Arzt in Italien: "Viele müssen einsam sterben"

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Von Giorgia Orlandi
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Keine Betten, kaum Beatmungsgeräte: Die Lage in den Krankenhäusern in Norditalien ist dramatisch. Viele Patienten sterben allein, weil Angehörige nicht mit auf die Station dürfen.

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Doktor Lorenzo D'Antiga arbeitet in einem Krankenhaus im lombardischen Bergamo. Nirgendwo in Italien starben bislang so viele Corona-Patienten wie in der Region im Nordosten.

"Wir sind wirklich in Schwierigkeiten"

Im Euronews-Interview schildet der Arzt die Notlage in seiner Klinik: "Unsere Betten sind voll belegt, wir sind wirklich in Schwierigkeiten. Wir müssen Patienten in andere Krankenhäuser schicken, aber alle Intensivstationen der Region sind voll. Das ist ein großes, großes Problem.

Wir sind voll ausgelastet, 20 Plätze sind mit Patienten mit anderen Krankheiten belegt, die restlichen 80 mit Covid-19-Patienten, es gibt keinen freien Platz mehr."

Euronews: "Was werden sie jetzt tun?"

"Wir werden jetzt auch Erkrankte in anderen Abteilungen der Klinik intubieren. Ich denke, in der Notaufnahme. Und wir müssen Patienten in andere Krankenhäuser verlegen, weit weg, denn die in unserer Nähe sind auch alle voll.

Es kommen immer mehr Kranke, aber es gibt kaum Gesunde, die wir wieder entlassen können. Das heißt, wir mussten neue Plätze für Coronapatienten schaffen - und die Abteilungen Innere Medizin, Gastroenterologie und sogar die Neurologie ersetzen. Die Hälfte des Krankenhauses arbeitet momentan mit Corona-Patienten."

Euronews: "Müssen Sie auch entscheiden, wer beatmet wird und wer nicht?"

"Bisher arbeiten wir noch nach den gleichen Kriterien wie vor der Krise. Sehr alte und sehr schwer kranke Patienten werden zum Beispiel nicht intubiert. Aber wenn es jetzt immer mehr werden, müssen wir schwere Entscheidungen treffen.

Denn wie gesagt haben wir hier 100 Patienten, die Intensivstation ist voll. Steigt die Zahl der Fälle, werden vielleicht einige Patienten nicht wiederbelebt, die vor sechs Monaten noch wiederbelebt worden wären.

Keine Beerdigungsfeier erlaubt

Die Situation ist dramatisch. Die Stimmung ist unglaublich bedrückend. Die Angehörigen der Patienten dürfen nicht mit auf die Station. Viele müssen deshalb einsam sterben.

Auch Beerdigungsfeiern sind zurzeit verboten. Die Familien können also nicht einmal richtig Abschied nehmen."

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