Papst-Bitte um Vergebung

Papst Franziskus in Kanada
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Von euronews
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Es ist eine schwierige Reise, die das Oberhaupt der katholischen Kirche in Kanada unternimmt. Das Verhältnis mit den Ureinwohnern ist schwer belastet.

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Mit der Bitte um Vergebung reist Papst Franziskus durch Kanada. Es geht um das von katholischer Kirche und kanadischem Staat organisierte Internats-System, in dem Kinder von Ureinwohnern jahrzehntelang misshandelt worden waren. Das Umerziehungssystem begann 1880, indigene Kinder wurden ihrer Kultur entfremdet, oft schlecht ernährt und in einigen Fällen auch von Angestellten sexuell missbraucht. Es gibt Schätzungen, dass 6000 Kinder in den Internaten an Mangelkrankheiten oder den Missbrauchsfolgen starben.

Der kanadische Regierungs-Chef Justin Trudeau, selber ein gläubiger Christ, empfing das Oberhaupt der katholischen Kirche mit den Worten: "Am Montagmorgen saß ich mit Überlebenden zusammen und habe gespürt, wie sie auf Ihre Entschuldigung reagiert haben. Auch wenn jeder (Betroffene) unterschiedlich reagiert, ganz ohne Zweifel haben Sie hier wirklich etwas bewirkt."

Neuanfang

Papst Franziskus plädiert für einen Neuanfang: "Wir verspüren den Wunsch, das Verhältnis zwischen der Kirche und den Ureinwohnern Kanadas von Grund auf zu erneuern. Dieses tragische Verhältnis ist sowohl die Frucht der Liebe (zu Gott), wie auch das Ergebnis tiefer Wunden. Wir bekennen uns dazu, die Natur dieser Wunden zu verstehen und sie zu heilen."

Im Rahmen seiner einwöchigen Kanadareise wird der Papst noch bis Freitag in Quebec sein, bevor er sich auf den Weg weiter nach Norden, nach Iqaluit auf der überwiegend von Inuit-Ureinwohnern bewohnten Baffininsel macht.

Bußreise

Um die internationale Aufmerksamkeit für diese oft als "Buß-Reise" bezeichnete Papstreise besser einordnen zu können, muss man einen genaueren Blick auf das kanadische System der katholischen Internate werfen. Als unlängst in der Nähe einer dieser Anstalten namenlose Kindergräber entdeckt wurden, kam es zu einer umfangreichen Debatte und gesellschaftlichen Aufarbeitung dieser dunklen Epoche der kanadischen Geschichte (das letzte der umstrittenen Internate wurde erst 1996 geschlossen, auch wenn der Staat der katholischen Kirche bereits Ende der 60er Jahre die Leitung der Einrichtungen entzogen hatte).

In der Debatte vermischen sich mehrere Ebenen. Einerseits geht es um kriminelle Taten wie sexuellen Missbrauch und Vernachlässigung Schutzbefohlener, in derartigen Fällen sind Polizei und Strafverfolgungsbehörden gefragt. Andererseits geht es um staatliche Erziehungsprogramme und die damit einhergehende Frage, ob und warum das Internatssystem als Instrument gegen indigene Kultur, Sprache und Traditionen verwendet wurde.

Beschämung

Papst Franziskus sprach eine Entschuldigung aus: "Ich bringe Beschämung und Schmerz zum Ausdruck und wiederhole gemeinsam mit den Bischöfen dieses Landes meine Bitte um Vergebung." Allerdings ließ das Oberhaupt der katholischen Kirche auch erkennen, dass man nicht von einer Alleinschuld der Kirche sprechen könne: "In dieses beklagenswerte, von den damaligen Regierungsbehörden geförderte System (...) waren einige örtliche katholische Einrichtungen miteinbezogen", sagte der 85-Jährige. Was dahingehend zu verstehen ist, dass der kanadische Staat ebenfalls in der Verantwortung gewesen sei.

Laut Vatikan sind 44 Prozent der Menschen in Kanada Katholiken.

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