"Eine Herkulesaufgabe": Luxemburg setzt auf People Power, um seine Energieziele zu erreichen

Die Luxemburger:innen wurden gefragt, ob sie bereit sind, die Klimapolitik auszuweiten. Die Antwort, so Premierminister Bettel, war ein klares "Ja!".
Die Luxemburger:innen wurden gefragt, ob sie bereit sind, die Klimapolitik auszuweiten. Die Antwort, so Premierminister Bettel, war ein klares "Ja!". Copyright REUTERS/Francois Lenoir
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Von Lottie Limb
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Der neue Energie- und Klimaplan (NECP) des Großherzogtums wurde mit Hilfe eines Bürger:innenrats erarbeitet.

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Mehr als ein Drittel des luxemburgischen Energiebedarfs soll bis zum Ende des Jahrzehnts aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Das reichste Land Europas hat seine Ziele für grüne Energie und Effizienz erhöht, auch dank der öffentlichen Motivation.

Alle EU-Länder müssen bis Juni einen aktualisierten nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) vorlegen, aus dem hervorgeht, wie sie das Ziel der EU, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken, erreichen wollen.

"Jeder, der glaubt, dass der Klimawandel nicht stattfindet, lebt auf einem anderen Planeten", so Regierungschef Xavier Bettel am Montag (17. April) auf einer Pressekonferenz, auf der der Entwurf der Aktualisierung angekündigt wurde.

Die Luxemburger:innen sind sich der Herausforderung sehr wohl bewusst. Der Klimawandel wurde von den ihnen im Jahr 2019 bei einer EU-weiten Umfrage zu den nationalen Ansichten als das weltweit größte Problem eingestuft.

Und noch bemerkenswerter als die Tatsache, dass das kleine, wohlhabende Land auf gutem Weg zum Jahr 2030 ist, ist die Art und Weise, wie es seine Bürger in den politischen Entscheidungsprozess einbezogen hat.

Wie tragen die Menschen dazu bei, Luxemburgs Klimapolitik zu gestalten?

Reuters/Lenoir
Luxemburg Stadt im SonnenscheinReuters/Lenoir

Die Regierung hat im vergangenen Jahr einen Bürger-Klimarat einberufen. Der ‘Klima-Biergerrot’ (KBR) brachte eine repräsentative Auswahl von 100 Personen zusammen, die in Luxemburg leben oder arbeiten. Sie wurden gebeten, den aktuellen luxemburgischen Klimaplan zu diskutieren und zu prüfen, ob er erweitert werden sollte.

"Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen", sagte Premierminister Bettel bei der Ankündigung der Gründung des Rates. "Es ist Zeit für ein innovatives demokratisches Projekt, das es in dieser Form in Luxemburg noch nicht gegeben hat. Es ist an der Zeit, die Gesellschaft in die klimapolitischen Verhandlungen mit einzubeziehen".

Es ist an der Zeit, die Gesellschaft in die klimapolitischen Verhandlungen mit einzubeziehen.
Xavier Bettel
Luxemburgischer Premierminister

Die Volksversammlung "sprach sich für noch ehrgeizigere Ziele und Maßnahmen für Luxemburg aus", heißt es in einer Erklärung der Regierung, und half bei der Ausarbeitung des verschärften NECP.

Die verstärkten Maßnahmen spiegeln auch "den politischen Willen der Regierung" wider, heißt es in der Erklärung. Es wird betont, dass der Entwurf der Aktualisierung ein gemeinsames Projekt verschiedener Abteilungen ist.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass ein europäisches Land seinen Bürger:innen eine Plattform zu Klimafragen bietet. Die 2016 gegründete irische Bürgerversammlung gab mehrere Empfehlungen für einen fairen Übergang ab, die schließlich in den bahnbrechenden Klima-Aktionsplan des Landes im Jahr 2019 einflossen.

Auch Frankreich und das Vereinigte Königreich haben Bürgerversammlungen eingerichtet, um die Klimapolitik mitzugestalten.

Alle Luxemburgerinnen und Luxemburger werden ein Mitspracherecht bei der Ausarbeitung des endgültigen Plans haben, da der Entwurf nun bis zum 16. Mai zur öffentlichen Konsultation freigegeben ist. Wie im Jahr 2022 können Bürger:innen, Nichtregierungsorganisationen und Lobbygruppen ihr Feedback über das Regierungsportal einreichen.

