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Umstrittene Geschlechterpolitik: Junge Frauen wählen die Linken, junge Männer die Rechten

Viele jungen Frauen wählen die linken Parteien, weil sie der Meinung sind, dass diese sich für ihre Rechte einsetzen.
Viele jungen Frauen wählen die linken Parteien, weil sie der Meinung sind, dass diese sich für ihre Rechte einsetzen. Copyright  Arturo Rodriguez/AP2011
Copyright Arturo Rodriguez/AP2011
Von Heilika Leinus & Jaime Velázquez
Zuerst veröffentlicht am
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Im Vorfeld der Europawahl ist die politische Spaltung unter den Jugendlichen nicht mehr nur ideologischer Natur. Die jungen Menschen wählen zunehmend diejenigen Parteien, deren Ansichten mit ihren Vorstellungen über die Rolle der Männer und Frauen in der Gesellschaft übereinstimmen.

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Am 9. Jini geht auch die spanische Jugend geht zur Wahlurne, um ihre Stimme bei der Europawahl abzugeben. Dabei unterscheiden sich die politischen Ansichten junger Männer und Frauen immer mehr voneinander. Die Geschlechterpolitik spielt bei ihrer politischen Orientierung eine bedeutende Rolle.

Bera Villavicencio, Edurne Prado und Haiby Edith Rivas sind drei junge Aktivistinnen der feministischen Vereinigung Pan y Rosas, einer Gruppe, die sich für sozialistische und feministische Anliegen einsetzt. Sie vertreten auch einen wachsenden Trend: Laut dem spanischen Nationalen Zentrum für Soziologische Forschung bezeichnen sich in Spanien 40 Prozent der Frauen unter 24 Jahren als links oder linksextrem.

"Wir kommen aus einer Reihe von Kämpfen, bei denen junge Menschen an vorderster Front stehen", erklärt Bera Villavicencio (23) auf dem Campus der Universität Complutense Madrid. "Zum Beispiel gegen die Klimakrise. Wir sind diejenigen, die gesagt haben, dass es keinen Planeten B gibt, und viele von uns haben angefangen, sich durch den Feminismus zu politisieren."

Haiby Edith Rivas (links), Bera Villavicencio (in der Mitte) und Edurne Prado (rechts) wählen links.
Haiby Edith Rivas (links), Bera Villavicencio (in der Mitte) und Edurne Prado (rechts) wählen links. Euronews / Jaime Velazquez

Haiby Rivas (19) glaubt, dass junge Frauen als Reaktion auf den Aufstieg der extrem Rechten die linken Parteien wählen "Die extrem Rechten dringen zunehmend in bestimmte Bereiche ein, mit einem äußerst reaktionären Diskurs, der die Rechte von Frauen, Migranten, der LGBT-Gemeinschaft und anderen in Frage stellt", sagt sie.

Junge Männer wählen zunehmend rechts

Während sich junge Frauen zunehmend für linke Parteien entscheiden, sympatisieren sich die jungen Männer eher mit den rechten. Obwohl die Männer insgesamt der politischen Mitte näher stehen als die Frauen, identifizieren sich 30 Prozent der jungen Männer in Spanien mit Rechten und extrem Rechten.

Zu den Vertretern dieses Wandels gehört Diego Yáñez, Vorsitzender der konservativen Studentenvereinigung Libertad sin Ira. Er ist der Meinung, dass die Rechten die traditionell männlichen Werte wie Familie und Patriotismus besser vertreten und dass die linke Geschlechterpolitik nicht auf Gleichberechtigung, sondern auf Wahlerfolge abzielt.

"Radikaler Feminismus bedeutet viel mehr als das Eintreten für die Rechte der Frauen", betont er. "Es geht darum, Männer zu dämonisieren und sie als Kriminelle zu behandeln. Das hat viele junge Menschen dazu gebracht, ihre Positionen zu überdenken und sich für eine konservativere Haltung zu entscheiden."

