Nach der Gewalttat in Herdecke sind weitere Einzelheiten ans Licht gekommen: Offenbar versuchte die Tochter der neu gewählten Bürgermeisterin, sie in Brand zu setzen. Bereits vor der Tat soll Iris Stalzer Angst vor einer Eskalation gehabt haben.
Iris Stalzer hatte bereits vor der Tat am Dienstag mehrfach den Kontakt zur Polizei gesucht. Schon im Juni dieses Jahres wandte sie sich in einem Beschwerdebrief an die Polizei und das Jugendamt – zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet. Darin beklagte sie mangelnde Unterstützung durch die Behörden.
Auch am Tag vor der Tat stand Stalzer erneut mit der Polizei in Kontakt, weil sie um ihr Leben fürchtete und Hilfe wegen häuslicher Gewalt suchte.
Nach Angaben der Polizei wurden nach dem Gespräch alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen – welche genau, bleibt allerdings unklar. NRW-Innenminister Herbert Reul kündigte gegenüber der Westfalenpost eine interne Überprüfung an, um zu klären, ob angemessen auf die Situation reagiert wurde.
Sicherheitskreisen zufolge gehen die Ermittler auf Grundlage bisheriger Aussagen von folgendem Ablauf aus: Am Dienstagmorgen begab sich Iris Stalzer offenbar zum Duschen in den Keller, wo sie auf ihre Adoptivtochter traf. Zwischen den beiden bestand demnach seit Langem ein belastetes Verhältnis, zudem soll die Tochter ihr körperlich überlegen gewesen sein. Es kam offenbar zu einem Streit.
Versucht, Mutter anzuzünden
Die Tochter soll handgreiflich geworden und ihre Mutter über einen längeren Zeitraum hinweg attackiert haben. Die 57-Jährige wurde am Oberkörper 13 Mal mit einem Messer verletzt, erlitt Hämatome sowie einen Schädelbruch.
Das Mädchen versuchte offenbar zudem, die Haare und Kleidung ihrer Mutter mithilfe eines Deosprays und eines Feuerzeugs anzuzünden.
Bereits am Mittwoch hatten Polizei und Staatsanwaltschaft in einer Pressekonferenz bestätigt, dass bei der Tat unter anderem zwei verschiedene Messer zum Einsatz kamen.
Im Verlauf des Konflikts sollen sich Mutter und Tochter darauf geeinigt haben, dass die Jugendliche von ihr ablässt und ein Krankenwagen sowie die Polizei gerufen werden. Im Gegenzug habe Iris Stalzer zugesichert, nicht gegen ihre Tochter auszusagen. Bei ihrer ersten Vernehmung im Krankenhaus habe sie sich daran gehalten und erklärt, zu wissen, wer ihr dies angetan habe, dies jedoch nicht offenlegen zu wollen.
Ehemann überzeugte sie, auszusagen
Offenbar war es ihr Ehemann, der sich beruflich im Ausland aufhielt und am Abend der Tat zurückkehrte, der sie dazu bewegte, gegenüber den Ermittlern schließlich doch umfassend auszusagen. In einer zweiten Aussage beschuldigte sie daraufhin ihre Tochter.
Die Tochter soll die Eltern bereits mehrfach attackiert haben. Bei einer Pressekonferenz erklärte die Polizei, dass nicht nur Iris Stalzer, sondern auch ihr Ehemann Opfer von Übergriffen durch die Jugendliche geworden sei. Bereits im Sommer richtete Stalzer einen Hilferuf an das Jugendamt, in dem sie die zunehmenden Spannungen mit ihrer Adoptivtochter schilderte.
Trotz der Schwere der Tat stuft die Staatsanwaltschaft Hagen den Vorfall bislang nur als gefährliche Körperverletzung ein. Da die Mutter die 17-Jährige dazu bewegen konnte, den Rettungsdienst zu alarmieren, wird dies als "Rücktritt von der Tat" gewertet – weshalb kein Haftbefehl erlassen wurde.
Das Mädchen befindet sich derzeit in einer jugendpsychiatrischen Einrichtung - ebenso wie ihr 15-jähriger Bruder.