In seinem neuen Buch hat sich Papst Franziskus für eine Untersuchung des Vorwurfs gegen Israel ausgesprochen, das Land begehe mit seiner Kriegsführung im Gazastreifen Völkermord.
Papst Franziskus hat seine Kritik am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen verschärft. In einem neuen Buch hat er sich zum ersten Mal für eine Untersuchung des Vorwurfs ausgesprochen.
Bereits im September hatte das Oberhaupt der katholischen Kirche gesagt, dass Israels Angriffe im Gazastreifen und im Libanon „unmoralisch“ und unverhältnismäßig gewesen seien.
"Manchen Experten zufolge hat das, was in Gaza geschieht, die Merkmale eines Völkermordes. Es sollte sorgfältig untersucht werden, um festzustellen, ob es der von Juristen und internationalen Gremien formulierten technischen Definition entspricht", zitierte die italienische Zeitung "La Stampa" aus einem neuen Buch, das allerdings noch nicht erschienen ist. Das Buch von Hernán Reyes Alcaide, das auf Interviews mit dem Papst basiert, trägt den Titel „Die Hoffnung enttäuscht nie. Pilger auf dem Weg zu einer besseren Welt“ und wird am Dienstag veröffentlicht.
Im vergangenen Jahr traf sich Franziskus sowohl mit den Angehörigen von israelischen Geiseln, die von der Hamas im Gazastreifen gefangen gehalten werden, als auch mit Palästinensern aus dem Gazastreifen. Mit seinem ungewohnt scharfen Vokabular erntete er viel Kritik. Damals hatte er Wörter wie “Terrorismus” und “Völkermord” verwendet.
Israelische Luftangriffe auf den Gazastreifen
Israel setzte seine Angriffe auf den Gazastreifen und den Libanon fort. Im Gazastreifen wurden sechs Menschen in Nuseirat und vier weitere in Bureidsch getötet. Es handelt sich um zwei Flüchtlingslager im Zentrum des Gazastreifens. Zwei weitere Menschen starben bei einem Angriff auf die wichtigste Nord-Süd-Autobahn des Gazastreifens. Dies teilte das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus der Stadt Deir al-Balah mit.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums des Gazastreifens, das unter der Kontrolle der Hamas steht, sind bereits rund 43.800 Palästinenser im Krieg zwischen der Hamas und Israel getötet worden. Das Ministerium unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern der Hamas, erklärte aber, dass mehr als die Hälfte der Todesopfer Frauen und Kinder gewesen seien. Rund 90 Prozent der 2,3 Millionen Palästinenser, die im Gazastreifen leben, mussten bereits vor dem Krieg flüchten. Große Teile des Gebiets sind durch Luftangriffen zerstört worden.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas begann, nachdem die palästinensischen Hamas-Käpfer am 7. Oktober 2023 Israel überfallen und etwa 1.200 friedliche Menschen auf einem Musikfestival und in den naheliegenden Dörfern brutal ermordet hatten. Darüber hinaus verschleppten sie 250 weitere Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Rund 100 Geiseln befinden sich weiterhin dort. Experten gehen davon aus, dass ein Drittel von ihnen bereits nicht mehr am Leben ist.
Luftangriffe auf den Libanon
Im Libanon bombardierten israelische Kampfflugzeuge die südlichen Vororte von Beirut, nachdem das israelische Militär die Bevölkerung aufgefordert hatte, mindestens sieben Gebäude zu räumen. Beiruts Vorort Dahieh gilt als "Hochburg" der Hisbollah-Miliz. Die Angriffe fanden zu einem Zeitpunkt statt, zu dem libanesische Beamte einen von den Vereinigten Staaten vermittelten Waffenstillstandsvorschlag prüften.
Rund eine Stunde vor den Angriffen auf den Süden Beiruts am frühen Sonntagmorgen veröffentlichte das israelische Militär Evakuierungswarnungen auf X. Lokale Medien berichteten, dass Kirchenglocken in und um das Gebiet läuteten, um die Bewohner zu warnen. Es gab keine unmittelbaren Berichte über Verletzte.