 Diego Yáñez glaubt, dass die rechten Parteien die Werte der Männer besser vertreten.
Diego Yáñez glaubt, dass die rechten Parteien die Werte der Männer besser vertreten. Euronews / Jaime Velázquez

Diese geschlechtsspezifische politische Kluft gibt es nicht nur in Spanien. Einer in den USA durchgeführte Umfrage zufolge ist die ideologische Kluft zwischen jungen männlichen und weiblichen Wählern in den letzten drei Jahren um zehn Prozentpunkte gewachsen. In einer ähnlichen Umfrage im Vereinigten Königreich wurde dieser Unterschied auf 25 Prozentpunkte beziffert, schrieb Financial Times.

"Es stimmt, dass wir Zeugen eines politischen Kampfes sind, in dem das Geschlecht zu einem verbindenden Element von Konflikten geworden ist, die früher durch andere Variablen angegangen werden konnten", sagt Alfredo Ramos, Experte für Männlichkeitsstudienmeint.

Linke Parteien sprechen Männer nicht an

Während die linken Parteien immer mehr auf Feminismus setzen, sprechen rechtspopulistische Parteien zunehmend junge Männer an, die sich in ihren Privilegien bedroht fühlen. Modernere Auffassungen der Männlichkeit werden dabei kaum verbreitet.      

"Dafür gibt es nur sehr wenige Beispiele. Wenn wir sie mit Beispielen in den sozialen Medien vergleichen, die sich mit einer konservativen Auffassung der Männlichkeit befassen, wird eine andere Art von Männlichkeit, bei denen sich junge Männer angesprochen fühlen können, sehr selten vorgeschlagen", erklärt Ramos. Die linken Parteien würden dises Thema so gut wie gar nicht ansprechen.

Die linken Parteien haben die feministische Debatte auf die Fragen der männlichen Privilegien konzentriert. Nach Ansicht von Ramos könnte dies einer der Hauptgründe dafür sein, dass die progressiven Parteien einen Teil der männlichen Wählerschaft verlieren.

"Das Reden über Privilegien ist etwas, das die männliche Erfahrung homogenisiert, als ob alle Männer die gleichen Privilegien auf die gleiche Weise erfahren würden. Das hindert Männer, die auch in anderen Bereichen des Lebens Nachteile erfahren können, daran, sich mit dem Diskurs über die Gleichstellung der Geschlechter zu identifizieren", sagt Ramos.

"Wenn du gewinnen willst, muss jemand verlieren"

Die Meinungsunterschiede der jungen Frauen und Männer könnten tiefgreifende Folgen für die Politik haben. Dabei wird häufig nicht genug darauf geachtet, dass die Männer und Frauen in Spanien und Europa auch künftig miteinander zurechtkommen und zusammenarbeiten müssen, um gemeinsame Ziele zu erreichen.  

"Uns wird gesagt, wenn du gewinnen willst, muss jemand verlieren. Diese Dynamik ist für niemanden von Vorteil. Sie mag zu einem bestimmten Zeitpunkt politische Vorteile bringen, aber sie sind wirklich kurzsichtig", betont Ramos.

Auf dem Rasen des Universitätsgeländes sitzend, sind sich Bera Villavicencio, Edurne Prado und Haiby Edith Rivas darüber im Klaren, welche für wen sie ihre Stimme am 9. Juni abgeben werden. Rivas will für eine kleine linke Partei stimmen, die den Namen "Revolutionäre Arbeiterbewegung" (Corriente Revolucionaria de los Trabajadores) trägt.

Auch ihre Freundinnen werden sich für extrem linke Parteien entscheiden. "Der Kapitalismus nutzt patriarchalische Vorurteile aus, um Frauen und 'weibliche' Berufe wie die im Pflegebereich unterzubewerten. Wir sind uns dessen sehr bewusst, und deshalb sind wir so sehr links orientiert", argumentiert diplomierte Krankenschwester Prado.

"Was wir jetzt fordern müssen, ist das Recht auf freiwilligen, legalen und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch in der EU, da es nicht in allen Ländern anerkannt ist oder nicht überall effektiv umgesetzt wird", fügt Villavicencio hinzu.

Im Gegensatz dazu wählen junge Männer wie Diego Yáñez konservativ, um sich gegen eine linke Agenda aufzulehnen. "Wir brauchen eine Politik, die auf die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen abzielt, und nicht einen radikalen Feminismus, der nur will, dass wir gegeneinander kämpfen und uns spalten", sagt er.

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