Laut der Finanznachrichtenseite Delano haben dies im vergangenen Jahr 330 Personen und 30 Organisationen - darunter Umweltgruppen und Industrielobbys - getan.

Was sind die luxemburgischen Klima- und Energieziele?

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Das reichste Land Europas macht ernst mit den erneuerbaren Energien - und die Bürger:innen gestalten den Plan mit.REUTERS/Lenoir

Erneuerbare Energien und Energieeffizienz stehen im Mittelpunkt der aktualisierten Klimapläne Luxemburgs.

Wind, Sonne und andere saubere Energiequellen sollen bis 2030 einen Anteil von 35 bis 37 Prozent an der Energieversorgung des Landes ausmachen, statt wie bisher 25 Prozent.

"Klimaschutz bedeutet, fossile Brennstoffe so schnell wie möglich zu ersetzen", sagte Energieminister Claude Turmes. "Das ist eine Herkulesaufgabe."

Die Windenergie ist bereits auf einem guten Weg und wird ihr Ziel für 2030 bis 2025 erreichen. Wie eine Analyse der Denkfabrik für saubere Energie Ember zeigt, verzeichnete Luxemburg zwischen 2015 und 2022 den größten Anstieg des Windanteils aller EU-Länder. Mit einem Anstieg von fast 20 Prozent stieg der Anteil der Windenergie an der Stromversorgung im vergangenen Jahr auf 26,9 Prozent.

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Die Regierung will auch die Energieeffizienz verbessern und den Energiebedarf bis 2030 um 44 Prozent senken.

Was die Gesamtemissionen anbelangt, so heißt es in der Erklärung, dass Luxemburg bereits in der letzten Runde der NECP-Einreichungen im Jahr 2020 auf dem richtigen Weg war, so dass keine Notwendigkeit besteht, seine Klimaziele zu überarbeiten.

Delano berichtet, dass die Änderungen laut einer Analyse des staatlichen Statistikportals Statec tatsächlich zu einer Senkung der Emissionen um 58 Prozent führen werden, während es im vorherigen Plan noch 35 Prozent waren.

Ob das kleine, wohlhabende Großherzogtum Luxemburg mehr tun könnte, um die Emissionen zu senken, steht dennoch zur Debatte. Es ist immer noch nicht auf dem Weg, bis 2050 eine Netto-Null-Emission zu erreichen - das andere von Brüssel vorgegebene Schlüsselziel, das mit den NECPs erreicht werden soll.

Mit den neuen Maßnahmen werden bis zum halben Jahrhundert gerade einmal 91 % Klimaneutralität erreicht. Ein Statec-Sprecher erklärte allerdings gegenüber Delano, dass Maßnahmen zur ‘Carbon Capture’ Kohlenstoffabscheidung nicht berücksichtigt seien.

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Was steht sonst noch in Luxemburgs neuem Energie- und Klimaplan?

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Der öffentliche Personennahverkehr ist in Luxemburg kostenlos. Der neue NECP will den sauberen, elektrischen Verkehr noch weiter fördern.REUTERS/Lenoir

Der Planentwurf enthält eine Reihe weiterer Umweltmaßnahmen, von denen einige durch die öffentlichen Diskussionen geprägt sind.

Zu den "innovativsten" der 197 Vorschläge gehört ein Angebot für das "Sozialleasing" von Elektroautos, das einkommensschwachen Haushalten zugute kommen würde. Und die Schaffung einer nationalen Einrichtung zur Unterstützung der energetischen Sanierung von Häusern.

Um die Notwendigkeit einer gerechten Energiewende zu unterstreichen, wird der Planentwurf die CO2-Steuer des Landes weiter anheben. Ab 2021 müssen Unternehmen, deren Treibhausgasemissionen einen bestimmten Grenzwert überschreiten, eine Steuer zahlen, die zum Teil in die Anpassung ärmerer Familien und zum Teil in grüne Energieprojekte investiert wird.

Mit dem aktualisierten NECP soll auch der Ausstieg aus dem Heizen mit fossilen Brennstoffen durch einen freiwilligen Ansatz erreicht werden. Wenn das zu langsam gehen sollte, werden nur noch neue Heizungsanlagen mit einem Anteil von mindestens 70 Prozent erneuerbarer Energie zugelassen.

Auf lokaler Ebene wird die Regierung im Rahmen des Klimapakts 2.0 weiterhin finanzielle Unterstützung für Kommunen gewähren, die sich der Energiewende verschrieben haben.

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