US-Geheimdienste haben KI-gestützte Hetzkampagnen gegen Präsidentschaftskandidaten mit Russlands hybrider Kriegsführung in Verbindung gebracht.
Tim Walz gehört zu den Politikern, die vor Kurzem in das Kreuzfeuer der russischen Einmischungsversuche in die US-Präsidentschaftswahl geraten sind. Russische Agenten haben in der vergangenen Woche Anschuldigungen gegen den Gouverneur von Minnesota im Internet verbreitet, stellte der US-Geheimdienst fest. Der wahrscheinliche Grund dafür: Walz ist der Kandidat der Demokraten für das Amt des Vizepräsidenten.
Manipulierte Audio- und Videoaufnahmen von Männern, die unbegründete Behauptungen aufstellten, sie seien von Walz als seine Schüler missbraucht worden, verbreiteten sich auf sozialen Medien, darunter Instagram und X.
Laut dem Büro der Direktorin der nationalen Nachrichtendienste (ODNI), wiesen diese Aufnahmen "mehrere Anzeichen von Manipulation auf", die mit den Taktiken russischer Geheimdienstler übereinstimmen.
In einem dieser manipulierten Videos behauptet ein Mann, der sich als Matt Metro vorstellt, dass Walz ihn während der Schulzeit sexuell missbraucht habe. Die Washington Post nahm Kontakt mit dem echten Matt Metro auf, an dessen Schule in Minnesota Walz früher als Lehrer unterrichtete. Der echte Matt Metro bestätigte, dass diese Behauptungen nichts mit der Wahrheit zu tun haben und er nicht der Mann ist, der sich im Video mit seinem Namen vorstellt.
Euronews überprüfte die Echtheit des Videos mithilfe eines Deepfake-Detektors auf der Webseite TrueMedia.org. Der Detektor fand Beweise für eine KI-gestützte Bild- und Tonmanipulation.
Obwohl die Beiträge inzwischen von Online-Plattformen als falsch eingestuft wurden, werden sie nur wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November von Millionen von Menschen abgerufen.
Zuvor haben sich in den sozialen Medien rasch Videos verbreitet, in denen gesagt wurde, die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris habe mit dem Auto einen Menschen überfahren und sei geflüchtet. US-Geheimdiensten zufolge ist es wahrscheinlich, dass sich russische Agenten auch hinter dieser Falschnachricht stecken.
Laut Microsoft ist die berüchtigte russische Propagandagruppe Storm-1516 für die Verbreitung mehrerer Verschwörungstheorien im Internet verantwortlich, die sich gegen die beiden Kandidaten der Demokraten richten. "Russische Akteure haben insbesondere versucht, die Harris-Walz-Kampagne ins Visier zu nehmen, indem sie die Kandidaten persönlich angriffen", heißt es in einem Bericht von Microsoft.
US-Behörden in Alarmbereitschaft
Obwohl Russlands sich bereits früher in die US-Präsidentschaftswahlen eingemischt hat, haben Experten im Vorfeld der Wahl im November eine deutliche Veränderung der Moskauer Taktik festgestellt.
"Russland hat zunehmend KI eingesetzt, um die Wahlergebnisse zu beeinflussen", so Abigail Darwish, Analystin am Bloomsbury Intelligence and Security Institute (BISI). "Die Wahlbeeinflussung hat bisher auf bestimmte Regionen und Bevölkerungsgruppen in Amerika abgezielt, um die Meinung der Wähler zu beeinflussen und zu manipulieren", fügt sie hinzu.
Vorwiegend seien "KI und Influencer-Firmen" eingesetzt worden, um die Wähler in den sogenannten Swing States gezielt zu beeinflussen, so Darwish. Das sind die Bundesstaaten, in denen beide große Parteien – Demokraten und Republikaner – eine gute Chance auf den Wahlsieg haben.
Neben KI-gestützten Kampagnen zur Diskreditierung von Kandidaten plant Moskau den Behörden zufolge auch Kampagnen, um Zweifel an der Integrität der Wahl zu säen. Am Freitag teilte die US-Sicherheitsbehörde FBI mit, dass Moskau auch hinter einem weit verbreiteten Video steckt, das angeblich die Zerstörung von Briefwahlstimmen für Donald Trump in Pennsylvania zeigt.
Doch obwohl sich die Hinweise häufen, dass die Desinformation Millionen von Wählern erreicht, sind die Behörden weiterhin zuversichtlich, dass die Wahl frei und fair verlaufen wird. "Böswillige Akteure könnten, selbst wenn sie es versuchten, keinen so großen Einfluss auf den Ausgang der Wahl nehmen", sagte Jen Easterly, Direktorin der US-Behörde für Cybersicherheit und Infrastruktursicherheit, Associated Press.
Iran und China im Visier Washingtons
Das Threat Analysis Centre von Microsoft hat im Vorfeld der Wahl auch chinesische und iranische Akteure als große Bedrohung eingestuft. Laut der Analyse des Zentrums zielen chinesische Akteure auf republikanische Kandidaten und Kongressmitglieder ab, die sich für eine anti-chinesische Politik einsetzen.
Darüber hinaus hätten von China unterstützte Cybergruppen versucht, die Telefone von Donald Trump und seinem Vizepräsidenten JD Vance abzuhören, sagen die US-Behörden.
Hacker, die mit der iranischen Regierung in Verbindung stehen, haben Microsoft zufolge auch wahlkampfrelevante Webseiten und große Medienunternehmen überwacht. Die Trump-Kampagne behauptete im August, ihre interne Kommunikation sei von iranischen Agenten gehackt worden.