Das Berliner Verwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren entschieden, dass Geflüchtete bei Grenzkontrollen nicht direkt zurückgewiesen werden können. Ihnen stehe ein rechtmäßiges Dublin-Verfahren zu.
Das Berliner Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Gebiet rechtswidrig ist. Sie dürfen nur mit rechtmäßiger Durchführung des sogenannten Dublin-Verfahrens abgewiesen werden.
Es handelt sich um einen Fall, bei dem drei Somalier bei Grenzkontrollen von Frankfurt (Oder) nach Polen zurückgeschickt wurden. Laut Pressestelle des Verwaltungsgerichts Berlin geht es um drei Anträge von zwei Männern und einer Frau aus Somalia.
Verwaltungsgericht Berlin: Zurückweisung Asylsuchender rechtswidrig
"Sie erlangten mit dem Zug aus Polen kommend ins Bundesgebiet. Am 9. Mai 2025 wurden sie am Bahnhof Frankfurt (Oder) durch die Bundespolizei kontrolliert und nach Äußerung eines Asylgesuchs noch an demselben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde seitens der Bundespolizei mit der Einreise aus einem sicheren Drittstaat begründet. Hiergegen wandten sich die Antragsteller, die sich derzeit in Polen aufhalten, mit Eilanträgen."
Das Berliner Verwaltungsgericht hat den Anträgen stattgegeben und entschieden, dass die Zurückweisungen in diesen drei Fällen rechtswidrig sei.
"Personen, die bei Grenzkontrollen auf deutschem Staatsgebiet ein Asylgesuch äußern, dürfen nicht ohne Durchführung des Dublin-Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Prüfung des Asylantrags zurückgewiesen werden", heißt es weiter. Die Beschlüsse sind darüber hinaus unanfechtbar.
Die Somalier hätten ein rechtmäßiges Asylgesuch gestellt und hätten deshalb eine Erlaubnis bekommen müssen, die Grenze zu übertreten und das Dublin-Verfahren in Deutschland durchzuführen.
Grundlage für den sogenannten "Notlagen-Artikel" nicht gegeben
Innnenminister Alexander Dobrindt hatte Anfang Mai eine Intensivierung der Grenzkontrollen ersucht und durchführen lassen. Gleichzeitig ordnete er die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze an. Um die Maßnahmen durchzuführen, stützte sich Dobrindt auf Artikel 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dieser wird auch als sogenannter "Notlagen"-Artikel bezeichnet.
Das Berliner Verwaltungsgericht urteilte nun, dass es "an der hinreichenden Darlegung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung" fehle. "Die Bundesrepublik könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage unangewendet bleiben dürfe."
Grünen-Politikerin Ricarda Lang kritisierte das Vorgehen des neuen Innenministers scharf: "Ein Innenminister, dem Recht und Gesetz offensichtlich komplett egal sind, ist ein Problem", teilte sie auf der Plattform X. Parteikollege Erik Marquardt forderte einen "einen Sondergipfel zur Aufarbeitung dieser rechtswidrigen Anweisungen und einen rechtsstaatlichen Neustart der Asylpolitik der Merz-Regierung".
Die Klage der Somalier wurde mit dem Verein Pro Asyl eingereicht. Der Geschäftsführer Karl Kopp wertete die Entscheid als "ersten Erfolg" und forderte ein sofortiges Ende der Zurückweisungen. Auch Amnesty Deutschland kommentierte, es seine "eine Klatsche für die Bundesregierung".