Heute fand die Aussprache und Abstimmung über die Migrationspläne der CDU im Bundestag statt. Spiegel-Berichten zufolge wurde der Antrag des "Fünf-Punkte-Plans" der Union mit Stimmen der AfD angenommen.
Der "Fünf-Punkte-Plan" der CDU/CSU wurde mit 348 Ja-Stimmen, 345 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen angenommen. Der Spiegel berichtet, der Antrag wurde mit Stimmen der AfD angenommen. Auf die Verkündung der Abstimmungsergebnisse folgte laut Spiegel lauter Jubel aus der AfD-Fraktion.
Der zweite Entschließungsantrag zum Thema innere Sicherheit wurde allerdings vom Bundestag mit 509 Nein-Stimmen abgelehnt. Es wurde namentlich abgestimmt.
Auf die mit AfD-Stimmen erreichte Mehrheit reagierten mehrere Parteien. Die SPD forderte eine Sitzungsunterbrechung. Die Partei reagierte auf X entsprechend:
Die Annahme des Entschließungsantrags, des sogenannten "Fünf-Punkte-Plans" hat vorerst appellativen Charakter. Am Freitag soll dann über das "Zustrombegrenzungsgesetz" im Bundestag abgestimmt werden. Das Gesetz wurde bereits im September in erster Linie behandelt.
Es umfasst drei wesentliche Punkte: Erstens soll im Aufenthaltsgesetz die Begrenzung der Migration als Ziel verankert werden. Zweitens ist vorgesehen, den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige zu stoppen. Drittens soll die Bundespolizei die Befugnis erhalten, eigenständig Haft oder Gewahrsam für ausreisepflichtige Personen zu beantragen.
Zuvor: Gegenseitige Vorwürfe bei Aussprache
Zuvor lieferten sich die verschiedenen Parteien einen Schlagabtausch verschiedener Vorwürfe.
In seiner Aussprache zur Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Thema Migration hat sich CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz verteidigt. Er sagte, es müssen nach den jüngsten Anschlägen in Deutschland endlich Taten auf Wort folgen. Statt Anteilnahme müssten "jetzt endlich wirksame Entscheidungen gegen den Zustrom illegaler Flüchtlinge nach Deutschland und gegen den illegalen Aufenthalt der Flüchtlinge in Deutschland getroffen werden", sagte Merz weiter.
Er verteidigte auch eine mögliche Zustimmung der AfD. Die rechtspopulistische Partei hatte zuvor angekündigt, den Unions-Anträgen zuzustimmen. "Ja, es kann sein, dass die AfD hier im Deutschen Bundestag am Freitag erstmalig die Mehrheit für ein notwendiges Gesetz ermöglicht", sagte Merz in seiner heutigen Rede im Bundestag. Der Gedanke an Bilder von "jubelnden und feixenden AfD-Abgeordneten" bereite Merz zwar Unbehagen, er begründete seine Anträge weiter damit, dass er es mit seinem Gewissen "einfach nicht mehr vereinbaren", hier untätig zu bleiben. Weiter warf er den Grünen und der SPD vor, dass sie Schuld seien, sollte das Gesetz mithilfe der AfD am Freitag beschlossen werden.
Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung den Oppositionsführer Friedrich Merz scharf angegriffen. Dieser arbeite an "verfassungswidrige Scheinlösungen". Später als Antwort auf Merz meldete sich auch der Grünen-Kanzlerkandidat und derzeitige Wirtschaftsminister Robert Habeck zu Wort und appellierte an Union und FDP, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Das hieße, mit "Rassisten" gemeinsame Sache zu machen, sagte Habeck am Mittwoch im Bundestag. Und wenn es einmal passiere, könne dies auch bei weiteren Fragen passieren, warnte Habeck.
FDP-Chef Christian Lindner empfahl der SPD "mehr Realpolitik" im Thema Asyl und Migration nach dem Beispiel Dänemark. "Migration spaltet die Gesellschaft nicht mehr, und die Rechten sind dort, wo sie hingehören, nämlich ganz am Rand."
AfD-Vorsitzende und erstmalige Kanzlerkandidatin Alice Weidel kritisierte Merz scharf. Sie warf dem CDU-Chef "erbärmliches Demokratieverständnis" vor, weil er weiter an der sogenannten Brandmauer festhielte, auf die sich die demokratischen Parteien einigten, um keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen.
Worum geht es?
Die CDU/CSU-Fraktion hat heute zwei Anträge zu Migrationsfragen in den Bundestag eingebracht. Merz will das Asylrecht sofort ändern und nicht mehr bis zur Bundestagswahl am 23. Februar warten. Heute soll der Bundestag auch noch über die zwei eingebrachten Anträge abstimmen. Die CDU riskiert, dass die Anträge mit Stimmen der AfD angenommen werden - was ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte wäre.
