Gas- und Stromrechnungen 'in allen EU-Hauptstädten fast verdoppelt' - Bericht

Wie kann man Energie in diesem Winter bezahlbar machen? Eine Frage, die alle EU-Regierungen umtreibt vor diesem Winter.
Wie kann man Energie in diesem Winter bezahlbar machen? Eine Frage, die alle EU-Regierungen umtreibt vor diesem Winter. Copyright Jean-Francois Badias/AP
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Von Joshua Askew
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Es ist das Thema, dass alle in diesem Herbst umtreibt: Wie hoch werden die Strom- und Gasrechnungen ausfallen in diesem Winter?

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Die Energiekosten für Haushalte in ganz Europa haben sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt, wie neue Daten zeigen.

Laut den neuesten Zahlen des Household Energy Price Index sind Gasrechnungen um 111 % und Stromrechnungen um 69 % gestiegen.

Im Durchschnitt bedeuten diese Zahlen einen Anstieg der Energierechnung um 90 % - oder fast das Doppelte - im Vergleich zu Oktober 2021.

Die am Montag von der Energie-Control Austria, der ungarischen Regulierungsbehörde für Energie und öffentliche Versorgungsbetriebe (MEKH) und VaasaETT veröffentlichte Studie verdeutlicht die verheerenden Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Europa, der eine Krise der Lebenshaltungskosten ausgelöst und viele Volkswirtschaften in die Rezession gestürzt hat.

Die Verfasser:innen beschreiben, wie sich die russische Invasion auf die Energiepreise ausgewirkt hat, und erklären, dass sie zu einer "Unsicherheit in Bezug auf die Energiesicherheit" und zu "reduzierten Lieferungen von russischem Gas oder zur vollständigen Einstellung der Lieferungen" geführt hat.

Russland reduzierte und stoppte schließlich im September die Nord-Stream-Gaslieferungen nach Europa, nachdem westliche Länder Moskau wegen des Einmarsches in der Ukraine mit Sanktionen belegt hatten. Zahlreiche Länder warfen Russland vor, Energie zu einer Waffe zu machen.

Für den Bericht über den Energiepreisindex privater Haushalte wurden die Gas- und Strompreise von 2009 bis Oktober 2022 in 33 europäischen Ländern untersucht - darunter EU-Mitgliedstaaten aber auch Montenegro, Norwegen, Serbien, die Ukraine, Großbritannien und die Schweiz.

Dabei wurde festgestellt, dass die jüngsten Energiepreisspitzen auf einen rekordverdächtigen Anstieg im Jahr 2021 folgten. Dieser Anstieg kam durch eine höhere Nachfrage, als sich Menschen und Unternehmen von der COVID-Pandemie erholten.

"Erheblich höhere [Energiepreise] im Vergleich zu vor einem Jahr ... können auf eine Kombination von Faktoren zurückgeführt werden, wie z. B. die erhöhte Nachfrage im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie und den außergewöhnlichen Wetterbedingungen, die rekordhohen Preise für Erdgas und die hohen CO2-Emissionszertifikate", schreiben die Autoren.

Gas

Die Einwohner von Amsterdam zahlten dem Bericht zufolge europaweit am meisten für Erdgas, nämlich doppelt so viel wie der europäische Durchschnitt, gefolgt von Kopenhagen, Dänemark.

Der Betrag, den die Einwohner der niederländischen Hauptstadt zahlen müssen, ist fast 17-mal so hoch wie in Budapest, der ungarischen Hauptstadt mit dem günstigsten Gaspreis in der Europäischen Union (EU).

Die Ungar:innen haben aufgrund großzügiger staatlicher Preiskontrollen, die 2014 eingeführt wurden, traditionell von billigerer Energie profitiert. Das Land hat dennoch vor kurzem die Regeln verschärft hat, um die Anspruchsberechtigung einzuschränken.

Außerhalb der EU zahlen die Menschen dem Bericht zufolge in Kiew am wenigsten für ihr Gas, nämlich 19 Mal weniger als in Amsterdam.

