Einen Tag nach der holprigen Kanzlerwahl reist Friedrich Merz (CDU) nach Paris und Warschau. Dort präsentiert er sich selbstbewusst und betont die deutsche Unterstützung für die Ukraine. In den kommenden Wochen will er auch die Ukraine besuchen.
An seinem ersten Tag reist der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach Frankreich und Polen. Schon seit Wochen plante er bereits seine Kanzlerreisen. Dass die erste Auslandsreise eines Bundeskanzlers nach Frankreich geht, ist üblich. Bekanntlich will er ein "Außenkanzler" für Deutschland sein, also einen Schwerpunkt auf die Außenpolitik legen.
Merz selbst hatte nur einen Tag vorher mit historischen Herausforderungen zu kämpfen, als Kanzler gewählt zu werden. Bei der ersten Wahl erhielt er nicht die nötige Mehrheit im Parlament. Trotzdem ruht er sich einen Tag nach seiner Wahl, die im zweiten Wahlgang erfolgreich verlief, nicht aus.
Der neue Bundeskanzler nimmt seinen Außenminister Johann Wadephul (CDU) auf die Reisen mit. Damit will er das Signal senden, dass die neue deutsche Außenpolitik aus einem Guss kommt.
Merz will die Dreiecksbeziehung stärken
In Paris traf er am Dienstagmittag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Der Elyséepalast betonte, dass der Besuch von Merz kein reiner protokollarischer Antrittsbesuch, sondern schon ein Arbeitstermin sei.
In den Gesprächen ging es unter anderem darüber, wie ein Europa nach einem außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump selbstständiger werden kann. Macron und Merz streben an, den deutsch-französischen Beziehungen einen neuen Schwung zu verleihen. Doch Merz und Macron wollen auch die Dreiecksbeziehung mit Polen unter Donald Tusk stärken.
"Entscheidung, ob Krieg beendet wird, liegt in Moskau"
Ebenfalls im Fokus des Besuches stand die Unterstützung der Ukraine. "Die Ukraine kann sich in ihrem Kampf gegen die russische Aggression auf uns verlassen", sagte Merz in Paris. "Sobald ein Waffenstillstand vereinbart ist, sind wir bereit, uns an der Überwachung dieses Waffenstillstands unter amerikanischer Führung zu beteiligen." Die USA habe ihre Bereitschaft dazu bisher nicht erklärt.
"Die Entscheidung darüber, ob der Krieg beendet wird oder nicht, liegt in Moskau", sagte Merz. "Die Ukraine kann sich auf Deutschland und Frankreich verlassen." Auch Präsident Trump hätte die die volle Unterstützung von Merz und Macron, wenn es darum geht, die Ukraine zu unterstützen. Man werde mit der USA für einen Waffenstillstand zusammenarbeiten. Merz kündigte einen Ukraine-Busch in den nächsten Wochen an.
Auch Frankreichs Präsident Macron betonte, die Frage sei nun: "Will Russland überhaupt Waffenstillstand und dauerhaften Frieden? Wird der russische Präsident endlich Seriosität zeigen und seine Zusagen halten?" Man werde sich mit dem deutschen Kanzler und seinem Team "eng bei der Ukraine koordinieren", so Macron.
Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte diese Woche, dass Merz und Macron mit ihrem Treffen den "deutsch-französischen Motor" neu befeuern wollen. Die Treffen in Paris und Warschau finden am 80. Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg statt.
Merz reist nach Polen zu Tusk
Nach Paris nimmt sein Flieger Kurs nach Warschau. Für Merz spielt Polen eine wichtige Schlüsselrolle. Das Nachbarland hat noch bis Juni die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft inne.
Den polnischen Präsidenten Donald Tusk hat Merz bereits mehrfach getroffen. Die polnische Regierung, eine Mitte-Links-Koalition, verfolgte die Kanzlerwahl mit Spannung - der Besuch von Merz war bekanntlich schon organisiert. Fast schon erleichtert schrieb Donald Tusk auf X nach der zweiten Wahlrunde: „Glückwunsch Friedrich Merz! Und wir sehen uns morgen in Warschau, Kanzler.“
Thema Migration könnte zu Spannungen führen
Schwerpunkte der Gespräche werden Europa, Migration und die Ukraine sein. Auch geht es um eine Wiederbelebeung des Gesprächsformats "Weimarer Dreiecks" zwischen Deutschland, Polen und Frankreich, um zusammen in der EU bestimmte Themen durchzusetzen.
Die Grenzpolitik könnte ein heikles Thema werden für Merz. Denn Polen ist derzeit nicht einverstanden mit verschärften Grenzkontrollen von deutscher Seite. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) will bereits heute dem Bundespolizeipräsidenten einen Erlass für verstärkte Kontrollen geben, bei denen auch Asylbewerber zurückgewiesen werden könne, die über einen sicheren EU-Staat wie Polen kommen.
Merz reist während heißer Wahlkampfphase nach Polen
Kanzler Merz hat sich vorgenommen, die deutsch-polnischen Beziehungen mit einem Freundschaftsvertrag auf eine neue Grundlage zu heben. Der Vertrag soll am 35. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags von 1991 am 17. Juni 2026 abgeschlossen sein.
Zugleich fällt der Besuch zeitlich in eine heiße Phase des polnischen Präsidentschaftswahlkampfs. Der von der rechtskonservativen PiS unterstützte Kandidat Karol Nawrocki thematisiert vor allem Migrationsfragen.
"Ich bin nicht einverstanden mit dem, was in der Migrationspolitik der Europäischen Union geschieht. Ich habe nicht die Absicht, als Präsident Polens zu tolerieren, dass unsere westlichen Nachbarn, die Deutschen, ihre Probleme, ihre Fehler in der Migrationspolitik regeln und dabei die Sicherheit unserer Frauen und Kinder aufs Spiel setzen", sagte Nawrocki vor ein paar Wochen.