5 Fragen (& Antworten) zu den Landtagswahlen in Ostdeutschland

Mann mit einem Hut in den deutschen Nationalfarben
Mann mit einem Hut in den deutschen Nationalfarben Copyright REUTERS/Hannibal Hanschke
Von Kirsten Ripper
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Die Wähler in Brandenburg und Sachsen sind am 1. September an die Urnen gerufen. Was ist wichtig, vor diesen Landtagswahlen zu wissen.

1. Wer wählt am 1. September?

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Am Sonntag, den 1. September 2019, finden die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen statt.

In Brandenburg gibt es eine Besonderheit, hier dürfen junge Leute bei Landtags- und Kommunalwahlen schon mit 16 wählen. Gewählt werden darf man aber erst ab 18 Jahren.

Wahlberechtigt sind etwa 2 Millionen der 2,5 Millionen Einwohner des Bundeslandes, das um Berlin herum liegt.

Die Hauptstadt Potsdam hat 160.000 Einwohner.

In Sachsen sind 3,3 Millionen Bürger wahlberechtigt.

Das Bundesland hat etwas mehr als vier Millionen Einwohner.

Die größte Stadt der Region ist das aufstrebende Leipzig mit fast 600.000 Einwohnern, die Hauptstadt von Sachsen ist Dresden.

Chemnitz, das im Herbst und Sommer 2018 wegen auf einen Mord folgender fremdenfeindlicher Proteste wochenlang Schlagzeilen machte, hat fast 250.000 Einwohner.

2. Welche Regierungen gibt es aktuell?

In Brandenburg regiert eine sogenannte rot-rote-Koalition aus SPD und Linken. Ministerpräsident ist seit 2013 - in der Nachfolge des aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen und bundesweit deutlich bekannteren Matthias Platzeck - der SPD-Politiker Dietmar Woidke. Der 57-jährige Agraringenieur kommt aus der Lausitz ist verheiratet, hat eine Tochter, er gilt als beliebter Regionalpolitiker und Rockmusikfan.

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Olaf Schulz mit Dietmar Woidke in BrandenburgREUTERS/Hannibal Hanschke

Bei der Landtagswahl 2014 war die SPD mit 31,9 Prozent stärkste Kraft. gefolgt von der CDU mit 23 Prozent und der Linken mit 18,6 Prozent, der AfD mit 12,2 Prozent und den Grünen mit 6,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag 2014 nur bei 47,9 Prozent.

In Sachsen gibt es eine große Koalition aus CDU und SPD - mit seit 2017 dem CDU-Politiker Michael Kretschmer an der Spitze. Der vorherige Ministerpräsident Stanislaw Tillich war im Oktober 2017 zurückgetreten, nachdem die AfD bei den Bundestagswahlen mehr Stimmen erreicht hatte als die CDU. Der 44-jährige Michael Kretschmer kommt aus Görlitz und stand nach den Protesten in Chemnitz im Schlaglicht der Medien. Er hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert und hat mit seiner Lebensgefährtin zwei Söhne. In Görlitz tritt der Polizist Sebastian Wippel von der AfD - der fast Bürgermeister geworden wäre - als Direktkandidat gegen Michael Kretschmer an.

Bei der Landtagswahl 2014 hatte die CDU noch 39,4 Prozent erreicht, die Linke war zweitstärkste Kraft mit 18,9 Prozent, vor der SPD 12,4 Prozent, der AfD mit 9,7 Prozent und den Grünen mit 5,7 Prozent.

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Angela Merkel mit Michael Kretschmer in SachsenREUTERS/Hannibal Hanschke

3. Was sagen die letzten Umfragen?

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Brandenburg liegen die SPD und die AfD etwa gleichauf.

FDP und Freie Wähler müssen wegen der 5-Prozent-Hürde um ihren Einzug ins Parlament in Potsdam bangen.

Es wurde damit gerechnet, dass nach der Wahl SPD und Linke Gespräche mit den Grünen für eine rot-rot-grüne Koalition aufnehmen.

