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Der Musk-Effekt: Könnte der X-Besitzer die Bundestagswahl beeinflussen?

DATEI - Ein Teil der Twitter-Seite von Elon Musk ist auf dem Bildschirm eines Computers in Sausalito, Kalifornien, am Montag, 25. April 2022, zu sehen.
DATEI - Ein Teil der Twitter-Seite von Elon Musk ist auf dem Bildschirm eines Computers in Sausalito, Kalifornien, am Montag, 25. April 2022, zu sehen. Copyright  AP Photo
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Von Tamsin Paternoster & Liv Stroud
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Die Kommentare des Tech-Milliardärs haben die deutsche Regierung dazu veranlasst, ihn der "Einmischung" in die bevorstehenden Wahlen zu beschuldigen. Bislang ist noch unklar, ob seine Bemühungen einen wesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben werden.

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Schon kurz vor Weihnachten sorgte der in Südafrika geborene Tech-Milliardär Elon Musk für Aufregung, als er erklärte, dass "nur die AfD Deutschland retten" könne - und das passend kurz vor Beginn des Wahlkampfs für die vorgezogene Bundestagswahl im Februar.

Trotz der Entrüstung deutscher Politiker bekräftigte Musk seine Unterstützung für die Rechtspopulisten dann noch einmal mit einem umstrittenen Gast-Kommentar in der Welt am Sonntag, und nun mit seinem Live-Gespräch auf seiner eigenen Plattform X mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel.

Kritiker warnen vor der Normalisierung einer Partei, die selbst unter Europas rechten Gruppen im Europaparlament als "zu extrem" für eine Zusammenarbeit gilt. Andere bezweifeln, dass sich Musks Beiträge bei der Wahl in Deutschland am 23. Februar in mehr Stimmen für die AfD niederschlagen.

Alice Weidel bereitet sich auf das Live-X-Interview mit dem US-Milliardär Elon Musk in ihrem Büro im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin vor, Donnerstag, 9. Januar 2025
Alice Weidel bereitet sich auf das Live-X-Interview mit dem US-Milliardär Elon Musk in ihrem Büro im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin vor, Donnerstag, 9. Januar 2025 Kay Nietfeld/(c) dpa-POOL

Eine aktuelle Forsa-Umfrage ergab, dass die AfD zwar um die 20 Prozent der Wählerstimmen erhalten könnte, die Wahlabsicht aber seit einem Jahr konstant ist.

Die etablierten Parteien meiden die AfD seit jeher aufgrund der extremen Ansichten vieler ihrer Mitglieder und deren Verbindungen zu Neonazi-Organisationen und der offiziellen Einstufung der AfD als "rechtsextremen Verdachtsfall" durch den Verfassungsschutz.

Darf Musk für die AfD werben?

Musks Meinungsmache provozierte viele Gegenreaktionen, einschließlich der von Bundeskanzler Olaf Scholz, der gegenüber dem Stern sagte: „Füttern Sie nicht den Troll“, nachdem Musk ihn persönlich beleidigt hatte. Die Regierung erklärte zudem, Musks Kommentare könnten als "Wahlbeeinflussung" gewertet werden.

Solange Musks Äußerungen keine Beleidigungen, Verleumdungen oder Aufrufe zum Hass enthalten, ist er durch die Meinungsfreiheit geschützt. Die Lage wird aber komplizierter, wenn Musk oder sein Unternehmen X aktiv für die AfD wirbt. Viele politische Beobachter argwöhnen, dass sein Live-Talk bereits als illegale Parteispende gewertet werden könnte, so auch Aurel Eschmann von der NGO LobbyControl:

"Es ist nicht das Interview selbst, das als illegale Parteispende gelten würde – sonst wären viele Medienformate ebenfalls Parteispenden. Entscheidend ist die Reichweite, die die Plattform bietet, insbesondere durch die Möglichkeit, Beiträge gezielt zu boosten", erklärte Eschmann gegenüber Euronews.

"Musk ist nicht nur ein Nutzer mit vielen Followern auf X, sondern der Eigentümer der Plattform. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass seine Beiträge künstlich an Reichweite gewinnen – auch bei Nutzern, die ihm nicht folgen."

Daten der Bundesdatenschau, einem Team von Datenwissenschaftlern, zeigen, dass Weidels Beiträge in den letzten zwei Wochen durchschnittlich 1 Million Impressionen erzielt haben – ein drastischer Anstieg im Vergleich zu ihrem durchschnittlichen Wert der letzten zwölf Monate von unter 200.000.

Sollte Musks Live-Space für die AfD nach deutschem Recht als illegale Parteispende eingestuft werden, wäre der Bundestag laut Eschmann verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten.

Auch eine absichtliche Manipulation des Algorithmus, um die Beiträge der AfD zu bevorzugen, könnte als Werbung für die Partei gewertet werden. Musk hat jedoch wiederholt bestritten, dass der Algorithmus so manipuliert wird, dass von ihm bevorzugte Inhalte gefördert werden.

Eine Studie der Queensland University of Technology zeigt allerdings, dass Musks eigene Beiträge während der US-Wahl einen plötzlichen Anstieg von Aufrufen und Engagement verzeichneten.

Europäische Politiker prüfen derzeit die Rechtmäßigkeit von Musks Aktivitäten auf der Plattform. Im Zuge dieser Bewertung wurde sein Gespräch mit Weidel auf X in eine laufende Untersuchung der Europäischen Kommission einbezogen, die klären soll, ob die Diskussion gegen das EU-Gesetz über digitale Dienste verstößt.

