Gericht ordnet Wiederaufnahme von Behandlung im Fall Lambert an

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Von Anja Bencze mit dpa
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Die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr müssten aufrecht erhalten werden, urteilte das Pariser Berufungsgericht am späten Montagabend nach Angaben des Senders Franceinfo.

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Ein französisches Berufungsgericht hat die Wiederaufnahme der lebenserhaltenden Maßnahmen von Frankreichs bekanntesten Wachkoma-Patienten angeordnet.

Die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr müssten aufrecht erhalten werden, urteilte das Pariser Berufungsgericht am späten Montagabend nach Angaben des Senders Franceinfo.

Seit einem Motorradunfall vor über 10 Jahren befindet sich der Franzose Vincent Lambert in einem vegetativen Zustand und ist querschnittsgelähmt.

An diesem Monatg hatten seine Ärzte am Universitätsklinikum Reims die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt - was zu seinem Tod bis spätestens Ende des Monats geführt hätte.

Lamberts Ehefrau und sechs seiner acht Geschwister fordern seit Jahren, die künstliche Ernährung einzustellen. Seine Eltern hingegen wollten den Tod ihres Sohnes mit aller Macht verhindern und gingen gegen die Entscheidung vor.

Es sei furchtbar, so die Mutter Viviane Lambert nach einem Besuch am Krankenbett ihres Sohnes.

"Ich habe ihm gesagt, dass wir ihn nicht im Stich lassen."
Viviane Lambert
Mutter von Vincent Lambert

Sie und ihr Ehemann, unterstützt von katholiischen Gruppen, sehen in dem Abbruch der Ernährung einen Verstoß gegen das Recht auf Leben und haben sich in Frankreich durch sämtliche Instanzen geklagt. Sie scheiterten dort immer wieder und auch vor dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

Keine Patientenverfügung

Die Anwälte der Eltern hatten am Sonntag weitere rechtliche Bechwerden unter anderem auch gegen einen der verantwortlichen Ärzte angekündigt. Außerdem wurde erneut eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht, um den Behandlungsstopp aufzuhalten, die jedoch am Montag mangels neue Elemente abgewiesen wurde.

Lamberts Ehefrau Ehefrau hingegen will ihn "in Würde gehen lassen". Ihr Mann habe sich nie gewünscht, dass sein Leben künstlich verlängert werde, sagte sie vor einigen Jahren. Eine Patientenverfügung von Lambert gibt es allerdings nicht.

In Deutschland leben nach Angaben der Deutsche Stiftung Patientenschutz rund 10 000 Menschen mit dem sogenannten apallischen Syndrom, das von schwersten Hirnschädigungen hervorgerufen wird. "Diese Patienten im Wachkoma sind keine Sterbenden", erklärte Vorstand Eugen Brysch.

Deshalb seien Patientenverfügungen so wichtig. "Der Fall Lambert zeigt, dass schlimmstenfalls jahrelange Streitigkeiten das Verhältnis aller Beteiligten zerrüttet", sagte Brysch.

"Allein eine schriftliche Vollmacht ermöglicht ein Mitspracherecht"

In Deutschland dürften weder Ehepartner noch Verwandte automatisch über eine Behandlungsbegrenzung entscheiden. "Allein eine schriftliche Vollmacht ermöglicht ein Mitspracherecht."

In Deutschland und Frankreich ist die aktive Sterbehilfe, also einem Menschen ein tödlich wirkendes Mittel zu verabreichen, verboten. Passive Sterbehilfe durch das Abschalten von Apparaten und indirekte Sterbehilfe, bei der starke Medikamente Schmerzen lindern und als Nebenwirkung das Sterben beschleunigen, sind zulässig.

Ob Vincent Lambert von dem Streit um sein Leben etwas mitbekommt, ist ungewiss. Laut einem Gutachten vom November hat er "keinen Zugang mehr zu seinem Bewusstsein".

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