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Fünf Dinge, die wir bislang über die Wahlergebnisse in Polen wissen

Anhänger des ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk feiern am Sonntag, 15\. Oktober 2023, in der Parteizentrale in Warschau, Polen.
Anhänger des ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk feiern am Sonntag, 15\. Oktober 2023, in der Parteizentrale in Warschau, Polen. Copyright AP Photo
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Von Euronews mit AP
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Die amtierende rechtskonservative Partei Recht und Gerechtigkeit hat zwar die meisten Sitze im Parlament gewonnen, verfügt aber wahrscheinlich nicht über genügend Verbündete, um eine Regierung zu bilden.

1. Die Opposition scheint einen Sieg errungen zu haben

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Laut Umfragen haben die drei größten Oppositionsparteien Polens wahrscheinlich zusammen 248 Sitze im 460 Sitze zählenden Unterhaus des Parlaments, dem Sejm, gewonnen. Die größte Fraktion ist die Bügerplattform, die von Donald Tusk, einem ehemaligen Regierungschef und EU-Ratspräsidenten, angeführt wird. Sie erhielt laut Wahltagsbefragung 31,6 Prozent der Stimmen.

"Ich bin seit vielen Jahren in der Politik tätig. Ich bin ein Sportler. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so sehr über einen scheinbar zweiten Platz gefreut. Polen hat gewonnen. Die Demokratie hat gewonnen. Wir haben sie von der Macht entfernt", sagte Tusk zu seinen jubelnden Anhängern.

"Dieses Ergebnis könnte noch besser sein, aber schon heute können wir sagen, dass dies das Ende der schlechten Zeit ist, dies ist das Ende der Herrschaft von 'Recht und Gerechtigkeit'", fügte Tusk hinzu.

2. Die Wählerinnen und Wähler haben über die Jahre von 'Recht und Gerechtigkeit' an der Macht geurteilt

Wenn das in den Umfragen vorhergesagte Ergebnis zutrifft, hat die Regierungspartei 'Recht und Gerechtigkeit' (PiS) zwar gewonnen, aber dennoch auch verloren. Sie erhielt mehr Sitze als jede andere Partei, aber weniger als bei der letzten Wahl und nicht genug, um eine Regierung zu führen, die Gesetze in der Legislative verabschieden kann.

Die Ipsos-Umfrage am Wahlabend deutet darauf hin, dass Recht und Gerechtigkeit 200 Sitze erhalten hat. Ihr potenzieller Partner, die rechtsextreme 'Konföderation', erhielt 12 Sitze, ein Ergebnis, das die Partei als Niederlage einräumte.

Während des Wahlkampfes bezeichneten viele Pol:innen die Wahl als die wichtigste seit 1989, als nach Jahrzehnten des Kommunismus eine neue Demokratie entstand. Damals lag die Wahlbeteiligung bei 63 Prozent.

Trotz vieler Unwägbarkeiten schien sicher zu sein, dass die Unterstützung für die Regierungspartei seit der letzten Wahl 2019, bei der sie fast 44 Prozent der Stimmen erhielt, geschrumpft ist, da ihre Popularität durch die hohe Inflation, den Vorwurf der Vetternwirtschaft und den Streit mit europäischen Verbündeten gelitten hat.

Die polnische Wirtschaft ist in hohem Maße in staatlichem Besitz, und die Regierungspartei hat ein System der Klientelwirtschaft aufgebaut, bei der Tausende von Arbeitsplätzen und Verträgen an ihre Anhänger vergeben werden.

Polens wichtigster Oppositionsführer Donald Tusk bei der Stimmabgabe während der Parlamentswahlen in Warschau, Polen, Sonntag, 15. Oktober 2023.
Polens wichtigster Oppositionsführer Donald Tusk bei der Stimmabgabe während der Parlamentswahlen in Warschau, Polen, Sonntag, 15. Oktober 2023.Petr David Josek/Copyright 2023 The AP. All rights reserved

3. Großer gesellschaftlicher, politischer und kultureller Richtungswechsel

Noch bevor die endgültigen Ergebnisse feststehen, was wahrscheinlich am Dienstag der Fall sein wird, steht fest, dass die polnischen Wählerinnen und Wähler nicht nur politisch, sondern auch sozial und kulturell einen Richtungswechsel für das Land wünschen.

Bei der Wahl ging es um die Situation der verfassungsmäßigen Ordnung des Landes, seine rechtliche Haltung zu LGBTQ+-Rechten und Abtreibung sowie um die ausländischen Allianzen eines Landes, das nach der russischen Invasion ein wichtiger Verbündeter der Ukraine war.

Bart Staszewski, Aktivist für LGBTQ+-Rechte, nannte die Wahl das Ende eines "Albtraums" für ihn als schwulen Mann und andere.

"Dies ist erst der Anfang der Rückeroberung unseres Landes. Der Kampf liegt noch vor uns, aber wir atmen heute frische Luft", sagte er.

Die Umweltaktivistin Dominika Lasota zeigte sich erleichtert und sagte: "Wir haben unsere Zukunft wieder".

'Recht und Gerechtigkeit' hat die Kontrollmechanismen ausgehöhlt, um mehr Kontrolle über die staatlichen Institutionen zu erlangen, einschließlich der Gerichte, der öffentlichen Medien und des Wahlprozesses selbst.

Eine Frau gibt während der Parlamentswahlen in Warschau, Polen, am Sonntag, 15. Oktober 2023, ihre Stimme ab.
Eine Frau gibt während der Parlamentswahlen in Warschau, Polen, am Sonntag, 15. Oktober 2023, ihre Stimme ab.Michal Dyjuk/Copyright 2023 The AP. All rights reserved

4. Die Beziehungen zur EU werden sich zum Besseren zu wenden

Ein politischer Wandel in Polen könnte der EU den Weg für die Freigabe von Finanzmitteln in Milliardenhöhe ebnen, die wegen der von der EU als undemokratisch empfundenen Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit zurückgehalten wurden.

Piotr Buras vom Europäischen Rat für Auswärtige Beziehungen sagte, die Opposition habe von der "wachsenden Müdigkeit" der Polen gegenüber der Regierung profitiert, "undzwar auch jenseits der Gruppen, die normalerweise die Liberalen unterstützen".

Auch das Schicksal der Beziehungen Polens zur Ukraine stand auf dem Spiel. Die rechtsextreme Konföderationspartei machte mit einer anti-ukrainischen Botschaft Wahlkampf und warf dem Land mangelnde Dankbarkeit gegenüber Polen für seine Hilfe im Krieg gegen Russland vor.

Sie schnitt weit schlechter ab als erwartet und erhielt nur 14 Sitze.

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Dieses schlechte Abschneiden wird für Kiew eine Erleichterung sein.

5. Referendum über Einwanderung wahrscheinlich gescheitert

Zeitgleich mit den Wahlen fand ein umstrittenes Referendum über die Zuwanderung, das Renteneintrittsalter und andere Themen statt. Die Regierung wollte die Bevölkerung darüber abstimmen lassen, ob sie im Rahmen eines EU-Migrationsprogramms Tausende von Migranten aufnehmen sollte.

Einige Regierungsgegner riefen die Wähler auf, das Referendum zu boykottieren, da es sich um einen Versuch der Regierung handele, ihre Anhänger zu mobilisieren.

Viele Wähler:innen weigerten sich, an dem Referendum teilzunehmen, und die Exit-Poll-Umfrage ergab eine Beteiligung von 40 Prozent, was bedeuten würde, dass die Ergebnisse rechtlich nicht bindend sind.

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