Neu veröffentlichte Daten der Nationalen Lotterie in Belgien zeigen, dass zwei verdächtige Lotterie-Konten, auf den Ex-EU-Kommissar Didier Reynders und seine Frau hinweisen. Es heißt, dass sie gemeinsam in einem Jahr fast 50.000 € für Lottoscheine ausgegeben haben.
Der ehemalige belgische Finanzminister und Ex-EU-Justizkommissar Didier Reynders wurde vergangene Woche von der Polizei wegen des Verdachts der Geldwäsche, vernommen. Ihm wird vorgeworfen, die Geldwäsche teilweise über die Nationallotterie abgewickelt zu haben.
Reynders hat die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe bestritten und erklärt, dass die Gelder aus seinem Privatvermögen stammten. Er sagte auch, er werde den Richter bei den Ermittlungen unterstützen.
Doch neue Informationen, die die belgischen Nationallotterie veröffentlichte und Euronews einsehen konnte, werfen ein neues Licht darauf, wie der mutmaßliche Betrug funktioniert haben könnte - oder eben auch nicht.
Geldwäsche über Lotteriegutscheine?
Reynders und seiner Frau wird vorgeworfen, E-Tickets gekauft und diese zur Geldwäsche genutzt zu haben. Diese E-Tickets sind in Belgien Lotteriegutscheine im Wert von bis zu 100 Euro, die in Geschäften gekauft werden können, bevor sie auf das Online-Konto eines Spielers eingezahlt werden. Die Gewinne können dann auf ein normales Bankkonto überwiesen werden.
Das erste Problem: E-Tickets sind kein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells der Lotterie, so dass die hohen Verkaufszahlen viel Aufmerksamkeit erregten. Im Jahr 2024 verkauften nur vier von 6.500 Verkaufsstellen mehr als 10.000 E-Tickets, wie die Nationallotterie mitteilte.
Die Lotterie befindet sich im gemeinsamen Besitz des belgischen Staates und des Staatsonds. Bei regelmäßigen Kontrollen im Jahr 2021 wurde festgestellt, dass eine einzige Verkaufsstelle eine große Anzahl Lose verkauft hatte. Weitere Untersuchungen ergaben, dass diese Verkäufe mit nur zwei Konten verbunden waren, die als politisch sensibel eingestuft wurden.
Über eine Million Menschen spielen in Belgien Lotto, bei 39 Konten klingelten allerdings die Alarmglocken, teilte die Lotterie mit: Diese 39 Konten zahlten mehr als 20.000 Euro pro Jahr ein.
Zwei Konten stachen dabei besonders hervor: Sie zahlten jeweils fast 25.000 Euro ein, zusätzlich dazu, wurden die Konten mit hochwerten E-Tickets aufgeladen, die ihre Gewinne größtenteils überwiesen, aber nicht neu investierten.
Diese beiden Konten, von denen man annimmt, dass sie Reynders und seiner Frau gehören, tauchen in einer bemerkenswerten Tabelle der Nationallotterie deutlich auf.
Die Staatsanwaltschaft wurde erstmals 2022 informiert
Die Nationallotterie sagte, dass sie, nachdem sie das verdächtige Verhalten bemerkt hatte, die Prüfergesellschaft KPMG mit einer weiteren Untersuchung beauftragte. Diese kam schließlich Anfang 2022 zu dem Schluss, dass das Risiko der Geldwäsche besteht - eine Sorge, die im März 2022 an die Staatsanwaltschaft gemeldet wurde.
Die Staatsanwaltschaft reagierte erst im August 2023 mit einem Ersuchen um weitere Informationen, so die Lotterie. In der Zwischenzeit gab es Bedenken, dass weitere Maßnahmen, wie das Einfrieren von Reynders' Konto, übermäßig Verdacht schüren würden.
Dass die Staatsanwälte bis zwei Tage nach dem Ende von Reynders' fünfjähriger Amtszeit in der Kommission gewartet haben, deutet darauf hin, dass sie befürchteten, Reynders könnte aufgrund seines Mandats seine rechtliche Immunität nutzen.
Die Brüsseler Generalstaatsanwaltschaft bestätigte gegenüber Euronews die Existenz des Falles, lehnte es aber ab, weitere Kommentare abzugeben.
Es ist auch nicht bekannt, wo die Polizei die Quelle der mutmaßlich illegalen Gelder sieht. Belgischen Medien zufolge handelt es sich dabei mittlerweile um einen Wert von bis zu eine Million Euro, wovon etwa 20 Prozent durch die Lotterie reingewaschen worden sein sollen.
Reynders hatten über seinen Anwalt erklärt, die Gelder stammten aus seinem "Privatvermögen" und stünden in keinem Zusammenhang mit seinen politischen Pflichten.
Frühere Vorwürfe stritt Reynders bereits ab
Bereits frühere Vorwürfen, er habe als belgischer Minister Bestechungsgelder angenommen, nannte Reynders "bösartige Angriffe". Sie sollten ihn seiner Aussage nach, daran hindern, EU-Kommissar zu werden. Diese Vorwürfe wurden von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt.
Kasinos sind dafür bekannt, dass sie aufgrund des hohen Bargeldverbrauchs und der relativen Anonymität Geldwäscher anziehen. Lotterien hingegen werden im Allgemeinen als weniger problematisch angesehen.
Die Nationallotterie selbst verweist auf relativ niedrige Auszahlungsquoten und strenge Einzahlungskontrollen als Beweis dafür, dass sie für potenzielle Kriminelle nicht interessant sind.
Der Rat von Euronews ist einfach: Waschen Sie kein Geld, und wenn Sie es doch tun, tun Sie es auf keinen Fall mit Hilfe der Nationallotterie.