Der ehemalige französiche Präsident der Republik und 12 weitere Personen, darunter drei ehemalige Minister, stehen ab diesem Montag vor dem Pariser Strafgericht. Es geht um die Affäre um eine "libysche Finanzierung" seiner Präsidentschaftskampagne 2007.
So hat es angefangen
Kurz vor dem Sturz Muammar al-Gaddafis im Jahr 2011 enthüllte dessen Sohn Saif al-Islam in einem Interview mit Euronews, Beweise für Zahlungen des Gaddafi-Regimes in Libyen an die Präsidentschaftskampagne von Sarkosy im Jahr 2007 zu haben.
"Ich selbst war Zeuge der Übergabe der ersten Geldtranche an Claude Guéant in Tripolis", erklärte er. Claude Guéant war seinerzeits ein Berater des französischen Politikers Nicolas Sarkozy.
Was wird Nicolas Sarkozy vorgeworfen?
Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy steht wegen "illegaler Wahlkampffinanzierung", "Hehlerei von Veruntreuung öffentlicher Gelder", "passiver Bestechung " und "krimineller Vereinigung" vor Gericht.
Ihm wird vorgeworfen, mit Gaddafi einen "Korruptionspakt" geschlossen zu haben, damit dieser seinen Wahlkampf 2007 finanzierte. Dafür sollte Gaddafi insbesondere diplomatische Gegenleistungen erhalten, wie eine Rehabilitierung auf der internationalen Bühne und eine mögliche Aufhebung des französischen Haftbefehls gegen den Chef des libyschen Geheimdienstes Abdallah Senoussi.
Dieser wird für den Bombenanschlag auf das Flugzeug der französischen Fluggesellschaft UTA über der nigerianischen Wüste im Jahr 1984 verantwortlich gemacht, bei dem 170 Menschen ums Leben kamen.
In einem Interview sagte Gaddafi selbst: „Es ist unser Verdienst, dass er die Präsidentschaft erreicht hat. Wir haben ihm die Mittel zur Verfügung gestellt, die ihm den Sieg ermöglichten“, ohne jedoch einen Betrag oder andere Einzelheiten zu nennen.
Sarkozy, der Gaddafi 2007 mit großen Ehren in Paris empfangen hatte, war einer der ersten westlichen Staats- und Regierungschefs, der im März 2011, als die Pro-Demokratie-Proteste des Arabischen Frühlings die arabische Welt erfassten, auf eine Militärintervention in Libyen drängte.
Gaddafi wurde im Oktober desselben Jahres von Oppositionskämpfern getötet, womit seine vier Jahrzehnte währende Herrschaft über das nordafrikanische Land endete.
Sarkozy wies alle Anschuldigungen zurück
Ein Jahr nach Gaddafis Tod veröffentlichte die französische Online-Nachrichtenseite Mediapart ein Dokument, bei dem es sich angeblich um einen Vermerk des libyschen Geheimdienstes handelte, in dem Gaddafis Zustimmung zur Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf mit 50 Millionen Euro erwähnt wurde.
Sarkozy wies die Anschuldigungen entschieden zurück, nannte das Dokument eine „eklatante Fälschung“ und erstattete Anzeige wegen Fälschung, Verheimlichung und Verbreitung falscher Nachrichten.
Die französischen Behörden erklärten jedoch 2016, dass das Dokument alle Merkmale eines echten Dokuments aufweise, auch wenn es keine definitiven Beweise dafür gebe, dass eine solche Transaktion stattgefunden habe.
Was droht Sarkozy?
Dem inzwischen 69-jährigen ehemaligen Präsidenten droht eine zehnjährige Haftstrafe und eine Geldstrafe von 375.000 Euro. Es handelt sich inzwischen um seinen fünften Prozess. Diesmal wird er zum ersten Mal vor Gericht erscheinen, da er vorbestraft ist.
In der sogenannten "Bismuth-Affäre" war er im Dezember 2024 zu drei Jahren Haft verurteilt worden, davon ein Jahr mit elektronischer Fußfessel. Der Fall wurde durch Abhörmaßnahmen während der Libyen-Ermittlungen aufgedeckt.
Im Februar 2024 befand ein Berufungsgericht Sarkozy zudem der illegalen Wahlkampffinanzierung bei seiner gescheiterten Wiederwahl 2012 für schuldig.
Die Vorstrafen könnten auch diesmal gegen ihn sprechen.
Wer sind die anderen Protagonisten in dieser Affäre?
Bei dem Prozess stehen elf weitere Angeklagte vor Gericht, auch drei ehemalige Minister, darunter Claude Guéant, und ein ehemaliger Sarkozy-Berater.
Der französisch-libanesische Geschäftsmann Ziad Takieddine, der beschuldigt wird, als Mittelsmann zu fungieren, ist in den Libanon geflohen und wird voraussichtlich nicht vor Gericht erscheinen.
Wie Takieddine wird auch der französisch-algerische Geschäftsmann Alexandre Djouhri beschuldigt, als Mittelsmann fungiert zu haben.
Der Fall betrifft auch Gaddafis ehemaligen Stabschef und Schatzmeister, Bashir Saleh, der während des libyschen Bürgerkriegs in Frankreich Zuflucht suchte und dann nach Südafrika zog, wo er 2018 eine Schießerei überlebte, bevor er sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten niederließ.
Zu den weiteren Angeklagten gehören zwei saudische Milliardäre, ein ehemaliger Airbus-Manager und ein ehemaliger Banker, die beschuldigt werden, eine Rolle bei den mutmaßlichen Geldtransfers gespielt zu haben.
Ein Toter in der Donau in Wien
Shukri Ghanem, Gaddafis ehemaliger Ölminister, der ebenfalls verdächtigt wurde, wurde 2012 unter ungeklärten Umständen tot in der Donau in Wien gefunden. Französische Ermittler konnten Ghanems Notizbuch finden, in dem vermutlich die von Libyen geleisteten Zahlungen dokumentiert sind.
Gaddafis Spionagechef und Schwager Abdullah al-Senoussi sagte den Ermittlungsrichtern, dass tatsächlich Millionenbeträge zur Unterstützung von Sarkozys Wahlkampf geflossen seien. Er wurde wegen Kriegsverbrechen angeklagt und ist nun in Libyen inhaftiert.
Sarkozy wurde bekanntlich bereits in zwei anderen Skandalen verurteilt, aber der Fall Libyen wird als der angesehen, der sich am ehesten auf sein Vermächtnis auswirken wird.
Wie lange wird der Prozess dauern?
Der Prozess, der am Montag, den 6. Januar vor dem Pariser Strafgericht beginnt, soll bis zum 12. April dauern.