Im ersten Antrag geht es um Merz' "Fünf-Punkte-Plan", um die Migrationsgesetze zu verschärfen, unter anderem sollen die deutschen Grenzen geschlossen werden und alle mit ungültigen Papieren an den Grenzen abgewiesen werden, außerdem soll mehr abgeschoben werden. Im zweiten Antrag soll es um den "Politikwechsel bei der inneren Sicherheit" gehen. Hier geht es um 27 Forderungen, die unter anderem die Befugnisse der Sicherheitsbehörden ausweiten sollen. Zudem geht es um ein Ende des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Scholz: Gesetze müssen konsequent angewandt werden
Kanzler Scholz räumte in seiner Regierungserklärung ein, dass in Deutschland ein Mangel bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen illegale oder straffällige Migranten besteht. Er betonte jedoch, dass die Verantwortung für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber sowie den Schutz vor psychisch kranken Straftätern bei den Bundesländern liege.
Besonders Bayern kritisierte er in diesem Zusammenhang erneut und bezeichnete die Reaktion des Bundeslandes auf den Vorfall in Aschaffenburg als "irritierend". Scholz erklärte, dass die Angriffe der vergangenen zwei Monate durch die bestehenden Gesetze hätten verhindert werden können und forderte, dass diese Gesetze überall konsequent angewendet werden.
Merz, der auch Kanzlerkandidat der Christlich-Demokratischen Union (CDU) für die kommende Wahl ist, wurde beschuldigt, von seiner Position abzurücken, nicht mit der Rechtsaußenpartei zusammenzuarbeiten und die sogenannte "Brandmauer" gegen sie zu durchbrechen, um die Maßnahmen zu verabschieden.
Sein Plan sieht eine Überarbeitung des Asylrechts und eine drastische Erhöhung der Zahl der Abschiebungen aus dem Land vor.
Unter anderem hat er vorgeschlagen, die Grenzen Deutschlands sofort und dauerhaft zu kontrollieren und alle Versuche der irregulären Einreise ins Land zurückzuweisen - eine Maßnahme, vor der die Oppositionsparteien gewarnt haben, dass sie nicht mit dem europäischen Asylrecht vereinbar ist.
Merz verschärfte seine Position nach einem Messerangriff in der bayerischen Stadt Aschaffenburg in der vergangenen Woche, bei dem zwei Menschen von einem Asylbewerber aus Afghanistan, der abgeschoben werden sollte, getötet wurden.
Der Angriff hat die Themen innere Sicherheit und Zuwanderung im Vorfeld der Bundestagswahl am 23. Februar ins Rampenlicht gerückt.
Merz hofft, dass andere Parteien zustimmen
Die erste Lesung der Gesetzesänderung ist für Mittwochnachmittag geplant. Bei einem Erfolg würde die CDU darauf drängen, dass das Gesetz noch in dieser Woche im Parlament beschlossen wird.
Da Merz und seine Partei eine Zweidrittelmehrheit benötigen, um das Gesetz im Parlament durchzubringen, hat er die Möglichkeit offen gelassen, dass alle interessierten Parteien das Gesetz durchsetzen, auch die AfD.
Dies hat Kritik aus allen Teilen des politischen Spektrums hervorgerufen, einschließlich einer Warnung von Bundeskanzler Olaf Scholz am vergangenen Freitag, dass "die Brandmauer gegen die AfD nicht bröckeln darf".
Außerdem haben sich sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche in Deutschland in die Kontroverse eingemischt und am Mittwoch eine seltene gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie davor warnten, dass das Anlehnen an die Stimmen der AfD "der deutschen Demokratie massiven Schaden zufügen" könnte.
Merz hat versucht, die Kritik zu entschärfen, dass er mit der extremen Rechten zusammenarbeitet. Er betonte, dass er nach "anderen Mehrheiten im Parlament" suche und dass er hoffe, dass Scholz' Sozialdemokratische Partei (SPD) und die Grünen "zur Vernunft kommen" würden.
Die SPD wies seine Vorschläge als unvereinbar mit europäischem Recht zurück, während die grüne Außenministerin Annalena Baerbock Merz vorwarf, er wolle "europäisches Recht brechen und einen Zaun um Deutschland bauen".
Der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, erklärte am Freitag gegenüber der heimischen Presse, seine Partei werde Merz' Migrationsplan unterstützen, da er mit der harten Haltung der AfD zur Zuwanderung übereinstimme.
Es wird erwartet, dass Merz auch Unterstützung von der liberalen Freien Demokratischen Partei (FDP) und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erhält, da beide signalisiert haben, dass sie seinen Vorschlag unterstützen würden.
Der Bundestag wird am Freitag auch über weitere von der CDU vorgeschlagene Änderungen der Zuwanderungsregeln abstimmen. Werden diese angenommen, wären sie rechtsverbindlich.