Gut drei Monate vor den vorgezogenen Wahlen betont Habeck die zentrale Rolle Deutschlands in Europa und zeigt sich offen für Koalitionsgespräche – doch seine Beliebtheitswerte sind angeschlagen.
Der deutsche Vizekanzler Robert Habeck sprach beim Web Summit in Lissabon über Wege in eine zukunftsorientierte Gesellschaft. Doch seine eigene politische Zukunft scheint ungewiss.
Mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen am 23. Februar 2025, die nach einer Einigung der beiden größten deutschen Parteien SPD und CDU vorgezogen wurden, wirbt Habeck für Zusammenarbeit. "Wir sollten uns nicht schämen, zusammenzuarbeiten", betonte der stellvertretende Bundeskanzler. "Es ist das Fundament der Demokratie, dass Menschen und Parteien zusammenkommen, Visionen teilen, Kompromisse finden und gemeinsam Fortschritte erzielen."
Habecks Partei, die Grünen, war Teil der sogenannten Ampelkoalition, die Ende 2021 gemeinsam mit SPD und FDP die Nachfolge der Merkel-Ära antrat. Doch ideologische Differenzen – insbesondere zwischen Grünen und Liberalen – erwiesen sich als unüberwindbar, und nach fast drei Jahren endete die Koalition.
Gut drei Monate vor den vorgezogenen Parlamentswahlen gibt Habeck an, er sei offen für Gespräche mit allen demokratischen Parteien, von links bis rechts, und bereit, gemeinsame Plattformen für Verständigung zu erkunden. „Alles ist möglich“, betont er.
Europa "vereinen" angesichts von Trump
Die Aussicht auf eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump hat die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bereits beeinträchtigt. Der designierte US-Präsident hat Zölle von 10 bis 20 Prozent auf Produkte aus der EU in Aussicht gestellt, was Habeck dazu veranlasste, darauf hinzuweisen, dass die USA auf den europäischen Binnenmarkt angewiesen sind. Habeck sieht schwierige Zeiten voraus und unterstreicht dabei die zentrale Rolle Deutschlands für den europäischen Zusammenhalt.
"Ohne Deutschland, die größte Volkswirtschaft Europas, funktioniert Europa nicht", erklärte er. "Diejenigen, die versuchen, das Bild Europas zu zerstören, versuchen, die Freiheit in Europa zu untergraben." Deutschlands Aufgabe sei es, Europa zu vereinen, um auf Bedrohungen dieser Art reagieren zu können.
Es wird erwartet, dass Habeck am kommenden Wochenende das interne Rennen um die Kanzlerkandidatur der Grünen gewinnt. Allerdings sind die Chancen, dass er die Regierung führen könnte, gering. Die durch Russlands Invasion in der Ukraine ausgelöste Energiekrise zwang ihn, von umweltpolitischen Grundsätzen abzuweichen und den Einsatz fossiler Brennstoffe zuzulassen. Dies, zusammen mit der wirtschaftlichen Flaute, hat seine Beliebtheitswerte sinken lassen.
In Umfragen, die derzeit von der CDU (32 Prozent) angeführt werden, liegen die Grünen zwischen 9 und 11 Prozent. Auch die SPD, die mit 16 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis verzeichnet, könnte nach der Wahl nur begrenzt bei einer Regierungsbildung unterstützen.