Mit einer Portion "Wehmut": Nach 35 Jahren Laufzeit geht Brokdorf vom Netz

Anti-Atom-Aktivist vor dem Meiler von Brokdorf im April 2010
Anti-Atom-Aktivist vor dem Meiler von Brokdorf im April 2010 Copyright AP Photo/Heribert Proepper
Von Anja Bencze mit EBU/ZDF/DPA/AFP
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Um Mitternacht an Silvester ist Schluss. Nach 35 Jahren Laufzeit geht Brokdorf vom Netz. Damit tritt der Atomausstieg in seine letzte Phase.

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Mit dem Jahreswechsel tritt der Atomausstieg in Deutschland in seine vorletzte Phase. Drei Atomkraftwerke werden am 31. Dezember vom Netz genommen. Eines davon ist das symbolträchtige Kernkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein, das in den 80er-Jahren zum Hotspot des Widerstands gegen Atomkraft wurde. Hunderttausende demonstrierten Ende der 70er und Mitte der 80er Jahre dagegen. 

Um Mitternacht an Silvester ist nun tatsächlich Schluss. Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung der Betreibergesellschaft PreussenElektra, schaut mit einem weinenden Auge auf das Ende.

"Die letzten Tage begleitet uns schon alle eine ganz gehörige Portion Wehmut. Wir haben die Anlage 35 Jahre betrieben. Wir haben sie gepflegt, wir haben sie auf dem besten technischen Stand gehalten und sie immer sicher betrieben."

"Es hat viel zu lange gedauert"

Keine Spur von Wehmut verspürt Karsten Hinrichsen, langjähriger Anti-Atom-Aktivist, auch als der Rebell von Brokdorf bekannt. "Ich freue mich still, aber stetig, dass das Ding nun abgeschaltet wird. Das ist keine Euphorie. Manche fragen mich, ob das jetzt ein Sieg wäre. Nein, ist es nicht, dafür hat es viel zu lange gedauert."

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 hatte die damalige christlich-liberale Bundesregierung unter Angela Merkel die erst wenige Monate zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke wieder zurückgenommen und den Atomausstieg eingeleitet. Die acht ältesten Reaktoren wurden sofort abgeschaltet, die restlichen neun sollten schrittweise bis 2022 folgen.

Nach Brokdorf, Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern) gehen spätestens Ende nächsten Jahres Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) vom Netz. Damit wird der deutsche Atomausstieg nach elf Jahren abgeschlossen sein.

Ausbau erneuerbarer Energien

Streng genommen ist aber auch danach noch lange nicht Schluss. Die sogenannte Nachbetriebsphase und der schrittweise Rückbau der Anlagen, unter Verantwortung der Betreiber, wird noch viele Jahre dauern.

Derweil feilt Deutschland am Ausbau erneuerbarer Energien. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms in aus Windrädern, Sonnenkollektoren oder Biogasanlagen stammen.

Vehement wehrt Deutschland gegen Erwägungen der EU-Kommission, Atomenergie wie von Frankreich gefordert als "nachhaltige" Technologie einzustufen.

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