Unwirtlich und abgelegen ist die Jamal-Halbinsel im Nordwesten Sibiriens. Das kam Walrössern gerade recht. Allerdings gehen Forschende jetzt zusehends auf Tuchfühlung mit den bedrohten Tieren.
Auf dieses Szenario sind russische Forschende vor zwei Jahren eher zufällig gestoßen: Am Rande der Jamal-Halbinsel hat sich im Schatten der Menschheit die nach bisherigen Erkenntnissen weltweit größte Walross-Kolonie auf dem Festland gebildet.
Forschende schließen nicht aus, dass die Tiere dort im Nordwesten Sibiriens bereits seit 1.500 Jahren angesiedelt sind. Andrei Boltunow ist Direktor des "Wissenschaftlichen Zentrums für Meeressäugerforschung": "Mindestens 3.000 Tiere sind hier an der Festlandküste registriert. Dies ist eine einzigartige Situation. Die folgende Trennung ist charakteristisch für Walrosse. Weibchen mit Kindern trennen sich von männlichen Tieren. Der Wert dieses Ortes liegt darin, dass sich hier alle gemeinsam vor Beginn der Winterperiode versammeln."
Ortstreue trotz Erdgasfeld
Was die Forschenden erfreut: Die Kolonie bleibt ihrem Stammplatz treu, obwohl nicht weit entfernt der Energieriese Gazprom ein gigantisches Erdgasfeld unterhält.
Alexander Sokolov ist stellvertrender Direktor der Arktischen Forschungsstation des Instituts für Pflanzen- und Tierökologie: "Die Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Umwelt nicht zu schädigen, deuten zweifelsohne darauf hin, dass der Zustand der Umwelt im Bereich des Feldes ausgezeichnet ist. Es ist klar, dass sich die Walrosse hier nicht in dieser Anzahl versammelt hätten, wenn es eine signifikante Verschmutzung gegeben hätte."
In Russland stehen Walrosse auf der Roten Liste gefährdeter Arten, weil sie durch den Klimawandel zusehends ihren angestammten Lebensraum verlieren. Die Kolonie in Jamal wird inzwischen mit Drohnen und Satelliten beobachtet.