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Osteuropäische EU-Länder drängen auf Verlängerung des Importverbots für ukrainisches Getreide

Die Ukraine ist einer der weltweit größten Erzeuger von Weizen und Mais, von denen Dutzende von armen Ländern abhängen.
Die Ukraine ist einer der weltweit größten Erzeuger von Weizen und Mais, von denen Dutzende von armen Ländern abhängen. Copyright Efrem Lukatsky/Copyright 2022 The AP. All rights reserved
Copyright Efrem Lukatsky/Copyright 2022 The AP. All rights reserved
Von Jorge Liboreiro
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Die immer wieder aufflammende Kontroverse über die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide in die Europäische Union steht erneut auf der Tagesordnung, so auch auf dem Gipfel der Agrarminister:innen in Brüssel.

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Polen, Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien haben gemeinsam gefordert, die vorübergehenden Verbote für ukrainisches Getreide bis zum Jahresende zu verlängern. Brüssel hingegen bestand bisher darauf, die Maßnahmen zum 15. September endgültig auslaufen zu lassen.

Im Rahmen der Verbote dürfen Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne aus der Ukraine durch die fünf osteuropäischen Länder transportiert werden, aber nicht für den Inlandsverbrauch oder zur Lagerung auf den Märkten dieser Länder verbleiben. Insofern handelt es sich um eine Nur-Transit-Vorschrift.

Nach Ansicht der osteuropäischen Länder sollte die Liste der betroffenen Produkte "offen bleiben" und möglicherweise auch andere Waren als Getreide und Ölsaaten umfassen, was die Europäische Kommission zuvor ausgeschlossen hatte.

"Sollte die Präventivmaßnahme nicht verlängert werden, wird dies in den Frontstaaten tiefgreifende Auswirkungen auf die Preise und die Lagerkapazitäten haben, die für die Getreideernte unerlässlich sind", schreiben die Länder in einem gemeinsamen Dokument.

EU-Importe in Tonnen aus der Ukraine seit Einführung der Zollfreiheit (Mais, Weizen, Gerste)

Getreide-Gipfel in Brüssel

Die Idee wurde am Dienstag während eines Treffens der EU-Agrar- und Fischereiminister in Brüssel erörtert, bei dem unterschiedliche Ansichten offensichtlich wurden.

"Die Einfuhren aus der Ukraine haben zu einem Verfall der Getreide- und Ölsaatenpreise geführt und damit den rumänischen Landwirten große Verluste beschert, die sich in der sehr schwierigen Lage befinden, ihre Erzeugnisse zu Preisen zu verkaufen, die unter den Produktionskosten liegen", sagte Florin-Ionuț Barbu, Rumäniens Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

"Leider ist die gewährte Unterstützung im Vergleich zu den Verlusten der Erzeuger weiterhin gering und löst die schwierige Situation nur teilweise", so der Minister. 

Frankreich warnt vor Alleingängen

Sein französischer Amtskollege Marc Fesneau warnte vor "Alleingängen" und betonte die Notwendigkeit, gemeinsam zu handeln, um "intelligente Lösungen" auf der Grundlage von Wirtschaftsdaten zu finden. Frankreich gehört zu den Ländern, die ihren Unmut über die Nur-Transit-Verbote und deren Auswirkungen auf den Binnenmarkt geäußert haben.

"Wir werden das Thema alle drei Monate wieder aufgreifen. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn die Kommission eine eher mittelfristige Strategie verfolgen würde", sagte Fesneau im Vorfeld des Treffens in Brüssel: "Wir können nicht einfach mit den Krisen mitgehen, wenn sie entstehen."

Vorschlag aus Litauen

Unterdessen hat Litauen seinen eigenen Vorschlag vorgestellt: einen Plan zur Stärkung der Ostseeroute durch die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren an der polnisch-ukrainischen Grenze und die direkte Zollabfertigung im Hafen von Klaipėda, um Zeit zu sparen und die Frachtkapazität zu erhöhen.

"Die baltische Infrastruktur kann zu einer praktikablen und zuverlässigen Transitroute für ukrainische Produkte werden. Die baltischen Seehäfen verfügen über eine große Umschlagskapazität für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die allein bei Getreide 25 Millionen Tonnen pro Jahr beträgt", so die litauische Regierung in einem Schreiben an die Europäische Kommission.

