Juristischer und politischer Streit in Rumänien über Holocaust-Lehrplan

Juristischer und politischer Streit in Rumänien über Holocaust-Lehrplan
Copyright Vadim Ghirda/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Mari Jeanne Ion, su
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Ein Gesetz, das das Studium des Holocaust auf den Lehrplan der Oberschulen setzt, führt zu Konflikten in Rumänien. Staatsanwälte lassen untersuchen, ob eine Pressemitteilung einer der Parlamentsparteien diese düstere Epoche verharmlost.

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Ein Gesetz, das das Studium des Holocaust auf den Lehrplan der Oberschulen setzt, führt zu Konflikten in Rumänien. Staatsanwälte haben sogar eine Untersuchung eingeleitet, die feststellen soll, ob eine Pressemitteilung einer der Parlamentsparteien des Landes gegen ein anderes Gesetz verstoßen hat – dasjenige, das die öffentliche Verharmlosung dieser düsteren Epoche und ihrer Folgen unter Strafe stellt.

"UNTERGEORDNETES" THEMA?

Kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes zum Holocaust-Lehrplan veröffentlichte die "Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ ("AUR”) – eine Partei, die bei der letzten Wahl 9 % der Stimmen holte und laut Umfragen auf dem Vormarsch ist – eine Pressemitteilung, in der das Bildungsministerium aufgefordert wird, „die ideologischen Experimente an Kindern“ zu stoppen. Unterrichtsfächer wie Sexualaufklärung oder Geschichte des Holocaust seien „untergeordnete Themen“ für Schüler, hieß es. Sie wünsche sich einen Lehrplan, der sich stärker an der rumänischen Literatur und der nationalen Geschichte orientiert, ohne auf Antisemitismus Bezug zu nehmen, so die nationalkonservative Partei.

Claudiu Tarziu, Co-Präsident der AUR-Partei:

“Wir haben den Holocaust nicht in Frage gestellt, wir haben eine Art und Weise der Erziehung der jüngeren Generationen in Frage gestellt. Wir haben den Holocaust nicht kleingeredet. Deshalb überrascht die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft, denn das ist überhaupt kein Thema. Wir sind Christen, wir können gar nicht antisemitisch sein."

MINDESTENS 280.000 TOTE

Aber die Erklärung genügt den Holocaust-Forschern in Rumänien nicht, sie protestierten.

Alexandra Florian, staatliches "Elie Wiesel National Institute for Studying the Holocaust in Romania" (INSHR):

“Wenn diese politischen Akteure an die Macht kommen, gibt das eine öffentliche Politik, die die Rechte und Freiheiten bestimmter Teile der rumänischen Bevölkerung einschränkt. Geschichts-Verleugnung ist eine Bedrohung für die Demokratie.”

Rumänien hatte jahrelang seine Beteiligung an der Vernichtung der Juden während des Zweiten Weltkriegs bestritten, aber laut Internationaler Kommission zur Erforschung des Holocaust (internationale Historikerkommission unter der Leitung des Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel, selbst ein in Rumänien geborener Jude) wurden damals in dem Land und den von ihm kontrollierten Gebieten mindestens 280.000 Menschen getötet.

Mari Jeanne Ion, Euronews:

“Vertreter des rumänischen Staates haben ernsthafte Anstrengungen unternommen, um diese Sicht auf die Geschichte zu ändern, und ein Gesetz stellt seit 2002 die Verwendung faschistischer Zeichen und die Verharmlosung des Holocaust unter Strafe. Dennoch meinen die Führer der AUR, dass Antisemitismus gesellschaftlich gesehen hier kein ernstes Thema ist - staatliche Stellen sollten dem Thema nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken. Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach der jüngsten Pressemitteilung der AUR dauern an.

Mari Jeanne Ion, su

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