürfen, für uns zu entscheiden, wie die Dinge zu tun sind."
Wenig Aufmerksamkeit für EU-Wahlkampagnen
Die euronews-Korrespondentin Magdalena Chodownik erklärt in Warschau, dass die Europawahlkampagnen in Polen noch nicht angekommen seien. Im vergangenen Jahr bei den Parlamentswahlen in Polen haben 68 Prozent der jungen Polen gewählt. Ob sich diese Beteiligung auch bei den diesjährigen Europawahlen wiederholen wird, bleibt noch abzuwarten.
Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2023 gewann zwar die rechtspopulistische PiS-Partei die meisten Stimmen, allerdings fand sie keinen Koalitionspatner. Nach zwei Monaten konnte schließlich die Mehrheit der Oppsotionsparteien im polnischen Sejm den Ministerpräsidenten Donald Tusk stellen.
Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres regiert der ehemalige Präsident des Europäischen Rates, viele sehen das als neuen Weg Polens zu einem europa- und demokratiefreundlichen Land.