Am Ende des Treffens am Dienstag brachte Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, seine Unterstützung für den litauischen Vorschlag zum Ausdruck und erklärte, dass zusätzliche Mittel erforderlich seien, um ihn umzusetzen. Zur Frage des ukrainischen Getreides sagte Wojciechowski, dass die Exekutive bis Mitte September eine Marktanalyse vorlegen werde, in der auch Geflügel und Obst untersucht werden könnten, zwei Produkte, über die Polen besorgt ist.

"Es gibt unterschiedliche Positionen, aber man ist sich einig, wie ernst die Lage ist", sagte Wojciechowski.

Getreide unter Beschuss

Die neue Debatte war durch die Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgelöst worden. Er hatte sich in der vergangenen Woche aus dem Abkommen zum Schwarzmeerkorridor, also zum Transport von Getreide über das Meer, zurückgezogen und eine brutale Abfolge von Angriffen gegen ukrainische Getreideterminals und Seehäfen veranlasst.

Im vergangenen Jahr hatte das Schwarzmeerabkommen, eine von den Vereinten Nationen und der Türkei unterstützte Initiative, den Transport von 33 Millionen Tonnen Getreide und Lebensmitteln aus der Ukraine in Länder auf der ganzen Welt ermöglicht, darunter Länder wie Bangladesch, Ägypten, Tunesien, Libyen, Äthiopien, Jemen, Afghanistan und Sudan.

Der plötzliche Zusammenbruch dieser Handelsroute, deren Funktionieren angesichts der Spekulationen über einen Rückzug Moskaus immer fraglicher geworden war, hat die globalen Versorgungsketten erneut durcheinander gebracht und die Rohstoffpreise weiter in die Höhe getrieben.

"Wir sind sehr besorgt über diese Situation, aber wir sind nicht überrascht. Es ist nicht das erste Mal, dass Russland Lebensmittel als Waffe einsetzt", sagte Wojciechowski.

Die russischen Angriffe haben auch die Aufmerksamkeit auf die so genannten "Solidaritätswege" der EU gelenkt, also auf die Land- und Flusspassagen, die die EU eingerichtet hat, um Kiew in Kriegszeiten beim Transport seiner Getreidelieferungen zu unterstützen. Die Initiative wurde durch eine besondere Handelsregelung gefördert, die eine breite Palette ukrainischer Exporte von Zöllen und Abgaben befreite.

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Den von der Europäischen Kommission veröffentlichten Daten zufolge haben die "Solidaritätswege" bisher den Transport von 41 Millionen Tonnen Lebensmitteln und 36 Millionen Tonnen nichtlandwirtschaftlicher Erzeugnisse ermöglicht.

Ukrainischer Weizen als Problem für Polen, Ungarn und andere

Die Einfuhr von preiswertem ukrainischem Getreide hat jedoch in Polen, Ungarn, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien zu wütenden Reaktionen geführt: Die Regierungen beklagen, dass der Import die Lager gefüllt, die Preise für die örtlichen Landwirte gedrückt und ihre Binnenmärkte verzerrt habe.

Angesichts der drohenden unkoordinierten nationalen Beschränkungen hat die Europäische Kommission in aller Eile ein Abkommen ausgehandelt, das "außergewöhnliche und vorübergehende Präventivmaßnahmen" für vier ukrainische Kulturen vorsah: Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne, die als die am stärksten beeinträchtigenden Erzeugnisse gelten.

Seit Mai dürfen diese Erzeugnisse nur noch im Transit durch die fünf östlichen Länder befördert werden. Sie dürfen weder auf deren Gebiet gelagert noch für den Inlandsverbrauch gekauft werden. Stattdessen werden sie direkt in andere Mitgliedstaaten wie Spanien, Italien und die Niederlande oder in Entwicklungsländer auf der ganzen Welt verschifft.

Anfang Juni beschloss die Europäische Kommission, das Verbot bis zum 15. September zu verlängern und warnte vor einem endgültigen Ausstieg.

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Die Verlängerung wurde trotz der Einwände der Behörden in Kiew, einschließlich derer des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj selbst, und trotz der "ernsten Bedenken", die Deutschland, Frankreich und zehn weitere Mitgliedstaaten in einem gemeinsamen Schreiben geäußert hatten, genehmigt.

"Heute haben wir dieses vorübergehende Verbot, das notwendig ist, weil die Landwirte in den angrenzenden Länern dies sonst nicht überlebt hätten", sagte Wojciechowski, "hoffen wir, dass wir eine Lösung finden und der Schwarzmeerkorridor wieder frei wird."

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