Was ist ein „Passivhaus“ und wie können wir die Energiesysteme optimieren, um den Planeten zu schützen? In dieser Folge von Smart Regions besuchen wir ein Haus ohne Heizung, einen Teststand in Deutschland, und erkunden, wie wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern können.
Thomas und Heike leben in einem Haus ohne Heizung. Wir besuchten sie an einem Tag, an dem es in Aachen, Deutschland, minus 0 °C hatte. Wie machen sie das? Sie leben in einem sogenannten Passivhaus. „Die Temperatur wird durch eine starke Wärmedämmung und eine kontrollierte mechanische Lüftung gehalten, die lüftet, ohne die Fenster öffnen zu müssen“, erklärt Thomas Mokelbur. Sie heizen ihr Haus mit einer Wärmepumpe, die zum Teil durch Sonnenkollektoren betrieben wird, sofern es das Wetter zulässt.
„Seit ich jung war, habe ich davon geträumt, in einem effizienten Haus zu leben, einem Haus, das keine Energie verbraucht“, sagt Thomas. Das Leben in einem Passivhaus bedeutet enorme Energieeinsparungen. Sie zahlen fünfmal weniger als ein normaler Haushalt.
Doch sein Jugendtraum nützt nicht nur seinem Geldbeutel, sondern auch dem Planeten.
Denn Gebäude verursachen 40 % der gesamten Energieausgaben der EU und 36 % der Treibhausgasemissionen. Das ist eine Zahl, die europäische Projekte wie das Urban Energy Lab 4.0, das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert wird, versuchen, zu verringern.
Entwicklung neuer Energiesysteme
An der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTHAachen) wurde eine bahnbrechende Prüfstandsinfrastruktur eingerichtet, um die Energiesysteme der Zukunft und die Verbindung zwischen den verschiedenen Komponenten – Nutzer, Gebäude, Energiesysteme und Stromnetz – zu untersuchen.
Im Labor können sie die klimatischen und energetischen Bedingungen eines Raumes oder sogar einer ganzen Stadt simulieren. „Wir versuchen, die Interaktion zwischen dem Nutzer, seinem Verhalten, der Gebäudehülle, dem Energiesystem und auch den Auswirkungen auf das Stromnetz zu verstehen, um die Systeme der Zukunft zu optimieren und effizienter zu gestalten“, erklärt Rita Streblow, Koordinatorin des Urban Energy Lab 4.0.
„Da wir eine Nachbarschaft nicht in unser Labor bringen können, müssen wir sie aufteilen und die einzelnen Komponenten separat untersuchen.“ Eine dieser Komponenten ist der Nutzer. Häufig werden die eher technischen Teile des Systems oder des Gebäudes analysiert, ohne dass der Nutzer einbezogen wird.
Der auffälligste Prüfstand ist der klimatisierte Raum, der von einer Infrarotkamera überwacht wird. Ein Experimentierraum – der in ein Büro, ein Wohn- oder ein Schlafzimmer umgewandelt werden kann – stellt die klimatischen Bedingungen eines echten Gebäudes nach. Er kann auf extreme Temperaturen zwischen 18 °C und 45 °C gebracht werden. Hier werden die Bedürfnisse der Nutzer und ihre Interaktion mit dem Energiesystem in Abhängigkeit von verschiedenen Szenarien analysiert.
Wie reagiert der Nutzer auf seine Wahrnehmung von Kälte oder Wärme? Wenn es kalt ist, zieht er dann einen Pullover an? Oder dreht er die Heizung auf? Das wird sich auf seinen Energieverbrauch auswirken.
Der klimatisierte Raum verfügt über ein kompliziertes Rohrnetz, um ihn zu heizen. Das geschieht über die laborinterne Wärmepumpe. Außerdem wird geprüft, wie das Design nachhaltiger gestaltet werden kann.
Laut Christian Vering, Koordinator des Wärmepumpenlabors, werden Wärmepumpen die wichtigste Technologie der Zukunft zum Heizen unserer Gebäude sein. Sie erzeugen jedoch aufgrund von Kältemitteln umweltschädliche Emissionen. „Die Herausforderung besteht darin, natürliche Kältemittel zu verwenden, die jedoch brennbar sind, weshalb wir untersuchen, welche Flüssigkeit am besten geeignet ist.“
Das Urban Energy Lab 4.0 verfügt auch über einen Prüfstand, um zu analysieren, wie sich extreme Wetterbedingungen auf die Fassadenhüllen und das Innere eines Hauses auswirken. Sie analysieren auch die Auswirkungen von Energiesystemen auf das Stromnetz.
Dieses Projekt hat 5,5 Millionen Euro gekostet. Die Finanzierung erfolgte zu 45 % aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, zu 45 % durch das Land Nordrhein-Westfalen, das jeweils knapp 2,5 Millionen beisteuerte, und zu 10 % durch deutsche Forschungsinstitute.