"Die Abhängigkeit von Russland ist nicht nur schlecht für unsere Sicherheit, sondern auch für unsere Wirtschaft", sagte Ursula von der Leyen vor dem Europäischen Parlament.
Ursula von der Leyen hat die Möglichkeit, nach dem Ende des Kriegs in der Ukraine wieder russische fossiler Brennstoffe zu kaufen, klar ausgeschlossen. Sie warnte davor, dass das ein "Fehler von historischem Ausmaß" für Europa wäre.
"Um es ganz klar zu sagen: Die Ära der russischen fossilen Brennstoffe in Europa geht zu Ende", sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission am Mittwochmorgen vor EU-Abgeordneten in Straßburg.
US-Präsident Donald Trumps bemüht sich um ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine. In diesem Prozess hat das Weiße Haus viele der Argumente des Kremls übernommen, einschließlich seiner Ansprüche auf die Krim und die besetzten Gebiete.
Die EU zeigt ihre rote Line
Ursula von der Leyen stellt mit Ihrer kategorische Ablehnung von russischem Gas - auch für die Zukunft - deutlich die Position der Europäischen Union klar.
Denn Trumps Diplomatie hat Spekulationen geschürt, dass die russische Energiewirtschaft Teil einer künftigen Einigung sein könnte. Die Exporte fossiler Brennstoffe spielen für Moskaus Haushalt eine wichtige Rolle und Wladimir Putin möchte seine prekäre Wirtschaft wieder ankurbeln.
Jahrzehntelang war die EU der größte Kunde Russlands, doch die milliardenschweren Handelsbeziehungen brachen Anfang 2022 zusammen, nachdem Putin seine umfassende Invasion gestartet hatte. Seitdem hat die EU beispiellose Maßnahmen ergriffen, um den Verbrauch russischer fossiler Brennstoffe einzuschränken, darunter ein umfassendes Verbot von Kohle und Erdöl aus dem Meer.
Nachdem US-Beamte öffentlich mit der Aussicht auf eine Lockerung der Sanktionen geworben haben, um den russischen Präsidenten dazu zu bewegen, einen dauerhaften Waffenstillstand zu akzeptieren, wird die EU ihre eigenen Beschränkungen auf den Prüfstand stellen.
Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow hat die laufende Annäherung zwischen Washington und Moskau auch die Zukunft der Nord-Stream-Pipelines berührt, die Russland und Deutschland verbinden und derzeit geschlossen sind.
"Es wird wahrscheinlich interessant sein, wenn die Amerikaner ihren Einfluss auf Europa nutzen und es zwingen, russisches Gas nicht abzulehnen", sagte Lawrow Ende März.
Doch am Mittwoch zog von der Leyen entschieden eine rote Linie für die Europäische Union.
"Es gibt immer noch Stimmen, die sagen, wir sollten den Hahn für russisches Gas und Öl wieder öffnen. Das wäre ein Fehler von historischem Ausmaß. Und das werden wir niemals zulassen", sagte sie.
"Russland hat wieder und wieder bewiesen, dass es kein zuverlässiger Lieferant ist. Putin hat bereits 2006, 2009, 2014, 2021 und während des Krieges die Gaslieferungen nach Europa unterbrochen. Wie oft noch, bis sie ihre Lektion gelernt haben?", fuhr sie fort.
"Die Abhängigkeit von Russland ist nicht nur schlecht für unsere Sicherheit, sondern auch für unsere Wirtschaft. Unsere Energiepreise können nicht von einem feindlichen Nachbarn diktiert werden."
Ein ehrgeiziger Fahrplan
Trotz der kollektiven Verpflichtung finden einige russische Brennstoffe immer noch ihren Weg in die Wirtschaft der Union. Im vergangenen Jahr gaben die 27 Mitgliedstaaten 23 Milliarden Euro für russische Energie aus. Das übertrifft den Betrag der Militärhilfe für die Ukraine.
Die Ströme von verflüssigtem Erdgas (LNG) sind zu einem Konfliktthema geworden, weil sie nicht nur ungehindert weitergehen, sondern sogar noch größere Mengen transportiert werden.
Nach Angaben des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) sind die EU-Einfuhren von russischem LNG im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 9 % gestiegen. Fast 90 % dieser Käufe gingen nach Frankreich (7,7 Mrd. m³), Spanien (5,7 Mrd. m³) und Belgien (5,1 Mrd. m³).
"Russland ist bei seinen Gasexporten in hohem Maße auf den EU-Markt angewiesen, der 52 % seiner Einnahmen aus LNG-Exporten liefert", so CREA in einem Bericht vom April.
In dem Bestreben, die verbleibenden Schlupflöcher zu schließen, hat die Kommission einen ehrgeizigen Fahrplan vorgelegt, um alle Käufe russischer Energie, einschließlich LNG, Pipeline-Öl und Kernmaterial, bis spätestens Ende 2027 zu unterbinden.
Der neue Plan sieht ein Verbot der Einfuhr von russischem Gas vor, das EU-Firmen nutzen, um sich auf höhere Gewalt zu berufen und langfristige Verträge mit Lieferanten brechen. Diese Verträge unterliegen dem "Take-or-pay"-Prinzip, das bei Nichteinhaltung saftige Strafen vorsieht.
Im Gegensatz zu Sanktionen, die Einstimmigkeit erfordern und durch nationale Vetos gefährdet sind, basieren die Verbote für russisches Gas auf energie- und handelspolitischen Aspekten, für die nur eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Ungarn und die Slowakei, zwei Binnenländer, die nach wie vor von Moskau abhängig sind, haben den Fahrplan bereits kritisiert und sagen, er würde die Wettbewerbsfähigkeit der EU gefährden.
Vor dem Europäischen Parlament, einer Institution, die seit langem den vollständigen Ausstieg aus russischen Brennstoffen fordert, hielt von der Leyen an ihrer Strategie fest und bezeichnete sie als unverzichtbares Element zur Gewährleistung eines gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine.
"Wir müssen alles tun, um die Position der Ukraine zu stärken. Denn wir haben alle gesehen, wie Russland verhandelt. Sie bombardieren. Sie schikanieren. Sie begraben Versprechen unter Trümmern", sagte sie.
"Putin will die Ukraine dazu zwingen, das Unannehmbare zu akzeptieren. Die Aufgabe, vor der wir stehen, besteht also darin, der Ukraine zu helfen, stark zu sein, Putins Einschüchterung zu widerstehen und sich auf Friedensgespräche einzulassen, die auf ihren eigenen Bedingungen basieren."