Brexit: Mehrheit der Abgeordneten sagt 4 Mal "no"

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Copyright UK Parliament/Mark Duffy/via REUTERS
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Von Anne Fleischmann mit dpa
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Britisches Parlament lehnt erneut alle Alternativvorschläge ab

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Im britischen Unterhaus in London haben die Abgeordneten am späten Montagabend alle vier Alternativvorschläge zu Theresa Mays Brexit-Deal abgelehnt.

Die Abstimmung fand auf Papier statt und jeder Abgeordnete konnte für jeden Vorschlag entweder mit ja oder nein stimmen.

Um sich mit Sicherheit mit einer Alternative durchsetzen zu können, wären im Unterhaus mindestens 318 Stimmen notwendig gewesen.

Folgende Möglichkeiten standen zur Abstimmung:

  • Zollunion: Laut diesem Vorschlag würde Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleiben. Das Ziel soll gesetzlich verordnet werden. Der Vorschlag wurde von dem Konservativen Ken Clarke und Hilary Benn von der Labour Partei eingereicht. Dieser Vorschlag scheiterte nur knapp - nämlich mit  273 zu 276 Stimmen.
  • Weicher Brexit: Großbritannien soll in Zukunft wirtschaftlich eng an die EU gebunden bleiben, inklusive Mitgliedschaft in Binnenmarkt und Zollunion. Dies würde bedeuten, dass Großbritannien wieder in die Europäische Freihandelsassoziation eintritt, in der sich unter anderem auch die Schweiz und Norwegen befinden. Dafür stimmten 261 Abgeordnete und 282 dagegen.
  • Zweites Referendum: Der Oppositions-Politiker Peter Kyle (Labour Partei) reichte den Vorschlag für ein zweites Referendum ein. Dutzende weitere Abgeordnete forderten, dass das Brexit-Abkommen vor dem Austritt der Bevölkerung in einer zweiten Volksabstimmung vorgelegt wird. 
  • Brexit-Widerruf und zweites Referendum: Der Vorschlag ist eine parlamentarische Vormachtstellung. Er besagt, dass sollte es zwei Tage vor dem EU-Austritt keine Mehrheit für einen Deal geben, muss London die EU um eine weitere Verlängerung bitten. Sollte die EU dies ablehnen, müssen die Abgeordneten über einen No-Deal-Brexit abstimmen. Sollte dieser auch keine Mehrheit finden, folgt laut dem Vorschlag der Widerruf der Austrittserklärung.

Die Ergebnisse der Probeabstimmungen, der sogenannten indicative votes, sind jedoch nicht rechtsverbindlich. Mays Regierung muss sich also nicht daran halten.

In der vergangenen Woche hatten die Abgeordneten den von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag zum dritten Mal abgelehnt. Laut britischen Medienberichten erwägt May dennoch eine vierte Abstimmung über ihr Brexit-Abkommen, da sie zuletzt einige Stimmen für ihren Deal dazugewinnen konnte.

Reaktionen auf die erneute Ablehnung aller Alternativvorschläge

Brexit-Minister Stephen Barclay sagte: "Die einzige Möglichkeit ist, einen Weg zu finden, der es dem Vereinigten Königreich ermöglicht, mit einem Abkommen zu gehen. Die Regierung glaubt weiterhin, dass der beste Weg wäre, dies so schnell wie möglich zu tun. Wenn das Parlament daran arbeitet, diese Woche eine Einigung zu erzielen, ist es immer noch möglich, Parlamentswahlen zu vermeiden."

Der Oppositionsführer Jeremy Corbyn forderte die Alternativvorschläge trotz der Ablehnung erneut zu diskutieren. "Wenn die Premierministerin drei Chancen für ihren Deal bekommt, dann schlage ich vor, dass das Parlament auch die Möglichkeit bekommt, die alternativen Optionen erneut in einer Debatte am Mittwoch zu prüfen", sagte Corbyn.

EU-Politiker reagierten entsetzt auf die erneute Ablehnung aller Brexit-Optionen im Unterhaus. "Ein harter Brexit wird nun fast unausweichlich", schrieb der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, auf Twitter. "Am Mittwoch hat Großbritannien die letzte Chance, die Blockade zu durchbrechen oder in den Abgrund zu blicken."

Der SPD-Europapolitiker Jens Geier sprach von einer «inzwischen lächerlichen Selbstblockade im britischen Parlament» und forderte: "Einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 12. April hinaus kann die Europäische Union nur mit der gleichzeitigen Ansage eines zweiten Referendums stattgeben."

Auch eine erste Abstimmungsrunde über Alternativvorschläge hatte in der vergangenen Woche keine Klarheit gebracht. Alle acht Optionen, die den Abgeordneten dabei zur Abstimmung vorlagen, wurden abgelehnt.

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