Das israelische Militär rief am Sonntag erneut die Bewohner von mehr als einem Dutzend Dörfern im Südlibanon auf, zu fliehen, da die Bodentruppen weiter nach Norden vorrückten.
Die Hisbollah begann am Tag nach dem Hamas-Angriff von 2023 mit dem Beschuss Israels mit Raketen, Flugkörpern und Drohnen. Der Konflikt eskalierte und im September brach ein Krieg zwischen Hisbollah und Israel aus. Die israelischen Streitkräfte marschierten am 1. Oktober in den Libanon ein.
Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden im Libanon mehr als 3.400 Menschen getötet und mehr als 1,2 Millionen aus ihren Häusern vertrieben. Es ist nicht bekannt, wie viele der Toten zu den Kämpfern der Hisbollah zählen.
In Israel wurden bei Luftangriffen der Hisbollah mindestens 76 Menschen getötet, darunter 31 Soldaten. Rund 60.000 Menschen mussten aus Grenzgebieten im Norden des Landes fliehen.
Leuchtraketen gingen auf Haus von Netanjahu nieder
In der israelischen Küstenstadt Caesarea sind zwei Leuchtraketen auf das Privathaus von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu abgefeuert worden. Die israelische Polizei hat drei Verdächtige festgenommen.
Netanjahu und seine Familie waren während des nächtlichen Angriffes nicht zu Hause. Den israelischen Behörden zufolge gab es keine Verletzten. Im vergangenen Monat war bereits eine Drohne von der Hisbollah auf das Haus abgefeuert worden. Netanjahu und seine Familie waren währenddessen ebenfalls abwesend.
Die Polizei machte keine näheren Angaben zu den Verdächtigen, die hinter den Anschlägen stehen. Allerdings verwiesen die Behörden auf innenpolitische Kritiker von Netanjahu. Israels Staatspräsident Isaac Herzog verurteilte den Angriff und warnte vor einer "Eskalation der Gewalt im öffentlichen Raum".
Netanjahu sieht sich seit Monaten mit Massenprotesten wegen seines Umgangs mit der Geiselkrise konfrontiert. Kritiker machen ihn für die Sicherheitsmängel verantwortlich, die den Hamas-Angriff im Oktober 2023 ermöglichten, sowie dafür, dass er keine Einigung mit der Hamas über die Freilassung der Geiseln erzielt, die weiterhin im Gazastreifen festgehalten werden. Am Samstagabend versammelten sich erneut Demonstranten in der israelischen Hauptstadt Tel Aviv. Sie forderten eine Waffenruhe, um die Freilassung der Geiseln zu ermöglichen.
Der israelische Justizminister Yariv Levin machte sich unterdessen für die Wiederbelebung seiner Pläne zur Überarbeitung des israelischen Justizwesens stark. "Es ist an der Zeit, die Wiederherstellung des Justizsystems und der Strafverfolgungsbehörden voll zu unterstützen und Anarchie, Randale, Verweigerung und Versuche, dem Ministerpräsidenten zu schaden, zu beenden", bekräftigte er in einer Erklärung.
Befürworter der von Levin vorgeschlagenen Änderungen sind der Meinung, dass diese die Demokratie im Land stärken würden, weil man damit die Macht der nicht gewählten Richter eingeschränken würde.
Die Gegner sehen in der Reform einen Versuch Netanjahus, seine Macht in Israel zu auszubauen und die Richter zu entmachten. Er steht wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Oppositionsführer Yair Lapid erklärte in einem Beitrag auf X, dass er das Abfeuern von Leuchtraketen auf Netanjahus Haus "aufs Schärfste verurteilt".
Dennoch kritisierte Lapid Levins Vorschlag scharf. "Levin sollte mit dem Rest dieser unverantwortlichen Regierung nach Hause gehen", schrieb er. "Wir werden nicht zulassen, dass er Israel in einen undemokratischen Staat verwandelt.