Nazi-Konten bei der Credit Suisse: Liste aus Argentinien wirft Fragen auf

Credit Suisse in Zürich.
Credit Suisse in Zürich. Copyright ALESSANDRO DELLA BELLA/AP
Von Euronews mit dpa, AP, AFP
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In Argentinien ist eine Liste mit den Namen von 12.000 Nazis aufgetaucht. Einige von ihnen sollen in den Dreißiger- und Vierzigerjahren in großem Stil Geld, das womöglich Juden gestohlen wurde, auf Konten in der Schweiz in Sicherheit gebracht haben. Das berichtet das Simon-Wiesenthal-Zentrum.

Zufallsfund in einem alten Lagerhaus

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Bei der Schweizer Bank Credit Suisse soll es Konten von Nazis geben, die in den Dreißiger- und Vierzigerjahren von Argentinien aus in großem Stil Geld in der Schweiz in Sicherheit gebracht haben sollen. Das berichtet das Simon-Wiesenthal-Zentrum. 

Es beruft sich auf eine Liste mit den Namen von 12.000 Nazis, die ab 1930 in Argentinien lebten. Der argentinische Wissenschaftler Pedro Filipuzzi habe diese Liste jetzt zufällig in einem alten Lagerhaus in Buenos Aires ausfindig gemacht, heißt es. 

Viele der darauf verzeichneten Nazi-Anhänger sollen über Umwege Geld an die damalige Schweizerische Kreditanstalt überwiesen haben, die heutige Credit Suisse mit Sitz in Zürich. In argentinischen Medien wird spekuliert, dass es sich um eine Summe von etwa 35 Millionen Franken - umgerechnet rund 33 Millionen Euro - handeln müsse. 

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum schreibt: "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass diese ruhenden Konten Gelder beherbergen, die nach den Nürnberger Gesetzen der 1930erjahre von jüdischen Opfern gestohlen wurden." 

Credit Suisse will aufklären

Derzeit würden mutmaßliche Nachfahren der Nazis versuchen, an diese aktuell blockierten Gelder zu gelangen. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum bat die Bank um Zugang zu ihren Archiven. Das Geldhaus teilte laut Schweizer Medienberichten mit, es wolle der Angelegenheit nachgehen. Man stehe mit dem Simon-Wiesenthal-Zentrum in Kontakt. Laut einem Bericht der argentinischen Zeitung "La Nación" erklärte sich die Credit Suisse zur Zusammenarbeit bereit.

Pedro Filipuzzi mit der Liste

Gegenüber der Luzerner Zeitung verwies die Bank außerdem auf den Bericht der Volcker-Kommission aus den Neunzigerjahren. Damals wurden etwa 60 Schweizer Banken, darunter die Credit Suisse, untersucht, um Konten möglicher Nazi-Opfer zu finden. 

Argentinien als sicherer Hafen für Nazis

Von den auf der Liste erwähnten Personen hatten offenbar viele Verbindungen zu Unternehmen, die während des Zweiten Weltkriegs von den USA und Großbritannien auf eine Schwarze Liste gesetzt worden waren. Darunter etwa zur IG Farben, dem Hersteller des Insektenvernichters Zyklon-B, der in den Gaskammern zum Massenmord an Juden und anderen Menschen eingesetzt wurde. 

Argentinien war nicht erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern bereits in den Dreißigerjahren ein beliebter Anlaufpunkt für Nationalsozialisten. 1938 zählte die Auslandsorganisation der NSDAP 1400 Mitglieder in dem südamerikanischen Land. Hinzu kamen über 12.000 Unterstützer der Deutschen Arbeitsfront und 8000 Anhänger anderer Nazi-Organisationen.

Nach einem Machtwechsel 1938 ging die neue argentinische Regierung gegen die Nazi-Anhänger vor und setzte eine Untersuchungskommission ein, die die ursprüngliche Liste mit den 12 000 Unterstützern erstellte. Als sich 1943 der faschistische Offizier Pedro Pablo Ramírez an die Macht putschte, löste die neue Regierung die Untersuchungskommission auf und ließ die Listen verbrennen.

Schweizer Banken als Nazi-Helfer

Während des Zweiten Weltkriegs fungierten Schweizer Banken als Drehscheibe und sichere Häfen für Nazigelder. Über sie konnte sich das Hitler-Regime mit Devisen versorgen und sie halfen bei der Finanzierung des Kriegs. Der Bergier-Bericht von 2002 brachte die finanzielle Zusammenarbeit der Schweiz mit Hitler-Deutschland ans Licht. 

Hier gelangen Sie zur Mitteilung des Simon-Wiesenthal-Zentrums

Weitere Quellen • SRF, Luzerner Zeitung

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