Warum Greta Thunberg bei einer Anti-Windkraftdemo mitmacht

Greta Thunberg bei der Demonstration der Samen gegen eine Windkraftanlage am 1. März 2023
Greta Thunberg bei der Demonstration der Samen gegen eine Windkraftanlage am 1. März 2023 Copyright NTB/Ole Berg-Rusten via REUTERS
Von Angela Symons mit Reuters, AFP & EBU
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Die Samen in Norwegen protestieren gegen zwei Windkraftanlagen auf ihrem Land, weil sie die traditionelle Rentierzucht gefährdet. Der Oberste Gerichtshof gab ihnen Recht, aber die Windräder stehen immer noch.

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Am Mittwoch wurde Greta Thunberg von der Polizei während einer Protestkundgebung kurzzeitig festgenommen. So weit, so gewöhnlich. Was auf den ersten Blick überraschender erscheint, ist, dass der Protest in Norwegens Hauptstadt Oslo gegen den Bau von Windparks richtet.

Thunberg ist bekanntermaßen eine leidenschaftliche Verfechterin für ein Ende unserer Abhängigkeit von kohlenstoffbasierter Energie. Der Haken an diesen Windrädern ist jedoch, dass sie auf indigenem Land stehen, und, so nötig er sein mag, nach ihrer Ansicht darf Übergang zu grüner Energie nicht auf Kosten der Rechte indigener Völker erfolgen:

"Die Rechte indigener Völker und die Menschenrechte müssen Hand in Hand mit dem Klimaschutz und den Klimaschutzmaßnahmen gehen. Das kann nicht auf Kosten einiger Menschen geschehen. Dann ist es keine Klimagerechtigkeit", sagte sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Zusammen mit Dutzenden anderer Aktivist:innen hatte Thunberg seit diesem Montag die Eingänge zum Energie- und Finanzministerium in Oslo blockiert.

Videoaufnahmen vom Mittwoch zeigen, wie die Polizei Thunberg, die eine samischen Fahne in der Hand hält, vor dem Eingang des Finanzministeriums abführt. Während die Demonstranten skandieren, wird sie in der Nähe auf den Boden gesetzt. Nachdem sie versucht, sich den Demonstranten an einem anderen Eingang anzuschließen, wird sie erneut abgeführt.

Sind die Windparks in Norwegen illegal?

Die beiden fraglichen Windparks befinden sich auf Land, das traditionell von samischen Rentierzüchtern in Mittelnorwegen genutzt wird. Ihre 151 Turbinen können rund 100 000 norwegische Haushalte mit Strom versorgen.

Doch im Jahr 2021 entschied der oberste Gerichtshof des Landes, dass die Projekte gegen die Rechte der Sami gemäß internationalen Übereinkommen verstoßen. Also, ja, sie sind illegal. Trotzdem sind sie auch mehr als 16 Monate später noch in Betrieb.

"Sie haben bereits mehr als 500 Tage gewartet, ich denke, das ist mehr als genug Zeit", argumentiert Greta.

Sie protestierte an der Seite von Aktivist:innen von Nature and Youth und dem norwegischen Samirs Riksforbund Nuorat.

NTB/Ole Berg-Rusten / NTB
Aktivist:innen von Nature and Youth und dem Samirs Riksforbund Nuorat blockieren mit Greta Thunberg die Eingänge zum Ministerium für Öl und Energie in Oslo, Norwegen.NTB/Ole Berg-Rusten / NTB

Wie stören die Windparks das Leben der Samen?

Die Rentierzüchter sagen, dass der Anblick und das Geräusch der riesigen Windkraftanlagen ihre Tiere verängstigen und uralte Traditionen gefärden.

"Wir sind hier, um zu fordern, dass die Turbinen abgerissen werden und die gesetzlichen Rechte respektiert werden", sagt die samische Liedermacherin, Schauspielerin und Aktivistin Ella Marie Haetta Isaksen.

Sie und ein Dutzend anderer samischer Demonstranten hatten seit Donnerstag den Empfangsbereich des Ministeriums besetzt. Die Polizei entfernte sie am Montag gegen 1.30 Uhr gewaltsam und nahm sie fest, bevor sie kurz darauf wieder freigelassen wurden.

Gegen 6 Uhr morgens kehrten sie zum Ministerium zurück, diesmal vor die Tür.

Die samischen Demonstrant:innen trugen ihre traditionelle Tracht, die oft als Gakti bezeichnet wird, undzwar als Zeichen des Protests verkehrt herum.

Greta hat sich mit ihnen solidarisiert: "Ich bin hier, um den Kampf für die Menschenrechte und die Rechte der indigenen Bevölkerung zu unterstützen. Der norwegische Staat verstößt gegen die Menschenrechte und das ist völlig inakzeptabel.”

NTB/Ole Berg-Rusten / NTB
Greta Thunberg nimmt am 27. Februar 2023 an einer Demonstration gegen Windparks in Norwegen teil.NTB/Ole Berg-Rusten / NTB

Warum sind die Windparks noch in Betrieb?

Trotz des Urteils des Obersten Gerichtshofs zu den Windparks ist die Entscheidung über ihr endgültiges Schicksal nach Angaben des Energieministeriums, das auf einen Kompromiss hofft, noch offen, da es sich um ein “ein komplexes rechtliches Dilemma” handele.

Das Gerichtsurteil sagt in der Tat nichts darüber aus, was mit den 151 Turbinen oder den Dutzenden von Kilometern an Straßen, die zur Erleichterung des Baus gebaut wurden, geschehen soll.

"Wir verstehen, dass dieser Fall eine Belastung für die Rentierzüchter ist", sagte der Minister für Energie und Erdöl Terje Aasland in einer Erklärung.

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"Das Ministerium wird tun, was es kann, um zur Lösung dieses Falles beizutragen, und es wird nicht länger dauern als nötig", fügte er hinzu.

Auf die Frage, was die Demonstrant:innen zu erreichen hoffen, antwortet Greta: "Wir wollen, dass die Windräder abgetragen werden und das Land an die dortigen indigenen Gemeinschaften zurückgegeben wird."

Wir wollen, dass die Windräder abgetragen werden und das Land an die dort ansässigen indigenen Gemeinschaften zurückgegeben wird.
Greta Thunberg

Wer ist der Eigentümer der Windparks?

Zu den Eigentümern der Windparks Roan Vind und Fosen Vind gehören die deutschen Stadtwerke München, die norwegischen Energieversorger Statkraft und TroenderEnergi sowie die Schweizer Unternehmen Energy Infrastructure Partners und BKW.

"Wir vertrauen darauf, dass das Ministerium gute Lösungen finden wird, die es uns ermöglichen, die Produktion von erneuerbarer Energie fortzusetzen und gleichzeitig die Rechte der Rentierbesitzer zu wahren", so Roan Vind in einer Erklärung.

Das Energieversorgungsunternehmen BKW erklärte, es erwarte, dass die Windturbinen an ihrem Standort verbleiben und Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Rechte der samischen Rentierzüchter gewahrt bleiben.

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Die Stadtwerke München lehnten eine Stellungnahme ab.

Statkraft und Energy Infrastructure Partners waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Sehen hier, wie Greta von der Polizei weggetragen wird.

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