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Müssen Unternehmen die Art und Weise, wie sie ihre Klimaziele festlegen, neu bewerten?

Müssen Unternehmen die Art und Weise, wie sie ihre Klimaziele festlegen, neu bewerten?
Copyright  Euronews
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Von Hannah Brown & Angela Barnes
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Chris Hocknell bringt es in „The Big Question“ auf den Punkt: „Wenn ein Produkt oder eine Maßnahme die Umwelt schädigt, ist sie nicht hochwertig.“

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Wir sind es inzwischen gewohnt, dass Unternehmen große Versprechen machen – etwa bis 2050 klimaneutral oder CO₂-neutral zu werden. 

Doch wie glaubwürdig sind diese Versprechen wirklich? Und halten sie wirklich das, was wir uns davon versprechen?

„Wir haben ein großes Problem im gesamten Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit, denn Organisationen versuchen wirklich, zu profitieren, ohne zu handeln“, so Chris Hocknell, Direktor bei Eight Versa.

„Sie wollen ehrgeizige, groß angelegte Strategien verfolgen, um Netto-Null oder sogar Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Aber in vielerlei Hinsicht haben sie die Lösungen nicht selbst in der Hand oder verfügen nicht über die nötigen Pläne, um dieses Ziel zu erreichen.“

Ein unrealistischer Fahrplan ist dabei nur ein Teil des Problems. Chris ist zudem der Meinung, dass die gesamte Art und Weise, wie wir Nachhaltigkeit bewerten, der Wirtschaft schadet. 

„Ich möchte die Art und Weise ändern, wie wir die Kohlenstoffbilanz bewerten. Denn diese ist gewissermaßen innovations- und wachstumsfeindlich.“

In dieser Folge von „The Big Question“ spricht Euronews-Wirtschaftsredakteurin Angela Barnes mit Nachhaltigkeitsberater Chris Hocknell darüber, was Unternehmen bei ihren Klimazielen falsch machen. 

„Ein Ehrlichkeitsdefizit“

„Ein weiteres Problem ist, dass die Daten nicht ausreichend geprüft und verifiziert werden. So können Unternehmen Angaben machen, die technisch gesehen unwahr sind, aber mangels Kontrolle nicht überprüft werden können“, erklärt Chris.

Er weist auch darauf hin, dass sowohl Apple als auch BP für ihre unklare Terminologie kritisiert wurden.

Insbesondere BP hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 einen „Netto-Null-Betrieb“ zu erreichen. Das gilt jedoch nur für ihre Scope 1- und 2-Emissionen. 

„Das bedeutet, dass sie die Nutzung ihrer Produkte – also Öl und Gas – ausklammern, was technisch nicht korrekt ist.

Wenn Ihr Produkt tatsächlich flüssiger Kohlenstoff ist, wird das Öl letztlich verbrannt und in andere Produkte oder Kraftstoffe umgewandelt. Das Hauptprodukt ist also kein Netto-Null-Produkt“, erläutert Chris in „The Big Question“.

Falls Sie mit dem Scope-System nicht vertraut sind, hier eine kurze Erklärung:

Scope 1: Direkte Emissionen aus Quellen, die dem Unternehmen gehören und von ihm kontrolliert werden.

Scope 2: Indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie.

Scope 3: Indirekte Emissionen in der Wertschöpfungskette, z. B. von Lieferanten oder durch die Nutzung der Produkte.

Chris kritisiert zwar die Terminologie von BP, räumt aber ein, dass Öl und Gas „das Lebenselixier der gesamten Wirtschaft und Industriegesellschaft sind“. Er schlägt vor, sich darauf zu konzentrieren, die direkten Emissionen effizienter zu machen und dies klarer zu kommunizieren.

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© Euronews

Sollten wir allen Klimaversprechen gegenüber misstrauisch sein?

Chris‘ Aussichten sind nicht nur düster. Er betont, dass bei vielen Unternehmen die Klimabotschaften mit den Maßnahmen übereinstimmen.

„Orsted ist ein sehr großes Unternehmen, das sich auf umweltfreundliche Technologien spezialisiert hat. Sein Geschäftsmodell ist klar auf die Technologie der Zukunft ausgerichtet“, so Chris. 

„Es gibt andere Unternehmen wie Patagonia – ein klassisches Fallbeispiel –, die diese nachhaltige und umweltfreundliche Philosophie in ihr Geschäftsmodell integriert haben. Sie richten ihre Botschaft und ihre Produkte jedoch an einen sehr kleinen Teil des Marktes. Und ich denke, das Problem ist, dass die Unternehmen, die ihre Produkte tatsächlich neu erfinden oder gezielt auf dieses sehr umweltbewusste Marktsegment ausrichten können, in der Minderheit sind.“

Für einige Industrien ist das Streben nach „Netto-Null“ oder Klimaneutralität schlicht nicht möglich. 

„Wir nennen sie schwer zu dekarbonisierende Industrien, zum Beispiel Stahl, Glas, alle großen Schwerindustrien. Für sie gibt es keine Option. 

Sie müssen weitermachen wie bisher, und wir sind auf sie angewiesen. Sie haben also keine einfachen Alternativen. Diese schwer zu dekarbonisierenden Industrien sind der große Elefant im Raum. 

Wie können wir sie transformieren? Die Technologie steht einfach nicht zur Verfügung. Ein weiterer Mythos ist der Glaube, dass wir diese Technologien bereits haben, aber das stimmt nicht.“

Gibt es einen besseren Weg für Unternehmen, ihre Klimaziele zu erreichen?

Anstatt unrealistische Ziele zu setzen, die künftige Unternehmensleitungen nicht einhalten können, schlägt Chris vor, dass Unternehmen ihre Klimaziele unter dem Aspekt der Effizienz diskutieren sollten.

„Wahrscheinlich werden alle, die heute im Vorstand sitzen, 2040, 2045 oder 2050 nicht mehr im Amt sein. Wir stehen also vor einer echten Herausforderung, bei der es viel einfacher ist, so zu tun, als wäre man auf dem richtigen Weg.“

Unternehmen sollten sich jedes Jahr bemühen, mehr zu erreichen und gleichzeitig ihre aktuellen Auswirkungen zu reduzieren – also mehr mit weniger zu erreichen. Chris glaubt, dass auch Regulierung dabei helfen könnte. 

„Wir brauchen eine Philosophie der Effizienz statt einer reinen Rationierung und einer haushälterischen Sichtweise. 

„Wir müssen uns mit Innovation und Wachstum aus diesem Problem herausarbeiten, und diese Haltung zieht sich durch fast alle unsere Vorschriften. Wir brauchen einen unternehmerischeren und innovationsorientierten Ansatz für unsere gesamte Politik, statt bürokratische Hürden und Beschränkungen.“

The Big Question ist eine Serie von Euronews Business, in der wir mit Branchenführern und Experten über einige der wichtigsten Themen der heutigen Zeit diskutieren.

Sehen Sie sich das Video oben an, um das vollständige Gespräch mit Chris Hocknell zu sehen.

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