Ein französisches Gericht soll entscheiden, ob Langzeitherrscher al-Assad die Immunität entzogen und er wegen der syrischen Chemiewaffenangriffe vor Gericht gestellt werden kann.
Frankreichs höchstes Gericht wird an diesem Freitag entscheiden, ob dem ehemaligen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die Immunität als Staatsoberhaupt entzogen werden kann. Dieses Urteil könnte den Weg ebnen für einen Prozess gegen ihn wegen mutmaßlicher Chemiewaffenangriffe.
Es wäre ein Präzedenzfall für die strafrechtliche Verfolgung amtierender oder ehemaliger Staatschefs, denen Gräueltaten vorgeworfen werden.
Assad müsste sich wegen des Einsatzes von Chemiewaffen in Ghouta im Jahr 2013 und in Douma im Jahr 2018 vor der französischen Cour de Cassation in Abwesenheit verantworten. Wegen dieser Angriffe hatten NGOs 2020 auch versucht, den syrischen Langzeitherrscher in Deutschland vor Gericht zu stellen. Zuletzt wurde im Juni 2025 in Frankfurt ein syrischer Arzt wegen Folter zu lebenslanger Haft verurteilt.
Assad, der Medizin studiert hat und Augenarzt war, lebt jetzt mit seiner Familie in Russland im Exil. Er hat sich für die französische Anklage einen Anwalt genommen und bestreitet, dass er hinter den Chemiewaffen-Angriffen steckt.
Ein Urteil gegen al-Assad wäre ein "großer Sieg für die Opfer", so Mazen Darwish, Präsident des Syrischen Zentrums für Medien, das Beweise für Kriegsverbrechen gesammelt hat.
"Es geht nicht nur um Syrer, sondern es wird die Tür für die Opfer aus allen Ländern öffnen, und es wird das erste Mal sein, dass ein inländischer Untersuchungsrichter das Recht hat, einen Haftbefehl gegen einen Präsidenten während seiner Herrschaft zu erlassen."
Darwish sagte, ein positives Urteil könnte es seiner Gruppe auch ermöglichen, gegen andere Persönlichkeiten des Assad-Regimes vorzugehen und beispielsweise ein Verfahren wegen Geldwäsche gegen den ehemaligen Gouverneur der syrischen Zentralbank und Wirtschaftsminister Adib Mayalah einzuleiten. Mayalahs Anwälte haben argumentiert, er genieße nach internationalem Recht Immunität.
Immunität von Staatschefs "ein Tabu"
Assad war nach internationalem Recht bisher relativ sicher. Staatsoberhäupter konnten für Handlungen, die sie während ihrer Amtszeit begangen hatten, nicht strafrechtlich verfolgt werden - eine Regel, die vor langer Zeit entwickelt wurde, um den Dialog zu erleichtern, wenn Staatsoberhäupter die Welt bereisen mussten, um sich zu treffen, so die französische Anwältin Jeanne Sulzer.
Sulzer sagte, diese Art der Immunität sei "fast ein Tabu", unabhängig von der Schwere der Anschuldigungen. "Man muss warten, bis die Person nicht mehr im Amt ist, um sie anklagen zu können". Sie hatte das Verfahren gegen al-Assad wegen des Chemieangriffs 2013 mit geleitet.
Mehr als 50 Jahre lang wurde Syrien von Hafez al-Assad und dann von seinem Sohn Baschar regiert. Während des Arabischen Frühlings 2011 begann in dem 23-Millionen-Einwohner-Land eine Rebellion gegen ihre tyrannische Herrschaft. Doch erst Ende 2024 wurde al-Assad von der islamistischen Rebellengruppe HTS gestürzt.
Im 13-jährigen Bürgerkrieg wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als eine halbe Million Menschen getötet. Millionen Syrer flohen in den Libanon, nach Jordanien, in die Türkei und nach Europa.