Innenminister Dobrindt will den Familiennachzug einschränken. Von den Oppositionsparteien kommt scharfe Kritik. "Zahlen werden trotzdem über 100.000 liegen", so die AfD. Die Grünen meinen, es "zwingt Kinder in Schlepper-Hände". Wie groß wird der Stopp wirklich?
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) möchte den Familiennachzug reduzieren. "Damit zeigen wir, die Migrationspolitik in Deutschland hat sich geändert", so der CSU-Politiker gegenüber der Bild am Sonntag. Ein Gesetzentwurf soll dem Kabinett in Kürze vorgelegt werden.
Migranten mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Angehörigen nachholen können. Dies betrifft Menschen mit dem Status "subsidiärer Schutz", die kein Recht auf Asyl haben, jedoch nicht zurück in ihre Heimat können (z.B. weil ihnen dort Tod, Folter oder Krieg droht). Bisher dürfen 1000 Angehörige von ihnen monatlich nachziehen.
Wie stark schränkt Dobrindt den Familiennachzug ein?
Die Maßnahme ist Teil der angestrebten "Migrationswende" der Merz-Regierung. Dobrindt unternimmt diesen Schritt vor dem Hintergrund, dass die Kommunen und Sozialsysteme nach zehn Jahren unkontrollierter Migration überlastet sind.
Seit 2015 bis heute stellten mehr als zwei Millionen Migranten Asyl in Deutschland. Auch die ausländische Kriminalität hat laut Polizeistatistik stark zugenommen. Doch wie sehr schränkt der CSU-Innenminister den Familiennachzug nun ein?
Tatsächlich betrifft die Einschränkung bloß 10 Prozent des Nachzugs insgesamt. Im letzten Jahr wurden 120.000 Familiennachzüge getätigt. Darunter waren 12.000 Visa, die an Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten vergeben wurden – davon mehrheitlich an Menschen aus Syrien.
"Zahl wird dieses Jahr trotzdem über 100.000 liegen"
Gegenüber Euronews erklärt der AfD-Bundestagsabgeordnete Rene Springer: "Diese Nachzugszahlen werden mit diesen Maßnahmen allein für dieses Jahr über 100.000 liegen." "Mit der CDU wird es niemals ein Stopp der Massenzuwanderung geben", kritisiert er weiter.
Auch soll am Mittwoch im Kabinett auf der Tagesordnung die Abschaffung der „Turbo-Einbürgerungen“ nach drei Jahren stehen.
Für die rechte Oppositionspartei sind diese Maßnahmen oberflächlich. "Dobrindt entwickelt sich allmählich zur PR-Notbremse der Union. Er soll nun die längst entlarvten Versprechen einer migrationspolitischen Wende mit Placebo-Maßnahmen vor der Öffentlichkeit doch noch einlösen", meint AfD-Politiker Springer. Ein leichtes Ausbremsen würde nichts am Endergebnis ändern. "Einbürgerungen nach fünf statt drei Jahren haben nichts mit einem Politikwechsel zu tun."
CDU-Innensprecher: Subsidiär-Status soll auf dem Prüfstand
Alles also nur an der Oberfläche gekratzt? Die Union jedenfalls will offenbar noch einen Schritt weitergehen. Der Innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Alexander Throm, fordert gegenüber Euronews, den Status "subsidiären Schutz" auf dem Prüfstand zu stellen.
Die allermeisten subsidiär Geschützten seien Syrer. "Bei ihnen stellt sich nach Ende des Bürgerkriegs ohnehin die Frage, ob sie ihre Familie nicht eher wieder in der Heimat zusammenführen sollten", so der CDU-Innenpolitiker. Mit dem subsidiären Schutz leiste sich die EU "seit Jahren einen Schutzstatus, den es so im internationalen Recht nicht" gäbe.
Throm weiter: "Diese ganze Politik entstammt aus Zeiten, als kaum ein Bürgerkriegsflüchtling nach Europa gekommen ist. Es ist an der Zeit, dass wir diese ganzen Instrumente überprüfen und uns auf den Kern besinnen, der mit der Genfer Flüchtlingskonvention mal bezweckt war.“
Grüne üben scharfe Kritik: "Zwingt Kinder in Schlepper-Hände"
Grünen-Chef Felix Banaszak übte Montagmittag Kritik an dem Vorgehen. "Es gibt nichts Geordneteres als der Familiennachzug! Die Menschen, die über diesen Weg kommen, werden sicherheitsgescreent."
Es kämen in der Regel über diesen Weg "Frauen und Kinder". "Niemand kann mir erklären, wie Deutschland sicherer werden soll, wenn der Kontakt zur Familie erschwert wird. Man zwingt damit Frauen und Kinder, sich in die Hände von Schleppern zu begeben", sagte Banaszak auf der Pressekonferenz der Bundesgrünen.