Deutscher Wald: 120.000 Hektar tot oder geschädigt

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Von Hans von der Brelie
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Deutscher Wald: 120.000 Hektar tot oder geschädigt. Klimawandel killt Kiefern und Fichten zuerst. Bäume verdursten weil es an Regen fehlt. Dann zerfressen die Borkenkäfer die geschwächten Stämme. Landwirtschaftsministerin Klöckner kündigt Waldumbau an. Waldgipfel im Herbst geplant.

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Die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat angekündigt, mit einem massiven Aufforstungsprogramm das Waldsterben zu stoppen. Der deutsche Wald sei "massiv geschädigt", sagte Klöckner (CDU).

Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald schlägt Alarm: seit dem Dürrejahr 2018 seien bundesweit 120.000 Hektar Wald abgestorben. Deutschland besteht zu einem Drittel aus Wald, das sind rund 11.4 Millionen Hektar.

Treffen im Totholz

Euronews traf sich mit dem Waldexperten des Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND in einem toten Waldstück in Franken. Ralf Straussberger ist selber schockiert vom Ausmaß der Zerstörung, obwohl er schon so einiges gesehen hat in seinem Leben.

Euronews-Reporter Hans von der Brelie kratzt an der Rinde einer mächtigen Kiefer, es löst sich wie von selbst ein meterlanges Stück Borke vom Stamm. Straussberger beugt sich über das linienzerfurchte Stück Rinde und erklärt:

"Da sieht man die Pilze", sagt Straussberger und deutet mit dem Zeigefinger. "Hier sieht man die Löcher vom Käfer. Der Specht hat auch schon geklopft. Das Problem ist, dass hier nicht nur einzelne Bäume sterben, sondern hier sterben ganze Wälder... Wichtig ist (zu verstehen), dass es nicht die Pilze und Käfer sind, die diese Kiefern hier zum Absterben bringen, sondern das ist die Klimakrise. Die Klimakrise tötet die Kiefernwälder. Das ist wirklich dramatisch. Wir befürchten, es gibt ein Waldsterben 2.0 hier."

Klimakrise killt Kiefern

Den Bäumen machen insbesondere die Dürresommer 2018 und 2019 zu schaffen. Laut Schutzgemeinschaft Deutscher Wald fehlen aufs Jahr gerechnet mehr als 200 Liter Regen pro Quadratmeter. Kiefern werden flächendeckend rot - Zeichen für ihr Absterben.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat nun im sächsischen Moritzburg zusammen mit Kollegen der Bundesländer darüber beraten, wie der deutsche Wald gerettet werden kann. Dabei geht es nicht nur um Investitionen in Multi-Millionenhöhe für Aufforstungen, sondern - so Klöckner - auch um die langfristige Anpassung der Wälder an den Klimawandel.

Deutscher Wald soll bunter werden

Das Problem sind insbesondere die Nadelwaldmonokulturen. Der Waldbau durch den Menschen hat dafür gesorgt, dass in der Vergangenheit vorallem Fichten und Kiefern gepflanzt wurden. Fichten wachsen schnell, die Stämme sind gerade und einfach zu ernten. Doch diese rein wirtschaftliche Kalkulation zahlt sich langfristig nicht aus, dafür sorgen Klimawandel und Borkenkäfer.

Politiker sind lernfähig. Eine wachsende Zahl von Entscheidungsträgern hat sich mittlerweile von Forstexperten und Umweltschützern davon überzeugen lassen, dass Deutschland naturnahe Laubmischwälder braucht.

Waldumbau

Ralf Straussberger nimmt das Euronews-Team mit in den vom BUND Naturschutz umgebauten "Vorzeigewald". In jahrelanger Überzeugungsarbeit hat er viele kleine, mittlere und große Waldbesitzer mit ins Boot geholt und davon überzeugt, dass "Waldumbau" eine handfeste Notwendigkeit ist, wenn man wirtschaftlichen Schaden vermeiden und dabei auch noch etwas gegen den Klimawandel unternehmen will. Während hoch oben die Wipfel der Nadelbäume vertrocknen, planzen die Waldumbauer unten eine Unzahl von Buchen und Eichen.

In langen, zartgrünen Reihen durchziehen die Buchensetzlinge die bisherige Nadelwaldmonokultur. Jetzt gilt es, Geduld aufzubringen - und wachsam zu sein, denn es lebt zu viel Wild in der Region. Weshalb Straussberger auch betont, dass die Jäger mehr Rehe abschießen müssen, wenn der Jungwald eine Chance haben soll.

Verhältnisse wie am Mittelmeer

Entwarnung will Straussberger allerdings noch keine geben, ganz im Gegenteil, er macht Druck, denn es geht ihm auf politischer Ebene alles viel zu langsam voran: "Es ist dramatisch, wenn die Politik nicht handelt und den Klimawandel stoppt, bekommen wir Verhältnisse wie am Mittelmeer, das heisst vier oder fünf Grad, das halten unsere heimischen Baumarten aber nicht aus, die würden alle absterben... Es muss einen massiven Waldumbau geben, man muss Buchen, Eichen pflanzen, damit wir stabile Wälder für Morgen bekommen."

Und die Politik? Im Herbst sollen Entscheidungen fallen - auf einem "nationalen Waldgipfel". Bereits im August werden die Fachleute weiter beraten und am "Masterplan Waldrettung" feilen. Entschieden wird dann im September.

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