Sunniten-Führer im Iran: "Richtet die Demonstranten nicht hin!"

Proteste in Zahedan, am 2. Dezember 2022.
Proteste in Zahedan, am 2. Dezember 2022. Copyright baloch campaign auf Telegram
Von Alexandra LeistnerEuronews Farsi
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Der sunnitische Gelehrte Abdolhamid Ismaeelzahi hat sich für die Freilassung der im Iran im Zuge der Proteste festgenommenen Menschen ausgesprochen. Ihnen könnte eine Hinrichtung drohen.

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Während die Proteste im Iran weiter anhalten, hat der sunnitische Geistliche Mawlawi von der Führung im Iran die Freilassung der festgenommenen Menschen gefordert. Im Freitagsgebet in der Stadt Zahedan, im Osten des Iran, sagte Abdolhamid Ismaeelzahi nach Informationen von Euronews Farsi: "Richtet die Demonstranten nicht hin und lasst sie frei, es sei denn, sie haben eine andere Person umgebracht".

Damit spielte er auf die vielen Demonstrant:innen an, denen der "Krieg gegen Gott" vorgeworfen wird. Muhāraba (auch Mohareb) gilt im islamischen Gesetz als eines der schlimmsten Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.

Die Urteile würden den Schriften des Koran widersprechen, so der Mawlawi. Diejenigen, die diese Urteile aussprächen, müssten sich dafür vor dem jüngsten Gericht verantworten. 

Am frühen Freitagmorgen hatte Mehdi Shamsabadi, der Staatsanwalt der Provinzen Sistan und Belutschistan, deren Hauptstadt Zahedan ist, dementiert, dass auch gegen zwei Minderjährige Todesurteile verhängt wurden.

Aktivist:innen der Baloch Activists Campaign hatten zuvor von den Urteilen gegen Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren berichtet.

Seit Mitte September gehen im ganzen Iran Menschen gegen das repressive Regime auf die Straße. In Zahedan gibt es an jedem Freitag nach dem Gebet Demonstrationen. In sozialen Medien gab es Berichte von Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, bei denen Tränengas gegen die protestierende Bevölkerung eingesetzt wurde. 

Aufnahmen zeigten verschleierte Frauen in den Straßen von Zahedan, die riefen "Mit oder ohne Hidschab, wir bewegen uns auf eine Revolution zu".

Ende September waren Menschenrechtsaktivisten zufolge mindestens 70 Menschen von Sicherheitskräften getötet. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sprach zuletzt von mehr als 300 Todesopfern und über 14.000 Festnahmen seit Beginn der Proteste, Menschenrechtler gehen von rund 18.000 Festnahmen aus.

Laut der Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) wurden bisher 459 Menschen, darunter 64 Kinder während der Proteste getötet, die als Reaktion auf den Tod von Mahsa Amini begonnen hatten.

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