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80. Gedenktag des KZ Sachsenhausen: Immer weniger Zeitzeugen können über die Gräueltaten berichten

Heute ist der 80. Gedenktag des Konzentrationslagers in Sachsenhausen.
Heute ist der 80. Gedenktag des Konzentrationslagers in Sachsenhausen. Copyright  AP Photo
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Von Franziska Müller & AP
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Derzeit leben noch etwa 200.000 jüdische Überlebende des Holocausts, doch 70 Prozent von ihnen werden in den nächsten zehn Jahren sterben. Welche Konsequenzen hat das für die Erinnerungskultur?

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Zum 80. Mal jährt sich am Dienstag die Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen am 22. April 1945. Zur Gedenkfeier können jedoch nur noch wenige Zeitzeugen kommen.

Das KZ Sachsenhausen befand sich nördlich der Reichshauptstadt Berlin und diente den Nationalsozialisten als Muster- und Ausbildungslager. Einen Tag vor der Befreiung hatten die Nazis mehr als 30.000 Häftlinge auf Todesmärsche geschickt, bevor sie selbst die Flucht ergreifen wollten. Mehrere Tausend kamen ums Leben.

Am 22. April 1945 konnte die polnische und sowjetische Armee rund 3.000 Häftlinge befreien, die noch vor Ort gefangen waren. Insgesamt waren in Sachsenhausen zwischen 1936 und 1945 mindestens 200.000 Menschen von den Nationalsozialisten inhaftiert.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs starben Zehntausende - an Hunger, Krankheiten, Misshandlungen, medizinischen Versuchen und Zwangsarbeit. Viele wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen. Etwa 300 Überlebende starben kurz nach der Befreiung durch die polnische und sowjetische Armee an den Folgen ihrer KZ-Haft.

Sechs Zeitzeugen besuchen Gedenkfeier

Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung werden sechs Überlebende nach Sachsenhausen zurückkehren. Die Zeitzeugen, die vom Grauen der Nazis berichten können, werden jedoch immer weniger.

Seit 1961 ist das ehemalige Konzentrationslager eine Gedenkstätte. Zum 80. Jahrestag wurden 30 Zeitzeugen eingeladen, von denen sich sechs angekündigt haben. Vor zehn Jahren waren es noch um die 100.

Inzwischen sind die Zeitzeugen zwischen 89 und 100 Jahren alt. Nicht alle von ihnen leben noch in Deutschland. Im Konzentrationslager waren sie Kinder oder Jugendliche.

Erinnerungskultur als Herausforderung für Gedenkstätten

Zeitzeugen helfen, den zeitlichen Bezug zu Ereignissen zu einzuordnen. Auch die Überlebenden selbst machen sich Sorgen, wer ihre Erinnerungen am Leben erhalten wird.

Albrecht Weinberg hat fast seine gesamte Familie im Holocaust verloren. Er sagte, dass ihn die schrecklichen Erinnerungen noch heute verfolgen. "Ich schlafe damit, ich wache damit auf, ich schwitze, ich habe Albträume; das ist meine Gegenwart."

Albrecht Weinberg ist ein 100-jähriger Zeitzeuge. Er macht sich Sorgen, wer in Zukunft seine Geschichte weitererzählt.
Albrecht Weinberg ist ein 100-jähriger Zeitzeuge. Er macht sich Sorgen, wer in Zukunft seine Geschichte weitererzählt. AP Photo

Weinberg überlebte die Konzentrations- und Todeslager Auschwitz, Mittelbau-Dora, Bergen-Belsen und drei Todesmärsche am Ende des Krieges. Viele Jahre lang erzählte er an Schulen über die Gräueltaten. Dennoch bereitet es ihm Sorge, was passieren wird, wenn er nicht mehr erzählen kann. „Wenn meine Generation nicht mehr auf dieser Welt ist, wenn wir aus der Welt verschwinden, dann kann die nächste Generation das nur noch aus dem Buch lesen.“

Naftali Fürst hat vier verschiedene Konzentrationslager, darunter Auschwitz, überlebt. Damals war er zwischen neun und zwölf Jahre alt, heute ist er 92. "Es gibt nur noch wenige von uns. Bald werden wir den Staffelstab des Erinnerns endgültig an Sie weitergeben", mahnte Fürst bei der Gedenkveranstaltung des KZ Buchenwald im April dieses Jahres.

"Damit vertrauen wir Ihnen eine historische Verantwortung an. Erinnern Sie sich in unserem Namen an das, was Sie von uns gelernt haben. Denn Sie sind die Zeugen der Zeugen".

Naftali Fürst hat vier Konzentrationslager überlebt und ist jetzt Zeitzeuge.
Naftali Fürst hat vier Konzentrationslager überlebt und ist jetzt Zeitzeuge. AP Photo

Ein Bericht mit dem Titel "Vanishing Witnesses" zeigt auf, dass derzeit zwar noch 200.000 jüdische Überlebende des Holocaust leben, aber 70 Prozent von ihnen in den nächsten 10 Jahren sterben werden. Derzeit liegt das Durchschnittsalter der Überlebenden bei 87 Jahren, und mehr als 1.400 von ihnen sind über 100 Jahre alt, so der Bericht.

„Wir wussten, dass diese Gruppe von Überlebenden die letzte sein würde, unsere letzte Gelegenheit, ihre Zeugnisse aus erster Hand zu hören, Zeit mit ihnen zu verbringen, unsere letzte Chance, einen Überlebenden zu treffen“, sagte Greg Schneider, der geschäftsführende Vizepräsident der in New York ansässigen Conference on Jewish Material Claims Against Germany, die die Studie veröffentlicht hat.

„Dieser Bericht erinnert uns eindringlich daran, dass unsere Zeit fast abgelaufen ist, dass unsere Überlebenden uns verlassen und dass es jetzt an der Zeit ist, ihre Stimmen zu hören“, sagte Gideon Taylor, der Präsident der Claims Conference.

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