#EUroadtrip: Bulgarische Geisterdörfer

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Der Nordwesten des Landes ist die ärmste Gegend der Europäischen Union. Wie leben die Menschen hier? Und warum ziehen so viele Einwohner fort?

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Die beiden euronews-Reporter Apostolos Staikos und Bryan Carter sind derzeit in Bulgarien unterwegs. Sie zeigen Gegensätze: Gerade waren sie in der Hauptstadt, in dieser Folge der Rundreise im Vorfeld der Europawahl gibt es das Gegenteil.

„Wir haben Sofia verlassen und sind seit dreieinhalb Stunden unterwegs. Wir fahren in den Nordwesten Bulgariens“, so Apostolos Staikos.

Bryan Carter ergänzt: „Der Grund, weshalb wir dorthin fahren, ist: Der Nordwesten Bulgariens ist die ärmste Gegend der Europäischen Union. Wir besuchen dort ein Geisterdorf. Aber denken Sie nicht, dass es dort spukt. Es ist etwas Anderes.“

In Kanitz zwischen Donau und der bulgarisch-serbischen Grenze leben vier Menschen. Vor 30 Jahren waren es mehr als 100. Die meisten Häuser stehen inzwischen leer. Wir besuchen einen der Bewohner von Kanitz, Petko Nikolow.

„Viele Menschen wohnten hier, man konnte seinen Lebensunterhalt bestreiten“, so Nikolow. „Es gab auch viele Tiere hier. Nach den Verstaatlichungen im Jahr 1956 gab es hier einen großen gemeinschaftlichen Landwirtschaftsbetrieb. Heute ist hier niemand mehr. Montags und freitags gehe ich ins Nachbardorf, weil es hier niemanden mehr gibt, mit dem man sprechen kann. Meine Freunde sind schon gestorben - meine Arbeitskollegen auch. Aber ich bin nicht einsam. Ich lebe mit meinen Tieren. Wenn ich meine Tiere und meinen Fernseher nicht hätte, würde ich auf der Stelle tot umfallen. Wenn ich mit jemandem telefoniere, dauert das Stunden. Es gibt hier keine Zukunft“, erzählt er.

Das war mal der Dorfladen. Ein paar Regale stehen hier noch. Das Gebäude ist heruntergekommen, früher war hier auch mal die Verwaltung untergebracht.

Staikos: „Bevor wir hergefahren sind, haben wir viel über Geisterdörfer in Bulgarien gelesen. Aber dann eines zu sehen, ist schockierend und macht einen traurig. Die Zeiten ändern sich eben.“

„Es gibt gute und schlechte Änderungen“, meint Carter. „Wenn ich dieses Dorf sehe, habe ich den Eindruck, dass sich die Landflucht in Europa fortsetzt - ob in Bulgarien oder in anderen Ländern. Manche Dörfer in der EU, in denen heute das Leben tobt, werden vielleicht in 20, 30 Jahren verlassen sein.“

"Es war früher viel besser“

Auch das Dorf Rabrowo ganz in der Nähe kämpft mit dem Überleben. Die Schule musste vor Kurzem geschlossen werden, 250 Einwohner hat der Ort noch. Vor 30 Jahren waren es doppelt so viele. Die Bürgermeisterin Galina Vakaritzowa erinnert sich...

„Ich bin traurig und besorgt über den Zustand unseres Dorfes. Ich lebe seit 30 Jahren hier. Damals lebten hier so viele Menschen. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, ist dort niemand mehr. Am Nachmittag ist es dasselbe. Hier lebten so viele Menschen, es war früher viel besser“, meint sie.

Die Fabriken in der Gegend gibt es nicht mehr. Viele jungen Leute ziehen in die Städte, um Arbeit zu finden. Zurück bleibt die ältere Generation: Rentner, die teils von gerade einmal 150 Euro im Monat leben müssen.

Vakaritzowa: „Die Landwirtschaft ist auseinandergebrochen. Alles wurde privatisiert, es ging mit den Dörfern abwärts. Wenn sie an den Kommunismus denken, werden die Älteren nostalgisch. Sie sagen, dass es damals besser war. Sie hatten wenig Geld, aber sie hatten Arbeit. Heute gibt es weder Geld noch Arbeit.“

Die Europäische Union, so sagt die Bürgermeisterin, habe ihrem und anderen Dörfern geholfen, die Infrastruktur zu verbessern. Aber es brauche insbesondere Arbeitsplätze und Karriereaussichten, um die Bulgaren dazu zu bewegen, in die rund 600 verlassenen Dörfer des Landes zurückzukehren, sagt sie.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie von Euronews. Die anderen Geschichten finden Sie in unserer Übersicht:

#EUroadtrip | Euronews berichtet vor den Europawahlen aus der EU

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