Mysteriöse Aktivitäten: Was passiert in Chinas illegalen Polizeistationen in Europa?

Das angebliche Kulturzentrum in Prato in Italien. Dahinter soll sich eine illegale chinesische Polizeistation versteckt haben.
Das angebliche Kulturzentrum in Prato in Italien. Dahinter soll sich eine illegale chinesische Polizeistation versteckt haben. Copyright Foto: captura de vídeo de euronews
Von Giorgia Orlandi
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Mehr als 80 solcher Einrichtungen soll China weltweit betreiben oder betrieben haben, oft unter dem Deckmantel kultureller Einrichtungen. Ziel: unbequeme chinesische Staatsbürger zurück nach China holen. In Italien schien man wenig beunruhigt. Bisher.

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Die italienische Stadt Prato in der Toskana. Ein Schild weist eines der Häuser als chinesisches Kulturzentrum aus. Doch Ermittlungen der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders haben ergeben, dass sich dahinter eine von mehr als 80 inoffiziellen chinesischen Polizeistationen verbirgt, die weltweit von der Volksrepublik betrieben werden sollen. Hauptaufgabe: unbequeme chinesische Staatsbürger zur Rückkehr in ihr Ursprungsland zu bringen.

Hat Rom den Ernst der Lage erkannt?

Seit dem Aufkommen der Vorwürfe soll dieses Zentrum geschlossen sein. Die chinesische Führung hat die Anschuldigungen zurückgewiesen. Nirgendwo sonst in Italien leben im Verhältnis zur Zahl der Einwohner so viele chinesische Staatsbürger wie hier in Prato. Von einer illegalen Polizeistation wollen die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt aber nichts bemerkt haben. Euronews-Korrespondentin Giorgia Orlandi war vor Ort: 

“Die Organisaton Safeguard Defenders beschreibt die Vorgänge hier als Teil einer massiven grenzübergreifenden Polizei- und Repressionsstrategie Chinas. Dem Bericht zufolge unterscheiden sich die Vorgänge in Italien von denen in anderen Ländern. Nicht nur, dass hier zunächst keine umfassenden behördlichen Ermittlungen eingeleitet wurden. Auch soll es nirgendwo sonst in Europa so viele dieser Polzeistationen geben wie in Italien."

Antonio Calanni/Copyright 2016 The AP. All rights reserved. This material may not be published, broadcast, rewritten or redistribu
Ein chinesischer Polizist und zwei italienische Kollegen während einer gemeinsamen Streife in Mailand, 03.05.2016Antonio Calanni/Copyright 2016 The AP. All rights reserved. This material may not be published, broadcast, rewritten or redistribu

Die Lokalpolitikerin Erica Mazzetti der konservativen Forza Italia in Prato zeigt sich äußerst besorgt. Ihrer Ansicht nach hat das italienische Innenministerium den Fall zunächst nicht wirklich ernst genommen. Doch sie berichtet auch von neuesten Entwicklungen:

“Neu ist: Der Minister hat gesagt, dass er Ermittlungen eingeleitet habe, um zu sehen, was passiert sein könnte. Das begrüßen wir sehr. Für die Stadt Prato ist das ein wichtiger Schritt - auch für die anderen betroffenen Gemeinden."

Abkommen von 2015 öffnete China Tür und Tor

Die Organisation stützt sich auf frei verfügbare Informationen der chinesische Führung. Safeguard Defenders berichtet von einem italienisch-chinesischen Abkommen aus dem Jahr 2015, das gemeinsame Polizeieinsätze ermöglichen sollte. Dies habe womöglich illegale Aktivitäten befördert.

“Diese Abkommen zur Terrorbekämpfung und zu gemeinsamen Polizeieinsätzen wurden nicht nur mit Italien geschlossen, aber in Europa waren es definitiv die ersten. Ich denke, es war an sich ein Fehler, sie zu unterzeichnen, zumal der chinesische Vertragsparter, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, glaubwürdig zahlreicher Menschenrechtsverletzungen verdächtigt wird", so Harth. 

Politikerin Lia Quartapelle von der linken Partito Democratico ist eine weitere der wenigen PolitikerInnen in Italien, die ebenfalls Grund zur Sorge sehen. Sie hat in dieser Sache eine parlamentarische Anfrage auf dern Weg gebracht: 

"Wir möchten, dass diese Regierung ernsthafte Beziehungen zu China unterhält, anders als die Regierung unter Giuseppe Conte, die zu viele Kompromisse mit Peking eingegangen ist."

Es sei nötig, dass die Länder der EU eine gemeinsame Antwort finden, so die Laura Harth von Safeguard Defenders. Der Fall ist tatsächlich auf europäischer Ebene angekommen. Die Organisation hat kürzlich an einer öffenlichen Anhörung vor einem Ausschuss des EU-Parlmaments teilgenommen.

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