Harsche Kritik 37 Jahre nach Tschernobyl: "Deutschland steht allein"

Kühltürme eines Atomkraftwerkes (Symbolbild)
Kühltürme eines Atomkraftwerkes (Symbolbild) Copyright Photo by Johannes Plenio
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Von Teresa BizarroEuronews und Bruno Sousa
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Die Befürchtungen um die Sicherheit des Akw Saporischschja in der Ukraine wachsen. Parallel dazu macht sich international Kritik breit am deutschen Atom-Ausstieg, den einige Beobachtende als unverantwortlichen Alleingang wahrnehmen.

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Die Explosion eines Kernreaktors in Tschernobyl gilt noch immer als der schwerste Atomunfall der Geschichte. Die Erinnerungen daran sind 37 Jahre später weiter lebendig und die Angst vor einem neuen Unfall ist seit Beginn von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine noch präsenter.

Das Land verfügt über 15 Kernkraftwerke, doch im Mittelpunkt des Interesses steht Saporischschja. Trotz der Appelle der Internationalen Atomenergiebehörde gibt es täglich Berichte über Anschläge in der Region.

"Falsche Richtung"

Ein ehemaliger Vizechef der Behörde, Olli Heinonen, ist der Meinung, dass die Gefahr heute größer ist als 1986. Heinonen sagte im euronews-Interview: "Diese Situation ist in gewisser Weise noch schlimmer, denn erstens handelt es sich um einen vorsätzlichen, von Menschen verursachten Angriff, und es ist sehr schwierig, ein Kernkraftwerk zu schützen, wenn die Munition oder die Raketen an der falschen Stelle einschlagen.(...) Und dann kommt noch hinzu, dass das Kraftwerk mit der Zeit immer anfälliger wird. Es mangelt an Ersatzteilen und all das zusammen... Wissen Sie, ich glaube, dass wir uns in die falsche Richtung bewegen."

Die Atomindustrie schien einst dem Untergang geweiht, hat aber durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine neuen Auftrieb erhalten.

Spitzenreiter Frankreich

Frankreich steht an der Spitze mit mehr als zwei Dritteln des Stroms (69%) aus Kernenergie. In Belgien (50,8%) und der Slowakei (52,3%) kommt über die Hälfte der Elektrizität aus Atomkraftwerken. In der Ukraine sind es 55 Prozent.

Russland hat Energie als Waffe gegen den Westen eingesetzt, und selbst Deutschland hatte den Zeitplan für die Schließung der drei letzten AKW verschoben. Die deutsche Regierung steht aber wegen ihrer Entscheidung gegen Atomkraft in der Kritik.

Das unterstrich Jonathan Cobb, Kommunikationsdirektor der World Nuclear Association, im Interview mit euronews: "Es ist wirklich eine verwerfliche Aktion, wenn sie [Deutschland] immer noch so abhängig von fossilen Brennstoffen sind. Allein in Europa sehen wir, dass Frankreich ein Neubauprogramm plant. Großbritannien plant den Bau neuer Reaktoren. Polen plant den Bau seiner ersten Reaktoren. Die Niederlande suchen wieder... Schweden. Viele andere Länder in Europa wollen neue Kernkraftwerke bauen und auch den Betrieb ihrer bestehenden Reaktoren verlängern. Deutschland steht damit allein (...) Ich halte es daher für eine sehr schlechte Entscheidung Deutschlands, aus der Kernenergie auszusteigen und weiterhin so abhängig von fossilen Brennstoffen zu sein."

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