Uganda: Neue Heimat für Südsudans Flüchtlinge

Uganda: Neue Heimat für Südsudans Flüchtlinge
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Von Monica Pinna mit Margitta Kirstaedter (dt. Fassung)
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Uganda hat die meisten südsudanischen Bürgerkriegs-Flüchtlinge aufgenommen, ist aber seit Sommer mit einem kaum zu verkraftenden Ansturm konfrontiert.

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Uganda hat es mit einer ungeahnten Flüchtlingswelle zu tun. Die Zahl der Menschen, die aus dem Südsudan in die Nachbarländer flohen, hat im September die Eine-Million-Marke überschritten. Fast 250.000 Südsudanesen machten sich seit Juli, als neue Kämpfe aufflammten, auf die Flucht. Uganda nahm die meisten von ihnen auf. Mehr als ein Drittel davon kam erst seit Juli ins Land.

Uganda beherbergt die Flüchtlinge nicht in Lagern, sondern gibt ihnen Land und eine langfristige Bleibe in Siedlungen, sogenannten Settlements. Sie können dort frei ein- und ausgehen, und das Wichtigste: Sie erhalten eine Arbeitserlaubnis. Sehr fortschrittlich im Vergleich zu anderen Ländern.

Berufsausbildung ist essentiell für ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit. Im Ausbildungszentrum der Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) in Nyumanzi, das von der EU finanziert wird, versuchen zweihundert Menschen einen Neustart.

Bakery Course - Nyumanzi vocational training centre - NRC, EU Humanitarian Aid
Der Bäcker-Kurs ist einer der gefragtesten. “Sechs Monate lang werden sie hier zum Bäcker ausgebildet, fünf Tage die Woche”, erklärt Kursleiter Jackson Aliga. “Von der ersten Gruppe mit 31 Leuten hat rund die Hälfte schon einen Job gefunden, die anderen suchen gerade.”

Yarkon Alok ist eine der Auszubildenden. Sie brachte nicht nur ihre eigenen vier Kinder aus dem Südsudan mit, sondern noch vier weitere von ihren Angehörigen. Kein Einzelfall. “Ich möchte arbeiten und meinen eigenen Laden aufmachen, damit ich mit dem Geld meine Familie ernähren kann”, sagt sie.

Bäcker, Schreiner, Klempner: Die Kurse, die das Zentrum anbietet, sind das Ergebnis einer sorgfältigen Marktanalyse, um die besten Bedarfs- und damit Geschäftsaussichten bei den Flüchtlingen wie bei den Einheimischen zu finden, erklärt Hosana Adisu vom NRC: “Wir prüfen, wie die Flüchtlinge sich in die Märkte in ihrem neuen Umfeld einbringen können. Wir stellen Kontakt zwischen unseren fertig ausgebildeten Teilnehmern und den bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten her. Das können Mikrofinanz-Institute sein und Sparkonten oder Kredite bei den Banken.”

Carpentry Course - Nyumanzi vocational training centre - NRC, EU Humanitarian Aid
Jeder Teilnehmer bekommt nach Abschluss des Kurses eine Starthilfe in bar, Werkzeug und sechs Monate lang berufliche Begleitung. Daruka Ayak hat zusammen mit vier anderen Kursteilnehmerinnen ihre eigene Bäckerei aufgemacht, gleich um die Ecke ihres neuen Zuhauses. Die Frauen verkaufen ihr Brot in der Siedlung und auf dem örtlichen Markt. “Seit ich das Geschäft aufgemacht habe, hab ich angefangen, mich wohlzufühlen”, bekräftigt sie. “Alle meine Kinder haben Kleidung und Schuhe, und wenn ich etwas in der Schule bezahlen muss, habe ich das Geld dafür. Es hat sich viel verändert für mich seit meiner Ankunft aus dem Südsudan.”

Nach der Flüchtingswelle im Sommer hat Uganda eilig neue Siedlungen hochgezogen, zunächst noch aus Zelten. Der Bürgerkrieg im Südsudan treibt mehr und mehr Menschen aus dem Land. Elegu ist einer der Haupteinlasspunkte in Uganda. Am Auffanglager erzählen die Geflüchteten von Morden, Plünderungen und Zwangsrekrutierung der Männer durch bewaffnete Gruppen.

Colelction centre Elegu
Gerald Edema, der für die Registrierung der Flüchtlinge zuständig ist, gibt einen Vergleich: “Wir nehmen hier derzeit zwischen 100 und 180 Menschen täglich auf. Zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle um den 17., 18. Juli herum hatten wir hier 3.000 bis 4.000 Neuankömmlinge pro Tag!”

Der Ansturm überstrapaziert die Kapazitäten. Dadurch harren viele Flüchtlinge statt wie vorgesehen eine Woche mehrere Monate in den Auffang- und Transitlagern aus, die dafür nicht ausgestattet sind. Das an sich vorbildliche System Ugandas für die Aufnahme von Flüchtlingen erreicht seine Grenzen. Quentin Le Gallo von der EU-Katastrophenhilfe klagt:
“Wenn das so weitergeht und wir immer mehr Neuankömmlinge haben, muss das System angepasst werden, denn es wird nicht mehr funktionieren. Zum Beispiel die Landvergabe: Je mehr Flüchtlinge kommen, desto mehr Land müssen wir vergeben – das Land muss ja aber verfügbar sein. Das heißt, die Parzellen werden kleiner.”

Aid Zone Uganda
Auch die rund 300 Berufsausbildungszentren für die Flüchtlinge werden nicht ausreichen, sollte sich die Lage im Nachbarland nicht bessern. Und da besteht derzeit wenig Hoffnung.

Flüchtlinge aus dem Südsudan – Was Europa von Ugandas Flüchtlingspolitik lernen kann – https://t.co/MpicgOUnrQ via SZ</a></p>&mdash; Juergen Baetz (jbaetz) October 28, 2016

Mehr zur Lage in Südsudan bei Die Zeit und Deutsche Welle sowie weiterer Artikel über die Mission der UN-Blauhelme. Interessanter Hintergrund über die südsudanesischen Kriegsgewinnler beim Spiegel

Unterstützt von der Europäischen Kommission

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