"Nur 2 Stunden Strom am Tag": So schlimm ist die Wirtschaftskrise im Libanon

"Nur 2 Stunden Strom am Tag": So schlimm ist die Wirtschaftskrise im Libanon
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Von Lea Fayed
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Lehrerin Juliette sagt, sie kann nicht mehr in einem Supermarkt einkaufen. Alles ist vier Mal so teuer.

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Der Libanon bricht förmlich zusammen. Die Coronakrise scheint das Fass zum Überlaufen zu bringen. In den Supermärkten gibt es Waren, doch zu unerschwinglichen Preisen. Der Libanon importiert so gut wie alles, das libanesische Pfund hat auf dem Schwarzmarkt 80 Prozent seines Wertes verloren und viele Haushalte müssen ohne Strom auskommen.

Juliette Bekhaazi ist Lehrerin und ratlos: ’’Strom haben wir nur zwei Stunden am Tag. Wir werfen unsere Generatoren an, aber dazu brauchen wir Diesel. Das müssen wir irgendwie auf dem Schwarzmarkt beschaffen, sehr teuer. Ich habe ein mieses Gehalt als Englischlehrerin. Ich kann es mir nicht leisten, in einen Supermarkt zu gehen. Alles kostet vier Mal soviel."

In der Bank können die Menschen nur libanesische Währung abheben. Wer US-Dollar gespart hat, steht jetzt dumm da. Studentin Vanessa zeigt sich gelassen, sie hat die Möglichkeit, bald zu Verwandten ins Ausland zu reisen:

Vanessa Ghanem meint: ’’Das ganze System ist kaputt. Unsere Dollars, meine, die meiner Eltern, stecken in den Banken fest. Wir dürfen nur libanesische Pfund abheben. Dieses hat 80 Prozent seines Wertes auf dem Schwarzmarkt verloren und wird noch weiter verlieren."

Ali Moussa hat ein Studium der Medienwissenschaften abgeschlossen. Jetzt hilft er seinem Vater an dessen Obststand. Er ordnet die Früchte und fragt sich, wozu er studiert hat. Gerne würde er den Libanon verlassen: ’’Wer die Möglichkeit hat zu reisen, sollte nicht zögern, sondern schauen, dass er schnell wegkommt. Das wird nicht besser hier."

Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Proteste gegen die Korruption im Land.

Dem wirtschaftlichen Zusammenbruch ging eine lange Zeit der politischen Vetternwirtschaft voraus.

Die Regierung wird von der radikal-islamischen Hisbollah unterstützt. Sie will nun mit dem Internationalen Währungsfonds einen Rettungsplan ausarbeiten: Milliarden müssten investiert werden.

Lea Fayed ist für Euronews in Beirut. Sie sagt: "Wirtschaftswissenschaftler warnen: Wenn nicht schnell etwas getan wird, steht dem Libanon eine lange Zeit der Hyperinflation und Depression bevor. Es sieht im Moment nicht so aus, als ob sich etwas zum Positiven änderen würde."

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