Die Stromversorgung in der ukrainischen Hauptstadt wurde im Oktober zu einem großen Problem, seitdem russische Streitkräfte die Energieinfrastruktur des Landes bombardieren, was zu häufigen Stromausfällen  - und Rationierungen führte.

Für den Bericht wurden zudem "signifikante" Preisveränderungen in einzelnen europäischen Hauptstädten im Oktober erfasst.

In Rom stiegen die Gaskosten im vergangenen Monat um 97 % und im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 170%.

Dies war auf "Erhöhungen der Energie- und Verteilungskomponenten" in Italien zurückzuführen, während in Luxemburg-Stadt und Lissabon Preiserhöhungen von 64 % bzw. 58 % verzeichnet wurden.

Die Gaspreise in Rom, Luxemburg, Lissabon, Dublin, Paris, Wien, Brüssel, Bern, Kopenhagen und Stockholm erreichten neue Rekordhöhen.

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Aber es gibt auch positive Entwicklungen. In vielen Teilen Europas sind die Gasrechnungen auch gesunken, was vor allem auf staatliche Maßnahmen zurückzuführen ist. Der Bericht unterstreicht aber, dass die aktuellen Preise im Vergleich zu vor einem Jahr immer noch extrem hoch sind.

In Athen wurde ein Preisrückgang um 55 % gemeldet. Dies ist dem Bericht zufolge auf die "Senkung der Energiesteuern" und das "Preisausgleichssystem der Regierung" zurückzuführen.

Die griechischen Behörden haben Verbraucher:innen, die ihren Stromverbrauch einschränken, mit niedrigeren Rechnungen belohnt und gleichzeitig eine Obergrenze für die Zahlungen an die Stromerzeuger eingeführt. Diese Maßnahmen werden teilweise durch eine Sondersteuer für Energieunternehmen finanziert.

In Sofia, Tallinn, Madrid, Berlin und Riga wurden die Gaspreise um 29 %, 25 %, 12 %, 11 % bzw. 5 % gesenkt.

Diese Preise beziehen sich allerdings nicht auf den Betrag, den die Kunden mit Festpreisverträgen zahlen.

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Elektrizität

Auch bei den Strompreisen für Endverbraucher gibt es in Europa große Unterschiede.

Kopenhagen und Rom sind die teuersten Städte für europäische Haushalte, gefolgt von Amsterdam und Berlin, so der Bericht.

Die deutsche Hauptstadt spürt die Krise und hat die Lichter vieler ihrer berühmtesten Sehenswürdigkeiten wie der Humboldt-Universität, des Deutschen Historischen Museums und des Brandenburger Tors in der Nacht ausgeschaltet.

In Ost- und Mitteleuropa ist der Strom am billigsten, wobei die Kiewer:innen am wenigsten zahlten, gefolgt von den Einwohner:innen in Belgrad, Budapest und Podgorica, der Hauptstadt Montenegros.

In Prag und Tallinn liegen die Preise über dem Durchschnitt in der Region.

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Auch in diesem Teil des Berichts wurden die einzelnen Länder betrachtet und die wichtigsten Veränderungen im letzten Monat hervorgehoben.

Die drei Hauptstädte mit dem größten Preisanstieg waren Dublin (44 %), Rom (30 %) und Wien (24 %).

In der irischen Hauptstadt wurde in dem Bericht ein "bemerkenswerter Preisanstieg" festgestellt, der durch "noch nie dagewesene, kontinuierlich steigende Großhandelspreise, insbesondere für Gas" verursacht wurde.

Erdgas liefert etwa ein Drittel der irischen Energie, was bedeutet, dass das Land anfällig für Preisschocks ist.

Die von den Einwohner:innen dieser Städte gezahlten Preise erreichten Rekordhöhen, ebenso wie in Berlin, Kopenhagen, Brüssel, Athen und Prag.

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Der Bericht stellt jedoch fest, dass die Strompreise für private Haushalte im Oktober zwar weiter gestiegen sind, dies aber in einem viel geringeren Umfang als in den Vormonaten.

Die Strompreise sanken in Riga (29 %), Tallinn (22 %), Oslo (10 %), Madrid (9 %), Helsinki (6 %), Zagreb (3 %) und Paris (2 %).

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