Durch Mobbing, Gehaltskürzungen und Zwangsversetzungen versuchte die France-Télécom-Leitung, Mitarbeiter in die Kündigung zu treiben. Viele von ihnen trieb sie so in den Tod. Jetzt wurde ein Urteil gegen die Ex-Manager gefällt.
Der ehemalige Chef der französischen Telekom, Didier Lombard, und zwei weitere Ex-Topmanager der Firma sind wegen Mobbings zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden – davon acht Monate auf Bewährung. Dazu kommen pro Person 15.000 Euro Strafe. Vier weitere Angeklagte bekamen vier Monate Haft auf Bewährung.
Wenn Mobbing in den Tod treibt
Laut Urteil haben sie France-Télécom-Angestellte terrorisiert, um sie in die Kündigung zu treiben. Die Folge: Eine beispiellose Selbstmord-Serie.
Raphaël Louvradoux ist der Sohn eines früheren Télécom-Mitarbeiters, der sich in Folge des massiven Drucks von oben das Leben nahm. "Wir haben nun die Antwort auf die grundlegende Frage dieses Prozesses: Kann es sich ein Unternehmen leisten, Menschen in den Suizid oder in die Depression zu treiben, um mehr Geld zu verdienen?", so Louvradoux nach dem Urteilsspruch in Paris. "Wenigstens haben wir jetzt eine erste Antwort: Nein, das kann man nicht, und wer so handelt, wird verurteilt.“
Jean-Paul Teissonière, Anwalt eines der Opfers, ist erleichtert: "Mit dieser Entscheidung wurde endlich festgelegt, wie man sein Personal behandeln darf. Sie gibt uns die Garantie, dass sich Fehler wie bei France Télécom nicht wiederholen.“
Schwere Vorwürfe in Abschiedsbriefen
In ihren Abschiedsbriefen machten mehrere France-Télécom-Angestellte das Unternehmen, das heute Orange heißt, direkt verantwortlich. Nach der Privatisierung wurde ein radikaler Stellenabbau nötig – und diesen versuchte die Firma 2008 und 2009 offenbar auf die Angestellten abzuwälzen. Vor Gericht sprachen Zeugen von Zwangsversetzungen, willkürlichen Gehaltskürzungen, von einem Klima der Angst.
Den Orange-Gewerkschaftschef, Sébastien Crozier, hat der Prozess sehr mitgenommen: "Für uns ist das alles extrem schwer zu ertragen. Da ist die Erinnerung an die verstorbenen Kollegen. Ich persönlich habe gesehen, wie sich eine Kollegin aus einem Fenster im 5. Stock gestürzt hat. Und dann sieht man die Strafe: Nur ein paar Monate Gefängnis und ein paar Zehntausend Euro.“
"Hetzerische Entscheidung"
In dem Prozess ging es um die Fälle von knapp 40 Mitarbeitern: 19 Selbstmorde, zwölf Suizid-Versuche, und mehrere Fälle von schwerer Depression. Lombards Anwalt, Jean Veil, will in Berufung gehen: "Es ist ein rein politisches Urteil, eine völlig hetzerische, politische Entscheidung. Die Richter hatten sicherlich Gefallen daran, aber ich bedaure das sehr. Sie sind da, um Recht zu sprechen und nichts anderes.“
Das Unternehmen wurde zur höchstmöglichen Geldstrafe verurteilt: 75.000 Euro.
Wenn Sie selbst deprimiert sind, können Sie sich in Deutschland per Chat, Mail oder telefonisch kostenlos und anonym unter 0800/111 0 111 beraten lassen. Ein muslimisches Beratungstelefon gibt es rund um die Uhr unter 030 - 44 3509 821 (oder wenn nicht in Deutschland: 0049 - 30 / 44 35 09 821). In Österreich können Sie sich unter der Telefonnummer 142 beraten lassen oder im Internet. In der Schweiz hilft die Dargebotene Hand im Internet und unter der Telefonnummer 143.