"Es muss irgendwo ein Loch sein": Pipeline Nord Stream 2 verliert Gas

Hier kommt Nord Stream 2 in Lubmin an. Im Hintergrund das Atomkraftwerk Bruno Leuschner.
Hier kommt Nord Stream 2 in Lubmin an. Im Hintergrund das Atomkraftwerk Bruno Leuschner. Copyright Stefan Sauer/(c) Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Von Euronews
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Die Pipeline, deren Ende in Deutschland liegt, leckt offenbar. Und das, obwohl sie noch gar nicht in Betrieb ist.

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Nord Stream 2, ja, das ist die Schwester-Pipeline von Nord Stream, der Pipeline, die derzeit von Russland wegen "technischer Probleme" stillgelegt wurde. Nord Stream 2, ja, das ist auch die Pipeline, die Deutschlands Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder wie sonst kaum etwas vorantreiben wollte (außer vielleicht die beinahe ebenso umstrittenen Hartz-IV-Reformen). Nord Stream 2, ja, das ist auch die Pipeline, die nie in Betrieb ging – und jetzt offenbar trotzdem Gas verliert.

In der Nacht zum Montag hat es einen Druckabfall gegeben, teilt der Betreiber der Pipeline, die Schweizer Nord Stream 2 AG, mit. Von 105 Bar auf 7 Bar sei der Druck auf deutscher Seite abgefallen. Das scheint so ziemlich das Einzige zu sein, was klar ist. Denn wie genau es zu dem Druckabfall kommen konnte, wusste zunächst niemand.

"Es muss irgendwo ein Loch sein", so der Sprecher des Unternehmens, Ulrich Lissek. Irgendwo, das bedeutet irgendwo auf der mehr als 1000 Kilometer langen Strecke. Lissek äußert die Vermutung, dass das Leck unter Wasser, offshore, sein könnte. An Land, ist er sich recht sicher, würde man das mitbekommen.

Gerne würde man bei Nord Stream 2 herausfinden, wo das Gas entweicht. Aber das ist nicht so einfach. Man stehe unter Sanktionen, Gelder seien eingefroren, außerdem sei kaum noch Personal da, spielt der Betreiber den Ball zurück zur Politik. Man könne auch keine Aufträge erteilen, da man diese nicht bezahlen könne, und müsse schauen, woher man nun Informationen erhalte, sagte Lissek.

Apropos Politik: Am frühen Montagnachmittag wusste man im Landesumweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern nach eigenen Angaben noch nichts von dem Druckabfall. In dem Bundesland, genauergesagt in Lubmin neben dem stillgelegten DDR-Atomkraftwerk Greifswald, endet die Gasleitung.

Schröder wirbt weiter, Putin auch

Viel Aufregung um eine Gasleitung, die schon vor ihrer Eröffnung totgesagt wurde. Zwar warb Gerhard Schröder erst kürzlich unermüdlich weiter für "seine" Gasleitung und damit auch für russisches Gas. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin kokettierte jüngst mit einer Inbetriebnahme: "Man muss nur den Knopf drücken. Und los geht es."

Die Gasleitung stand bereits unter Druck, ähnlich wie eine Wasserleitung, bei der nur noch der Hahn aufgedreht werden müsste. Aber bereits vor Russlands Einmarsch in der Ukraine hatten Sanktionen der USA Geschäfte mit der Schweizer Nord Stream 2 AG quasi unmöglich gemacht und das Unternehmen damit in den Ruin getrieben. Politiker im In- und Ausland sprachen sich dafür aus, die funkelnagelneue Pipeline nicht fertigzubauen oder nicht in Betrieb zu nehmen.

Und so wächst der Druck auf die Betreiber und auf Russland, während der Druck in der Leitung rapide abfällt. Warum das zu keinem großen Aufschrei führt, zeigt ein Kommentar der Deutschen Umwelthilfe: Erdgas sei Methan, teilt die Aktivistenorganisation mit, es löse sich im Wasser und sei nicht giftig. Selbst im Falle einer Explosion unter Wasser gäbe es nur lokale Effekte. Mittelfristig könnten die Effekte aber doch größer sein, wenn auch weitgehend unbemerkt bleiben. Methan ist ein stark klimawirksames Gas, das zur globalen Erwärmung beiträgt. Neben Gasleitungen sind eine andere wichtige Methanquelle pupsende Kühe.

Des Rätsels Lösung?

Kurz vor Veröffentlichung dieser Meldung kam dann doch die Nachricht: Das Leck konnte lokalisiert werden, vielleicht zumindest. Es könnte südöstlich der dänischen Insel Bornholm und damit tatsächlich unter Wasser sein. Die dänischen Behörden sperrten das Gebiet mit dem Hinweis auf Gefahren für die Schifffahrt. Zumindest das ist anders als bei pupsenden Kühen, denen darf man sich auch auf weniger als fünf Seemeilen nähern.

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