Brückeneinsturz: Conte verhängt Notstand

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Von Euronews mit Deutsche Presse Agentur
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Zwölf Monate lang soll in der Hafenstadt Genua die Ausnahmesituation gelten, teilte Italiens Ministerpräsident mit.

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Nach dem Teileinsturz einer Autobahnbrücke am Dienstagmittag hat Ministerpräsident Giuseppe Conte über die Hafenstadt Genua den Notstand verhängt. Dieser solle zwölf Monate in Kraft bleiben, verkündete er nach einer Sondersitzung des Ministerrates.

Es wird weiterhin nach möglichen Opfern gesucht. Bislang sind dutzende Tote zu beklagen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind 42 Todesopfer bekannt, die Präfektur sprach von 39.

Unterdessen hat die Ursachenforschung begonnen. Innenminister Matteo Salvini sagte, eine mangelnde Instandhaltung des Bauwerkes sei wohl die Ursache.

Ein Überlebender sagte: „Ich erinnere mich, wie die Brücke eingestürzt ist. Ich habe einen ohrenbetäubenden Lärm gehört und sah wie die Brücke absackte - und ich mit ihr. Ich habe das Schlimmste befürchtet. Ich weiß gar nicht, wo ich dann gelandet bin." Ob er ohnmächtig gewesen sei, fragt der Reporter. "Nein, ich war nicht ohnmächtig. Ich war bei Bewusstsein und habe gleich die Feuerwehr angerufen, um ihr zu erläutern, wie die Lage ist. Danach habe ich mit meiner Familie telefoniert. Ich habe wie durch ein Wunder überlebt", sagt er.

Seit dem Einsturz sind die Feuerwehrleute im Dauereinsatz. Ein Retter sagt am euronews-Mikrofon: "Es ist jetzt nicht die Zeit, die Ursache herauszufinden, denn wir sind noch mitten bei den Rettungsarbeiten und versuchen, so viele Menschen wie möglich herauszuholen. Danach haben wir jede Menge Zeit, um die Ursachen zu ergründen."

Regierungsvertreter wiesen dem Straßenbetreiber Autostrade per l'Italia die Schuld zu. Verkehrsminister Danilo Toninelli forderte die Unternehmensleitung zum Rücktritt auf. Er sagte, es seien Schritte eingeleitet worden, um dem Konzern die Betriebslizenz für die Straße zu entziehen sowie eine Geldbuße von bis 150 Millionen Euro zu verhängen. Zudem müsse sich der Betreiber finanziell am Wiederaufbau der Brücke beteiligen, so Toninelli.

In einer Erklärung von Autostrade per l'Italia heißt es, das Unternehmen werde mit den Institutionen zusammenarbeiten, um die Ursachen zu ermitteln. Weiter teilte der Betreiber mit, es habe zum Zeitpunkt des Einsturzes Arbeiten an der Brückensohle gegeben, die ständig überwacht worden seien.

Salvini übt Kritik an der Europäischen Union

Innenminister Salvini schlug auch EU-kritische Töne an: Geld, das für die Sicherheit aufgebracht werden müsse, dürfe nicht den strengen Regeln der Europäischen Union unterliegen, sagte er.

Ein Sprecher der EU-Kommission wies dagegen darauf hin, dass EU-Staaten politische Prioritäten im Rahmen der geltenden Haushaltsregeln selbst festlegen könnten - "zum Beispiel die Entwicklung und den Erhalt der Infrastruktur". Tatsächlich habe die EU Italien sogar dazu ermuntert, in die Infrastruktur zu investieren.

Die 1967 für den Verkehr freigegebene Morandi-Brücke mit einer Länge von 1182 Metern ist Teil der Autobahn 10, die unter anderem von vielen Urlaubern befahren wird, die in Richtung Südfrankreich, aber auch in die Lombardei sowie den Piemont unterwegs sind.

Die Brücke war während eines Unwetters mit starken Niederschlägen teilweise eingestürzt. Giovanni Toti, Präsident der Region Ligurien, sagte, man müsse davon ausgehen, dass es weitere Tote gebe. Es werden noch Opfer unter den Trümmern vermutet.

2016 hatte Antonio Brencich, Professor im Fachbereich Bau-, Chemie- und Umwelttechnik an der Universität Genua, auf Baufehler der Brücke hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Brücke werde immer von einem Meisterwerk der Ingenieurskunst gesprochen, dabei sei es in Wirklichkeit ein Meisterwerk des Konkurs, so Brencich damals gegenüber "primocanale.it". Der Zeitung "La Repubblica" zufolge sind in Italien rund 300 Brücken und Tunnel baufällig.

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