Könnte Musk eine finanzielle Spende an die AfD leisten?

Musk hat über sein Super Political Action Committee (PAC) Millionen in den Wahlkampf des designierten US-Präsidenten Donald Trump investiert. Im deutschen Recht hingegen sind finanzielle Spenden an Parteien von außerhalb der EU auf 1.000 Euro begrenzt, wie ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber Euronews bestätigte.

Zusätzlich müssen Einzelspenden von über 50.000 Euro in Deutschland beim Präsidenten des Bundestags gemeldet werden. Hohe Wahlkampfspenden wie in den USA sind in Deutschland selten: Die AfD hat bislang keine Spende über 35.000 Euro offiziell erhalten.

Sollte Musk dennoch die AfD finanziell unterstützen wollen, könnte er laut Aurel Eschmann von Lobby Control ein Schlupfloch nutzen. Beispielsweise könnte er an eine Vereinigung oder einen Verein spenden, der berechtigt ist, Gelder zu sammeln und diese direkt oder über Werbung an politische Parteien weiterzuleiten.

"Es gibt intransparente Vereinsstrukturen, die Musk nutzen könnte. Auch Tesla Deutschland wäre eine mögliche Option. Man müsste genauer prüfen, ob das ausgeschlossen werden kann. Das zeigt, dass das deutsche System für diese Art der Einflussnahme nicht ausgelegt ist", so Eschmann.

Die AfD selbst wurde in der Vergangenheit beschuldigt, zwielichtige Finanzierungswege zu nutzen. Zwischen 2016 und 2018 soll sie von einer illegalen 6-Millionen-Euro-Werbekampagne über eine Schweizer Briefkastenfirma profitiert haben, die unter anderem mehrere tausend Plakate finanzierte.

Könnte er die Wähler beeinflussen?

Musk hat 211,4 Millionen Follower auf X und die Möglichkeit, weltweit Einfluss zu nehmen. Experten vermuten, dass er online Wähler ansprechen könnte, die mit der derzeitigen deutschen Regierung unzufrieden sind, doch eine abschließende Beurteilung ist noch zu früh.

"Musk könnte Einfluss haben, weil es in Deutschland eine allgemeine Unzufriedenheit mit der mangelnden Digitalisierung, Bürokratie und der Wirtschaftskrise gibt", erklärt Philipp David Darius, Postdoktorand am Centre for Digital Governance. "Er könnte vor allem die Legitimation der AfD bei liberaleren Wählern beeinflussen, die in ihm vielleicht ein unternehmerisches Charisma sehen."

Laut Darius ist jedoch Musks Einfluss auf Tech-Unternehmer wie Mark Zuckerberg wichtiger. Zuckerberg kündigte kürzlich an, die Faktenprüfung auf seinen Meta-Plattformen zugunsten eines Community-Notizen-Systems, wie es bei X praktiziert wird, zu verringern.

Eine ARD-Studie von 2023 zeigte, dass nur 8 Prozent der Deutschen X täglich nutzen, während Instagram (35 Prozent) und Facebook (33 Prozent) bevorzugt werden, die beide zu Meta gehören.

"Weniger Inhaltsmoderation auf X und anderen Plattformen könnte Auswirkungen darauf haben, welche Inhalte Wählern angezeigt werden. Auch die Verbreitung von Fehlinformationen und negativen Inhalten über konkurrierende Parteien wie die Grünen könnte ihre Wählerstimmen beeinflussen, selbst wenn die AfD dadurch nicht unbedingt mehr Stimmen erhält", so Darius.

Jüngste Umfragen deuten jedoch nicht darauf hin, dass Musk der AfD einen signifikanten Zustrom an Wählern verschafft hat.

"Es ist sehr schwierig, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Lesen von Inhalten online und einer Veränderung der Meinung herzustellen", erklärt Matthias Kettemann vom Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft. "Die AfD-Wähler brauchen Musk wahrscheinlich nicht, um die Gültigkeit ihrer Meinungen zu bestätigen, aber es schadet sicherlich nicht, wenn er sie unterstützt."

Kettemann zufolge hat die Veröffentlichung des Gastbeitrags von Musk in der Welt und die darauf folgenden Konsequenzen weitreichendere Auswirkungen auf den politischen Diskurs. "Ich denke, Musks Handlungen tragen zur Polarisierung des politischen Diskurses bei", ergänzt er.

"Die Tatsache, dass Musk versucht, den politischen Prozess zu beeinflussen, führt schon alleine dazu, dass wir nicht darauf vertrauen können, wie X Inhalte rund um die Wahl reguliert", so Kettemann gegenüber Euronews.

Musk rechtfertigt seine Online-Kommentare oft als Ausdruck der freien Meinungsäußerung. Kettemann wies jedoch darauf hin, dass es Unterschiede im Verständnis des Rechts auf freie Meinungsäußerung zwischen den USA und Europa gibt, wobei das europäische Recht als "Meinungsfreiheit" bezeichnet wird.

"Die Europäische Menschenrechtskonvention gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, doch dieses Recht kann durch Gesetze eingeschränkt werden, die dem Schutz anderer gesellschaftlicher Werte dienen, wie etwa der Rechte anderer, der öffentlichen Gesundheit oder der Demokratie", erklärt Kettemann.

"Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber dieses Recht kommt auch mit Verantwortung – besonders, wenn man eine so mächtige Position innehat."

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