Im Nordwesten Frankreichs kämpfen rund 300 Beschäftigte gegen den drohenden Verlust ihrer Arbeitsplätze in der Automobilindustrie. Angesichts der Werksschließungen und des Drucks auf die Branche wächst die Unsicherheit.
Dutzende Grabkreuze säumen die Straße, die zum Werk des Autoteileherstellers Valeo im Nordwesten Frankreichs führt.
Auf jedem Kreuz stehen die Namen von fast 300 Beschäftigten, die in den kommenden Wochen ihren Arbeitsplatz verlieren könnten.
Seit Montagabend befinden sich die Mitarbeiter des Werks in Suze-sur-Sarthe – einer Region, in der die Automobilindustrie eine entscheidende Rolle für die lokale Wirtschaft spielt – im Streik.
In dem Werk werden hauptsächlich Kühlsysteme für Batterien von Elektrofahrzeugen für den Autogiganten Stellantis hergestellt, zu dem Opel, Fiat, Peugeot, Citroën und andere Marken gehören.
Auch zwei weitere Fabriken in Frankreich stehen kurz vor der Schließung, insgesamt könnten bis zu 1.000 Beschäftigte betroffen sein.
Die bevorstehende Ankündigung sorgt bei den Beschäftigten für ständigen Stress und Angst.
"Wir haben viele Menschen weinen sehen, einige sind sogar zusammengebrochen", sagte Odile Nasarre, Werkstoffingenieurin und Gewerkschaftsvertreterin.
"Es gibt auch einige, die beschlossen haben zu gehen, weil sie das Ergebnis nicht miterleben wollen. Hier arbeiten auch ein Dutzend Paare. Das wird viele Familien hart treffen", erklärte sie gegenüber Euronews.
Die Mitarbeiter haben symbolische Papierkreuze an die Tore der Fabrik gehängt.
Didier, Ingenieur in der Forschung und Entwicklung, zeigt uns sein Kreuz, auf das er die Jahre 1991-2025 geschrieben hat – als Symbol für seine 34 Jahre bei Valeo.
"Alles endet mit einem kleinen bitteren Beigeschmack", erklärt er und zeigt auf das traurige Gesicht, das er neben die Jahreszahlen gemalt hat.
Mit 57 Jahren glaubt er nicht, dass eine Umschulung für ihn infrage kommt, falls das Werk schließt.
"Das Durchschnittsalter in der Fabrik liegt bei 53 Jahren. Durch die verschiedenen Arbeitslosen- und Rentenreformen sind die Menschen gezwungen, sieben bis acht Jahre länger zu arbeiten, bevor sie in Rente gehen können", sagt Franck Goulette, ein führender Gewerkschaftsvertreter bei Valeo.
"Viele fragen sich jetzt: 'Was soll ich tun? Das Arbeitslosengeld wird nicht ausreichen, bis ich in Rente gehen kann.' Das ist eine große Sorge der Angestellten", fügte er hinzu.
Im Jahr 2023 unterzeichnete der französische Präsident Emmanuel Macron eine äußerst unpopuläre Rentenreform, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre anhob.
Sinkende Autoverkäufe, Unternehmen wie Valeo, die nach billigeren Arbeitskräften im Ausland suchen, und das Ziel der EU, bis 2035 komplett auf Elektrofahrzeuge umzustellen, haben eine Krise in der Automobilindustrie in Frankreich und in der gesamten EU ausgelöst.
Seit 2012 sind in Frankreich 70.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie verloren gegangen.
Der Chef von Stellantis, Carlos Tavares, erklärte letzte Woche, dass Werksschließungen in den kommenden Monaten nicht ausgeschlossen seien, und nannte den harten Wettbewerb durch chinesische Konkurrenten als eine der Hauptsorgen.
Auch in Deutschland denkt Europas führender Autohersteller Volkswagen über die Schließung eines Produktionsstandorts nach – die erste seit fast 90 Jahren.
Die Europäische Kommission erwägt, hohe Zölle auf billige chinesische Elektroautos zu erheben.
Viele Mitarbeiter des Valeo-Werks fragen sich, ob die europäische Automobilindustrie überhaupt noch eine Zukunft hat.
"Im Jahr 2000 waren wir hier 2.000 Beschäftigte. Heute sind es weniger als 300. Wird es in Zukunft noch viele von uns geben, die in der Autoindustrie arbeiten? Das ist die große Frage", sagte Odile Nasarre abschließend.
Euronews hat Valeo um eine Stellungnahme gebeten, aber das Unternehmen lehnte es ab, Fragen zu beantworten.
Über das Schicksal der drei Werke soll bis Mitte Dezember entschieden werden.