In Sachsen liegt die CDU trotz Verlusten im Vergleich zu den Vorjahren in den Umfragen vorn - und hat in den vergangenen Wochen gegenüber der AfD aufgeholt. Das Land wird seit der Wende von CDU-Ministerpräsidenten regiert und gilt deshalb als Stammland der Christdemokraten.

Koalitionspartner SPD ist allerdings hinter Linke und Grüne immer weiter zurückgefallen.

4. Was sind die wichtigsten Themen im Wahlkampf?

Ein wichtiges Thema in der Kampagne sind der beschlossene Kohleausstieg und der damit verbundene Strukurwandel sowie der Verlust von Arbeitsplätzen. Nach den Vorschl¨ägen der Kohlekommission steigt Deutschland bis 2038 aus der umwelt- und klimaschädlichen Stromgewinnung durch Kohleabbau aus. Die Bundesregierung in Berlin hat zwar im Sommer beschlossen, in den kommenden 20 Jahren 40 Milliarden Euro in die betroffenen Gebiete zu investieren. Doch die Ängste sind damit keineswegs behoben.

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30 Jahre nach dem Fall der Mauer geht es im Wahlkampf auch darum, dass sich die Menschen in Ostdeutschland weiterhin wirtschaftlich "abgehängt" fühlen. Auch wenn das den Statistiken zufolge nicht immer der Realität entspricht, sondern eher auf Gefühlen beruht.

Wie bei allen Wahlen seit 2015 sind auch Angela Merkels Flüchtlingspolitik und deren Auswirkungen ein vieldiskutiertes Thema.

Die ZEIT berichtet allerdings von einem "trotzigen Optimismus" und schildert eine Szene, in der es Sachsens Regierungschef Kretschmer gelingt, zwei Männer, die ihn auf die misslungene Flüchtlingspolitik ansprechen, mit Bratwurst und einer CDU-Fantüte nach Hause zu schicken.

Natürlich geht es auch um die von der Landespolitik entschiedenen Themen wie Bildung und Schulen.

Zudem wird der Umgang mit Wölfen kontrovers diskutiert.

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5. Warum wird mit einem Erstarken der AfD gerechnet?

Schon in den vergangenen Jahren hat die rechtspopulistische AfD im Osten Deutschlands mehr Stimmen erzielt als im Westen. In diesem Wahlkampf baut die Partei mit ihrem Slogan "Wende 2.0" ganz auf das Gefühl, dass sich die Ostdeutschen gegenüber dem Westen benachteiligt fühlen.

Bei vielen Demonstrationen der fremdenfeindlichen Pegida wurde auch der Slogan der DDR-Bürgerrechtsbewegung bei den Leipziger Montagsdemos von 1989 "Wir sind das Volk" benutzt, was zahlreiche ehemalige Bürgerrechtler kritisiert haben. Die AfD hat "Wir sind das Volk" 2019 auch auf ihren Wahlplakaten abgedruckt.

In vielen ostdeutschen Städten und Gemeinden sind AfD-Politiker in der Kommunalpolitik vertreten. In vielen Fällen handelt es sich um Persönlichkeiten, die vor Ort Ansehen genießen. Zwar haben alle traditionellen Parteien Koalitionen mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen, doch in der Gemeindepolitik ist diese Abgrenzung weit weniger präsent.

30 Jahre nach dem Mauerfall erscheint Deutschland nach Ansicht vieler Beobachter sogar gespaltener als in den Jahren zuvor. Viele Deutsche im Westen schauen mit Unverständnis auf die AfD-Anhänger im Osten des Landes.

Nach dem Mord an einem 35-Jährigen in Chemnitz Ende August 2018 gab es fremdenfeindliche Demonstrationen und Ausschreitungen, bei denen AfD-Politiker - wie Björn Höcke aus Thüringen - das Gewaltverbrechen für ihre politischen Zwecke nutzten.

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Das Wahlergebnis in Brandenburg und Sachsen gilt auch als ein Stimmungsanzeiger unter den Bürgern in Ostdeutschland.

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