Frankreich: Landwirtschaft strebt 100%iges Recycling von Plastikabfällen an

Heuballen werden zur Lagerung in Plastik verpackt, 2019
Heuballen werden zur Lagerung in Plastik verpackt, 2019 Copyright KARL-JOSEF HILDENBRAND/AFP
Von Marie Jamet mit AFP
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Gerade in der Landwirtschaft fallen große Mengen an Plastikmüll an, dieser soll bald komplett wiederverwertet werden. Unberücksichtigt bleibt allerdings Mikroplastik.

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Es ist Anfang Juni, und zur Zeit ist in der Landwirtschaft eine ganz besondere Ernte in vollem Gange: das Einsammeln von Plastik und Kunststoffverpackungen.

In der Normandie verlädt Alain Robillard auf den Anhänger seines Traktors gefaltete Plastikplanen, die genutzt wurden, um eingelagerten Mais vor Oxidation an der Luft zu schützen. Er ist Landwirt und hat 65 Milchkühe, die mit Mais, Weizen und Gras gefüttert werden, Produkte, die von seiner 67 Hektar großen Landwirtschaftsfläche stammen.

Er fährt zu einem landwirtschaftlichen Handelsbetrieb, einer Sammelstelle, einige Kilometer von seinem Hof entfernt. Mit einer Waage wird das Gewicht der Kunststoffplanen erfasst. "Landwirte helfen auf freiwilliger Basis beim Entladen der Hänger und kontrollieren die Lieferungen", erklärt Hélène Guillier von der Landwirtschaftskammer Orne.

Es muss darauf geachtet werden, dass die Plastikplanen nicht zu viel Stroh, Erde oder Sand enthalten, denn das würde das Recycling erschweren. Die Kontrollen sind umso wichtiger, da es "eine große Sammelsaison gibt, mit einem Höhepunkt im April, Mai und Juni", erklärt Pierre de Lépinau, Direktor von Adivalor, dem Unternehmen, das sich mit der Wiederverwertung beschäftigt. "Die Tiere kommen aus dem Stall, dann wird gedüngt".

Silageplanen, Säcke, Dosen, Plastikfolie und Gewächshausabdeckungen werden hier zusammengetragen. Bei Landwirt Robillard sind 300 Kilogramm Plastik zusammengekommen, bestehend aus Siloplanen, sechs Säcken Wickelfolie, einem Sack Bindegarn und drei Säcken Netze.

"Es ist mir wichtig, die Plastik wiederzuverwerten. Meine Eltern haben sie immer verbrannt", sagt der Bauer. "So ist es sauberer für alle", fügt er hinzu, und : "Plastik ist keine unerschöpfliche Ressource."

Sektor strebt 100%ige Rücknahme an

Die Verwertung von Abfällen, die durch die landwirtschaftliche Produktion anfallen, wird in Frankreich seit 2001 betrieben. Sie wird zu mehr als 70 Prozent durch Ökosteuern finanziert, die von Produktvermarktern gezahlt werden. Sie wiederum werden von Adivalors Aktionären verwaltet, die die Hersteller von Pestiziden, Düngemitteln, Kunststoffen, Hygieneprodukten und Saatgut vertreten.

"Die andere wichtige Einnahmequelle hängt mit dem Verkauf von wiederverwertbaren Abfällen zusammen", erklärt de Lépinau.

Im Jahr 2020 wurden 85.000 Tonnen Verpackungen und Kunststoffe von landwirtschaftlichen Betrieben im Land gesammelt, ein Anstieg um 5.000 Tonnen, von denen fast 90 Prozent recycelt wurden. Im Durchschnitt sind es in der Landwirtschaft 72 Prozent des anfallenden Kunstoffs, der wiederverwertet wird, führt de Lépinau aus.

Die Recyclingquote ist damit fast dreimal so hoch wie die der in Frankreich gesammelten Haushalts-Kunststoffverpackungen (27 Prozent), so die Zahlen, die das Umweltministerium, das auch für den ökologischen Wandel zuständig ist, im Frühjahr 2021 veröffentlichte.

Die Landwirtschaft strebt nun an, bis 2030 alle anfallenden Kunststoffe und Verpackungen zu einzusammeln und zu recyceln.

Vertreter der Branche unterzeichneten im Februar mit Barbara Pompili, Frankreichs grüner Umweltministerin, die Verlängerung der 2016 aufgesetzten Rahmenvereinbarung bis Ende 2023.

Auch auf europäischer Ebene ist das Problem des anfallenden Plastikmülls bekannt. 2018 wurde es in mehreren Austauschen erwähnt und ist gleichfalls in mehreren Änderungsvorschlägen zu finden.

In einer Mitteilung der Europäischen Kommission an das Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen für eine europäische Strategie für Kunststoffe wird argumentiert, dass "ein verstärktes Recycling von Kunststoffen, die in der Landwirtschaft verwendet werden (z.B. Plastikmulchfolie oder Gewächshausabdeckungen), dazu beitragen kann, den Schadstoffeintrag in die Umwelt zu verringern".

Politik, die die Plastikverschmutzung nicht stoppt

Diese Recyclingpolitik wird auch von der "Plastik-Lobby" unterstützt, die sich der Absatzförderung von Plastik in der Landwirtschaft widmet und darin eine Möglichkeit sieht, das Geschäft der Plastikproduzenten aufrecht zu erhalten.

Eine europäische Agentur für Innovation in der Landwirtschaft, EIP-Agri, hat im Herbst 2020 einen Bericht zum Thema Plastikreduzierung in der Branche erstellt. Er verweist auf die unsichtbare und immer noch schlecht dokumentierte Verschmutzung durch Mikroplastik in der Landwirtschaft aufgrund des Abbaus von Kunststoffen und Mikroplastik, das den Produkten zugesetzt wird. Die Agentur erinnert an die Verantwortung der Lieferanten in der Branche, die immer noch stark auf Kunststoffverpackungen setzt.

Eine weitere europäische Agentur, die EHCA, die sich auf EU-Ebene mit Chemikalien befasst, hebt in einem im Sommer 2019 veröffentlichten Bericht hervor, dass die Hälfte des ganz bewusst produzierten Mikroplastiks für den Agrarsektor bestimmt ist, insbesondere als Umhüllung für Düngemittelgranulat und Saatgut.

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