Die EU will bei seltenen Rohstoffen weniger abhängig sein von China und möchte den Abbau innerhalb Europas fördern.
Die Europäische Kommission hat eine Liste von 47 Bergbau- und Verarbeitungsprojekten erstellt, die bis zum Ende des Jahrzehnts in Betrieb genommen werden sollen. Damit soll die heimische Produktion von zum Beispiel Lithium, Kobalt, Kupfer und Seltenen Erden gesteigert werden.
"Wir wollen unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nicht durch eine Abhängigkeit von Rohstoffen ersetzen", erklärte der für Industriestrategie zuständige Vizepräsident der EU-Kommission Stéphane Séjourné in Brüssel. "Das chinesische Lithium wird nicht das russische Gas von morgen sein."
Weniger abhängig sein von China
China ist der wichtigste Lieferant vieler wichtiger Elemente, darunter fast alle in die EU eingeführten Seltenen Erden. Séjourné spielte darauf an, dass man im Vorfeld der russischen Invasion in der Ukraine zu sehr von russischem Gas abhängig war.
Die EU-Liste, die auf einer interaktiven Karte eingesehen werden kann, umfasst Industrieprojekte zum Abbau oder zur Verarbeitung von Lithium in Portugal, Spanien, Frankreich, Deutschland, Tschechien und Finnland. Insgesamt sind die Projekte auf 13 Mitgliedstaaten verteilt.
Lithium - ein wichtiger Bestandteil von Batterien für Elektrofahrzeuge - ist nur einer von 34 Rohstoffen, die die EU als entscheidend für den Übergang von fossilen Brennstoffen zu sauberer Energie und der neuen digitalen Wirtschaft eingestuft hat.
Schnelle Genehmigungsverfahren
Mit dem vor einem Jahr verabschiedeten Gesetz über kritische Rohstoffe haben sich die Regierungen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bis 2030 10 % der Mineralgewinnung, 40 % der Verarbeitung und 25 % des Recyclings in der EU stattfinden.
Die Kommission erklärte, dass die EU diese Ziele in Bezug auf Lithium und Kobalt in vollem Umfang erreichen wird, wenn die entsprechenden Projekte verwirklicht werden, während bei Graphit, Nickel und Mangan "erhebliche Fortschritte" erzielt werden.
Das Gesetz fordert die EU-Mitgliedsstaaten auf, für ausgewählte Projekte eine schnelle Genehmigung zu geben, und zwar innerhalb von 27 Monaten für Bergbauprojekte und innerhalb von 15 Monaten für Verarbeitungs- und Recyclinganlagen.
Insgesamt 22,5 Milliarden Euro
Die EU möchte dafür insgesamt 22,5 Milliarden Euro aufbringen, beispielsweise durch die Erleichterung der Finanzierung durch Entwicklungsbanken. Allein in diesem Jahr sollen 2 Milliarden Euro für Investitionen bereitgestellt werden.
Von den 170 Projekten, die sich um die Einstufung als strategisches EU-Projekt beworben haben, stammen 46 von außerhalb der EU. Über sie wird in den kommenden Wochen nach weiteren Beratungen entschieden, die, wie Séjourné einräumte, eine politische Dimension haben werden.
Séjourné bestritt jedoch, dass das Vorgehen der USA - die Interesse an kritischen Rohstoffen in Grönland, der Ukraine und sogar Kanada signalisiert haben - eine treibende Kraft hinter der Rohstoffpolitik der EU sei, die seit einigen Jahren an Fahrt gewinnt.
"Auf der anderen Seite gibt es ein gewisses Maß an Dringlichkeit und Geschwindigkeit, das es vor drei oder vier Monaten in den Handelsbeziehungen und den geopolitischen Spannungen noch nicht gab, was wir berücksichtigen müssen", sagte er.
Trump ergreift Maßnahmen
Auf der anderen Seite des Atlantik werden Tatsachen geschaffen. In einer Durchführungsverordnung vom vergangenen Donnerstag kündigte Präsident Trump "Sofortmaßnahmen zur Steigerung der amerikanischen Mineralienproduktion" an, die ebenfalls darauf abzielt, Verzögerungen bei der Erteilung von Genehmigungen abzubauen, und die gleichzeitig eine Verteidigungsfrage und eine Frage der Energiesicherheit darstellt.
Doch nicht alle Beobachter sind mit dem Tempo zufrieden, mit dem Brüssel vorgeht. Robin Roels, Koordinator der EU-Rohstoffkoalition aus nichtstaatlichen Umweltorganisationen, warnte, die Kommission riskiere, das Vertrauen der Öffentlichkeit durch ein "undurchsichtiges" Auswahlverfahren zu untergraben.
"Wenn es der EU mit einem fairen und nachhaltigen Übergang ernst ist, muss sie diesen Prozess für eine echte Prüfung öffnen und sicherstellen, dass die Stimmen der Gemeinschaft gehört werden", so Roels. "Trotz wiederholter Anfragen werden die vollständige Liste der Projektbewerber und die Bewertungskriterien weiterhin nicht veröffentlicht."
Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass es öffentlichen Widerstand gegen Bergbauprojekte zur Rohstoffgewinnung gibt. Dieser müsse überwunden werden, um die Ziele bis 2030 zu erreichen.
"Die Produktion in Europa bedeutet auch politische Arbeit an der sozialen Akzeptanz dieser Projekte", sagte Séjourné und betonte, dass sowohl die nationalen als auch die europäischen Interessen auf dem Spiel stünden.